152-Nicht denken, nicht reden, nur starren!

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Müde meinen Kopf an Harrys Schulter gelehnt blicke ich raus in die Nacht, schwanke mit meinen Augen immer von rechts nach links, da ich den vorbeiziehenden Lichtern folge, immer wieder ein neues Funken fokussiere, eher dieses auch schon in der Nacht spurlos verschwindet. Ich tue es öfters, wenn wir Autofahren, sehe einfach nur aus dem Fenster.

Manchmal gehe ich damit unangenehmen Gesprächen aus dem Weg, was Harry langsam aber begriff, doch schon einige Male ersetzte es einfach das Schäfchen zählen, funktioniert bei mir dazu besser und schneller.

"Es tut mir leid, dass ich dich draußen einfach so vergessen habe", murmelt der Mann neben mir rau an mein Ohr, sein Arm weiterhin um meine Schulter gelegt. "Wirklich! Ich schäme mich so dafür."

Abwinkend schüttele ich bloß den Kopf, lächle ein wenig und schaue kurz in die grünen Augen, in denen ich seine Ehrlichkeit erkenne, auch, dass es ihm wirklich leid tut. "Vergessen wir es am besten einfach", nuschele ich, versuche damit ihn zu beruhigen, da er ganz nachdenklich aussieht.

Ihm soll es gut gehen, dafür würde ich Alles tun!

Egal ob meiner Mutter nicht erzählen, dass ich mich in Corby befinde, in der Uni fehlen oder Nächte nicht schlafen, damit es ihm gut geht. Alles.

"Harry, ich sehe doch, dass du es nicht so schnell vergessen kannst, aber konzentriere dich jetzt bitte auf wesentlichere Dinge", seufze ich, als mir seine gekrauste Stirn auffällt, der mürrische Blick und die aufeinander gepressten Lippen. "Zum Beispiel Olivia. Sie braucht dich gerade mehr, wie ich oder jemand anders. Kümmere dich um sie, damit sie schnell wieder gesund wird", rate ich ihm und verschränke dabei unsere Finger, setze einen bittenden Blick auf.

Wenn er sich Gedanken und Sorgen macht, dann möchte ich, dass diese sich nur um das hoffentlich strahlende Mädchen drehen.

"Danke."

Ohne eine Antwort auf seinen Dank, wende ich mich wieder den vorbeiziehenden Lichtern zu, lasse meinen Blick erneut von der einen Seite zur anderen Seite des Fenster blitzschnell schweifen, um so viele Lampen, Lichter aus den Wohnungen oder von Autos zu bewundern. Mir gefallen die bunten Farben und ich erinnere mich noch, wie mein Dad einmal im Auto mit mir ein Spiel dazu spielte.

Ich wollte nicht schlafen, während wir mitten in der Nacht fuhren, war noch sehr klein und in meiner Quälgeistphase. Um mich abzulenken erfand mein Vater dann dieses Spiel, bei dem man die Lichter von draußen quasi einfangen musste und wer am Ende die meisten in seinen Käfig hielt, der von den zusammengefalteten Händen dargestellt wurde, hatte gewonnen. Es war nur ein Spiel, um mich ruhig zu bekommen und meine Fantasie anzuregen, jedoch mochte ich es eine lange Zeit wirklich sehr.

Was vielleicht auch daran lag, dass ich immer gewonnen habe, da mein Dad Auto fahren musste, somit die Hände nicht vom Steuer nahm. Meine Mom wäre verrückt geworden.

Nach ein paar Minuten hält das kleine Taxi vor dem dunklen Haus von Jace, worauf ich mein Geld aus meinem Rucksack ziehe und dem Fahrer seine Bezahlung plus ein wenig Trinkgeld reiche. Dafür erhalte ich ein freundliches Lächeln und er wünscht uns einen schönen Abend, bevor er davon jagt.

"Bevor wir da rein gehen-", stoppt Harry mich, indem er meine Hand schnappt und mich sanft zurückzieht. "Was weiß Jace über die Sache mit Olivia?"

"Nur, dass sie einen Unfall hatte und das, was in der Zeitung stand. Ich werde ihm Nichts erzählen, wenn du das nicht möchtest", antworte ich, da ich diese Entscheidung getroffen habe, bevor ich bei dem Mann anrief und um seine Hilfe bat.

"Danke."

Langsam laufen wir nun Hand in Hand in Richtung Tür, an der Harry dann die Klingel drückt und wir nach ein paar Sekunden jemanden laufen hören können, der uns dann auch die Tür öffnet. Vor uns steht aber nicht, wie erwartet Jace, sondern Tommy, der an uns heraufblickt, bei unseren Händen dann stehen bleibt.

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