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Natürlich steht Nico gleich in meinem Zimmer und schaut mich mit diesem Blick an. Diesem 'Das darf nicht sein'-Blick. Ich weiche seinen Augen aus, weil ich darüber jetzt nicht diskutieren will. »Kleine, das...«, fängt er an, und ich seufze schon, bevor er überhaupt weiter spricht. »Er ist dein Jogger?« Er setzt sich auf mein Bett und wartet auf meine Antwort, während ich mich für meine Schicht umziehe. »Ja, das ist er... und du kannst dir deine Sprüche sparen. Ich weiß es selbst, dass es scheiße ist«, antworte ich enttäuscht, während ich meine Jeans über meinen Hintern hoch ziehe und verschließe.

»Ich weiß nicht was ich sagen soll«, spricht er leise und ich sehe, dass es in seinem Kopf rattert. »Aber du hattest recht, mit dem was du über ihn gesagt hast. Hübsch ist er«, fügt er hinzu und lächelt mir mit einem Schulterzucken zu.

»Tja wie sagt man so schön... die hübschen Männer sind leider schwul? Ist halt jetzt so. Hab ich eben wieder Pech gehabt... ist ja nichts neues.«

Ich werde immer wütender. Sogar wütend auf Marc! Warum verdammt kann er nicht hetero sein!? Dann hätte ich wenigstens eine Chance. Wenn auch nur eine klitzekleine, aber wenigstens eine Chance. Traurig lasse ich mich auf mein Bett fallen.

»Mann Josie...«, murmelt er und rauft sich die Haare, »Und jetzt?« Nico's Kopf liegt auf meinem Bauch und er schaut mich fragend an. »Nichts. Normal weiter wie gehabt. Was sonst?«, antworte ich und kraule durch seine Haare.

»Aber du kommst trotzdem morgen mit!«, bricht Nico nach einiger Zeit Schweigen die Stille. »Klar. Warum auch nicht. Ich mach das Beste draus. Hab ich eben noch einen schwulen Freund. Manche Frauen beneiden mich«, antworte ich schmunzelnd und ziehe eine Augenbraue hoch.

»Nicht, dass du ihn noch lieber hast als mich!«, murmelt er mitleidig und zieht eine Schippe. Augenverdrehend setze ich mich auf und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. »Du bist und bleibst meine Nummer eins.« Das war die Antwort, die er hören wollte und steht auf, hält mir seine Hand entgegen. »Na komm, essen wir noch was, bevor du wieder los musst.« Ich greife seine Hand und folge ihm in die Küche.

Das Essen ist einfach köstlich und ich stöhne genüsslich, nachdem ich mir ein Stück Paprika mit Olivencreme in den Mund gesteckt habe. Nico lacht sich ins Fäustchen. »Morgen, Josie... morgen suchen wir dir einen... es wird Zeit, dass du nicht nur vom Essen stöhnst!«

Genervt boxe ich gegen seinen Oberarm. »Mann... hör auf damit... und bevor ich es vergesse... kein Wort zu Sven! Ich habe keine Lust, dass er sich verplappert und Marc sich mir gegenüber blöd verhält. Außerdem sieht man ja an dir, was passiert, wenn ein Mann weiß, dass ich ihn mag.«

Zwinkernd und mit hochgezogenem Mundwinkel stehe ich auf und stelle meinen Teller in die Spüle. Nico ruft mir noch ein »Kleines Biest« hinterher, dann bin ich in Bad verschwunden.

Bei der Arbeit habe ich nicht viel Zeit nachzudenken. Es ist die Hölle los. Meine Kollegin, Nele sagt, es liegt daran, dass Urlaubs- und Ferienzeit ist. Wir haben Ende Juni - wahrscheinlich liegt sie damit gar nicht so falsch. Je später die Stunde, desto aufdringlicher werden die Kunden. Aber das Trinkgeld stimmt. Wir dürfen es behalten, hier gibt es keine Regelung, dass alles in einen Topf geht, der gerecht aufgeteilt wird. Das was du bekommst, ist deins.

Als ich meine Taschen leere und meine Sachen zusammen packe, zähle ich überschlagen 28 Euro. So viel hatte ich noch nie. Das meiste war von einer Truppe junger Männer, die fast den ganzen Abend da waren. Ich musste zwar einiges an Sprüchen einstecken, aber das hat sich gelohnt.

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»Na, können wir?« Marc steht lächelnd im Rahmen meiner Wohnungstür gelehnt und sieht  umwerfend aus. Wahrscheinlich ist er gerade von der Arbeit gekommen, denn er trägt ein weißes Hemd und eine dunkelblaue Jeans, dazu schwarze ordentliche Schnürschuhe. Völlig ungewohnt für mich, denn sonst trug er entweder Sportkleidung oder T-Shirt und Dreiviertelhose - dem Wetter entsprechend eben.

Falsch gedacht! [1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt