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Gähnend strecke ich mich, blinzele und muss sofort schmunzeln. Marc liegt auf dem Bauch, die Arme unter seiner Brust vergraben und seine Wange zerknautscht im Kissen. Ich würde ihn am liebsten beißen, so knuffig sieht er aus. Einen Moment beobachte ich ihn noch, wie seine Lider zucken, seine Lippe und lausche seinem Atem. Mann bin ich verschossen!

Nach einem Besuch im Bad tapse ich erst einmal durch die Wohnung. Die Küche ist recht gemütlich, etwas größer als unsere und auch viel moderner. Ein Blick in den Kühlschrank stimmt mich fröhlich. Nicht so wie bei uns - wir sind viel zu unorganisiert, vergessen das Einkaufen und meistens wird es dann schnell etwas sehr einfaches. Wahrscheinlich ist unsere Ernährung nicht immer die Beste. Meistens jedenfalls.

Schnell finde ich ein Tablett, worauf ich Marmelade, Käse und etwas Kochschinken lege, dann schmeiße ich ein paar Scheiben Toast in den Toaster und versuche mich mit der Kaffeemaschine. Es dauert nicht lange, da atme ich seufzend den aromatischen Duft von frischem Kaffee. Ich bin schlimm, ich weiß, aber ohne Kaffee geht gar nichts. Ein paar Cocktailtomaten und etwas Salatgurke und ich tapse beladen zurück in sein Zimmer. 

Nachdem ich das Tablett auf den Couchtisch gestellt habe, krabbele ich aufs Bett und küsse ihn sanft auf die Wange und warte ab. Er zuckt lediglich, mehr nicht. Mein Magen rumort und ich habe Hunger. Ich will aber auch nicht unhöflich sein und einfach allein essen. Und es ist schon halb elf. Für einen Sonntag vollkommen angemessen, finde ich. Da kann man schon mal langsam aufstehen.

Meine Finger huschen über seinen Nacken und er zuckt mit der Schulter, dreht einfach den Kopf zur anderen Seite und kuschelt sich wieder ins Kissen. Das kann doch nicht wahr sein! Über ihn gebeugt verteile ich kleine Küsse auf seinem Nacken und ziehe mir schließlich etwas Haut seiner Schulter zwischen meine Zähne. Er schüttelt sich, seine Härchen stellen sich auf und es kommt ein undefinierbares Geräusch aus seinem Mund, was mich kichern lässt.

Sofort schnellt sein Kopf in die Höhe und er blinzelt mich verschlafen an. 

»Jetzt habe ich Gänsehaut... du bist gemein«, brummt er und lässt grummelnd seinen Kopf wieder ins Kissen sinken, blinzelt mich wieder an und zieht glücklich einen Mundwinkel hoch, »Schön, dass du da bist. Hast du gut geschlafen?« Ich nicke schnell und beuge mich zu ihm runter. 

»Und ich habe schon Frühstück gemacht.« 

»Mhmm...«, brummt er anerkennend, »perfekt«, murmelt er, bevor er mich für einen flüchtigen Kuss an sich zieht. Während er schnell im Bad seiner Morgenroutine nachgeht, decke ich den Tisch und schaue mich noch etwas in seinem Zimmer um. Die Kisten von Julian nehmen ganz schön Platz weg, aber anscheinend stand dort eh nichts Wichtiges. 

In dem kleinen Regal neben dem TV stehen einige Fotos mit Fussel und Julian, auch mit Sven und Bowen. Aber sonst niemand. Moment - ganz hinten ist eines umgefallen. Es scheint ein Familienfoto zu sein. Er ist darauf - noch ziemlich jung, vielleicht sechzehn Jahre alt und ich vermute seine Eltern. Ich stelle es wieder aufrecht hin und schaue weiter, doch sonst ist nichts interessantes für mich dabei. Nur ein paar Aktenordner, so wie jeder sie hat. 

Nach dem Frühstück lümmeln wir noch etwas herum, doch dann möchte ich doch gern in frische Kleidung und wir machen uns auf den Weg zu meiner Wohnung. Die Sonne ist wieder erbarmungslos und man sieht draußen mehr nackte Haut, als einem manchmal lieb ist.

Bei mir finden wir Nico in der Küche - trällernd, kochend. Auch ein Grund, warum ich ihn so sehr mag. Er kann fantastisch kochen - wenn er dann mal seinen Arsch dazu hochbekommt. Heute wird es ein Chili.

»Kommt Sven nachher auch noch?«, frage ich, nachdem ich ihn mit Küsschen auf die Wange begrüßt habe, denn der Topf Chili ist riesig. Ich wusste nicht einmal, dass wir so einen großen Topf besitzen. 

»Ja später, er ist arbeiten«, antwortet er grinsend. »Und was habt ihr so angestellt?«, fragt er schmunzelnd. Ich bekomme sofort warme Wangen und lächele Marc an.

»Ach nichts weiter.« 

»Wir haben ein bisschen gemalt«, antwortet Mark glucksend und verschränkt seine Arme vor der Brust. Nico zieht seine Augenbrauen ungläubig in die Höhe und wendet sich wieder seinem Topf zu. Er glaubt ihm nicht. 

»Ach ja, wir haben Post bekommen ... unschöne Post«, sagt er stirnrunzelnd und deutet auf das kleine Regal neben der Tür, wo wir die Post immer hinwerfen. Die Hausverwaltung. Modernisierungsmieterhöhung. Ich kotze gleich, denn die wollen 273,26 Euro mehr pro Monat, wenn die Modernisierung abgeschlossen ist. 

Es werden neue Fenster eingebaut und die Fassade wird gedämmt. Das heißt wochenlang Bauarbeiten und natürlich mehr Miete zahlen. Meine Laune ist jetzt voll im Arsch. Für mich sind 140,00 Euro fast die Hälfte von dem, was ich derzeit zum Leben habe und das reicht auch nicht wirklich um glücklich zu sein.

»Na super. Ich habe so schon kaum Kohle und jetzt kommen die mir mit dem Mist! Ich brauch endlich einen normalen Job. Die Bar bringt einfach nicht genug«, meckere ich und pfeffere den Brief wieder ins Regal.

»Soll ich mich mal umhören? Schließlich ist das mein Job. Aber nicht auf Leihbasis, sondern fest. Wenn ich was hab, kann ich deine Bewerbungsunterlagen weitergeben. Musst mir mal mitgeben oder mailen«, sagt Marc. Er ist so lieb!

Eigentlich wollte ich lieber selbst Arbeit finden, aber umso schneller es klappt, desto besser. Ich möchte die nächste Zeit nämlich nicht nur Brot essen und ein wenig Leben wäre auch schön.

Nico hat da nicht so die Probleme. Er bekommt Unterstützung von seinen Eltern, die von Haus aus schon nicht arm sind. Meine Eltern könnten sich das nicht leisten und könnten mir nur in aller größter Not etwas geben, deshalb würde ich sie auch gar nicht erst fragen. Das wäre mir unangenehm.

Meine Laune ist also erst Mal im Keller und Hunger habe ich auch nicht mehr. Angepisst lasse ich mich auf die Couch plumpsen und schalte den TV ein. Meine Miene ist so grummelig, dass Marc neben mir zu lachen beginnt. 

»Du weißt schon, dass du echt niedlich aussiehst, wenn du so sauer guckst?«, fragt er schmunzelnd und erntet von mir einen bösen Blick. 

Er setzt sich genau vor mich und zieht einen Flunsch, blinzelt mich mitleidig an und egal wohin ich ausweiche, er kommt mir nach, bis ich nicht anders kann, als zu Lachen. 

»Du bist ein Arsch. Nicht mal sauer darf man sein!«, beschwere ich mich lachend und kneife in seine Brustwarze. 

»Au! Du fieses Stück!«, quengelt er, »ich will dich doch nur aufmuntern!«

»Und ich will einfach nur sauer sein! Wenigstens für einen Moment!«, antworte ich und versuche böse zu gucken, doch er lässt mir keine Chance. Er greift in meine Seiten, schmeißt mich in die Couch und kitzelt mich erbarmungslos. Mein Quieken ist locker noch beim Nachbarn zu hören.

»Lass' ihr noch Luft!«, ruft Nico lachend aus der Küche und steckt seinen Kopf kurz durch die Tür, nur um zu sehen, wie Marc auf meinen Beinen sitzt und triumphierend meine Arme fest hält. 

Als Nico wieder in der Küche verschwunden ist, beugt Marc sich zu mir herunter, fährt mit seiner Nase über meine und beißt vorsichtig in meine Lippe. Seufzend öffne ich meinen Mund, wurde ihn gern berühren, doch er hält meine Hände fest über meinen Kopf.

Immer wieder schweben seine Lippen über meinen, über meiner Haut am Hals, meinem Kinn. Immer wieder deutet er an, dass er mich berührt, doch jedes Mal zieht er im letzten Moment lächelnd seinen Kopf wieder zurück. Sein Atem auf meiner Haut kitzelt und dass ich mich nicht bewegen kann, macht mich wahnsinnig und leider macht es mich auch wahnsinnig an. 

Wieder sind seine Lippen über meinem Mund. Ich kann ihn schon fast schmecken, doch er bleibt bei seinem Vorhaben, mich zu quälen. »Marc!«, hauche ich, denn mein Puls ist schon wieder in schwindelerregender Höhe.

Er lacht kurz auf, bevor er seine Tat wiederholt, doch da schnelle ich mit meinem Kopf in die Höhe und erwische ihn für einen kurzen Kuss. Seine Augen funkeln auf und ein tiefes Brummen kommt aus seinem Mund, bevor er mich so stürmisch küsst, dass mir die Luft weg bleibt. 

»Komm, lass' uns in dein Zimmer gehen«, sagt er leise und zieht mich an meinen Händen hoch, die er immer noch in seinen hält...

Falsch gedacht! [1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt