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Josie POV

Schon seit gut zwei Stunden sitze ich neben Marc auf dem unbequemen Stuhl und habe unglaubliche Angst um Fussel. Wir wissen nicht, wie schwer er wirklich verletzt ist und erhalten auch erst einmal keine Auskunft, weil wir keine Verwandten sind. Fussels Vater wurde gerade eben erst von Marc erreicht und hat sich von seiner Nachtschicht aus auf den Weg gemacht. In seiner Haut möchte ich jetzt auch nicht stecken. So eine Nachricht - und das auch noch an dem Geburtstag des Kindes.

Marc sagt kaum ein Wort, sitzt wie ein Häufchen Elend neben mir und wischt sich immer wieder seufzend über sein Gesicht oder schluckt schwer, weil er wahrscheinlich mit der Erinnerung an die letzten Stunden nicht klar kommt.

»Marc«, flüstere ich und greife in seine Hand, »Wie ist das überhaupt passiert?« Er blickt mich erschöpft an und senkt schnell wieder seinen Blick. »Es ist das passiert, was nie passieren durfte«, beginnt er leise zu erzählen, »Wir waren auf einem Hausdach... wollten über einen kleinen Mauervorsprung auf das Dach des Nebenhauses. Bowen und ich haben zu ihm gesagt, er soll aufpassen, aber er hat so getorkelt und dann ist ein Stein aus der Mauer heraus gebrochen... I-ich oh mein Gott«, spricht er so leise, dass ich es kaum hören kann, denn er ist schon wieder völlig aufgelöst uns lässt den Kopf in seine Hände sinken.

Ich streiche fürsorglich über seinen Rücken und lege meinen Kopf an seine Schulter, als plötzlich jemand den Gang herunter gelaufen kommt. »Marc!«, ruft die Person schon von weitem. Marc springt auf und geht ein paar Schritte auf den Mann zu. »Manuel!«, spricht Marc ihn heiser an und wird von diesem gleich in seine Arme gezogen. »Wo ist er?«, fragt Manuel und schaut sich um. »Er wird noch untersucht... denke ich. Wir bekommen keine Auskunft. Manuel... es tut mir so leid.«

Manuel nimmt Marc tröstend in den Arm und wirkt selbst sehr durcheinander. »Bist du Josie?«, fragt dieser mich plötzlich und streicht freundlich über meinen Oberarm. Ich nicke zustimmend, als eine Tür aufspringt und zwei Männer in weiß in den Flur treten. Einer von ihnen schiebt gerade noch seinen Mundschutz unters Kinn und mustert uns.

»Wer sind Sie?«, fragt der Gott in weiß mit dem Namen »Röder« auf seinem Namensschild.  »Ich bin der Vater von Dennis, Manuel Lange«, spricht er und kratzt sich nervös am Kopf. »Gut, dass sie da sind, Herr Lange«, spricht Dr. Röder, ein schlanker, ziemlich junger Arzt, der mich an Terence Hill in seinen besten Jahren erinnert.

»Ähm, können wir offen sprechen?«, fragt Dr. Röder an Manuel gerichtet und blickt zu uns herüber. »Ja, nein, sie können offen reden. Das sind seine Freunde«, sagt Manuel schnell und fordert den Arzt mit einer Handbewegung auf zu sprechen.

»Gut. Also ihr Sohn hat mehrere Frakturen der Rippen und seines rechten Beines, eine schwere Gehirnerschütterung und einige Prellungen... Aber was besorgniserregend ist, ist die Fraktur eines Lendenwirbels. Diese muss operativ korrigiert werden«, erklärt er mit gerunzelter Stirn.

»Das ist der Grund, warum er seine Beine nicht spüren konnte?«, fragt Marc und klammert sich in meine Hand. Der Arzt nickt besorgt und fährt fort. »Durch die Fraktur sind Nerven beschädigt worden. Wir müssen sehen, in wie weit sie oder auch das Rückenmark verletzt sind. Wir können nicht sagen, in wie weit er Schäden zurück behalten wird und wie stark er dadurch beeinträchtigt bleiben wird«, erklärt er, »Aber zuerst müssen wir die OP jetzt durchführen. Alles weitere besprechen wir danach. Entschuldigen sie uns jetzt bitte.«

Die Diagnose ist niederschmetternd. Manuel ringt mit sich und läuft langsam auf dem Flur auf und ab, während er die Tränen tapfer zurück hält. »Gott Marc, wo ward ihr schon wieder? Wie ist das passiert?«, fragt er verzweifelt und blickt rüber zu Marc. »Er ist abgerutscht und von einem Hausdach gefallen«, antwortet Marc leise. Manuel blickt ihn fassungslos an. »Ein Hausdach? Verdammt Marc... wie alt seid ihr!? Wann werdet ihr endlich erwachsen?«, fleht er regelrecht.

Falsch gedacht! [1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt