° 21 °

5.5K 289 21
                                    

Ich spiele mit seinen Fingern in meiner Hand und schaue an die Zimmerdecke. »Kann ich dich was fragen?« Er führt unsere verschränkten Finger zu seinem Mund und küsst meinen Handrücken. 

»Klar, du kannst mich alles fragen«, antwortet er mit belegter Stimme.

»Ihr macht illegale Graffitis oder?«, frage ich, während ich mich umdrehe und mich auf meinen Ellenbogen abstütze. »Also ich meine... deine Zeichnungen... die Blackbooks, du kannst so gut zeichnen, ihr seid nachts immer unterwegs«, führe ich meine Beobachtung fort.

Er dreht sich auf die Seite und schaut mich an. »Wäre es für dich ein Problem?«, fragt er unsicher. Ich sehe ihm an, dass ihm die Frage schwer im Magen liegt und er Angst hat. 

»Nein - auf keinen Fall. Ich hab nur ... das ist doch nicht ungefährlich!«, sage ich leise.

Ich sehe etwas Erleichterung in seinem Gesicht, als er sich zu mir vor beugt und mit seinen Fingern mein Kinn umschließt. »Uns passiert schon nichts. Wir machen das nicht erst seit gestern«, antwortet er schmunzelnd, bevor er mich zärtlich küsst.

Doch in meinem Kopf ist es noch nicht so schnell abgetan. »Hattet ihr schon mal Ärger deswegen? Oder wurdet ihr erwischt?«, frage ich nervös. Er setzt sich auf und schaut mich ernst an, spielt mit seiner Decke zwischen seinen Fingern.

»Du machst dir gerade richtig Gedanken darüber. Hör auf damit, Josie. Das ist ein Hobby von uns - nein mehr. Es ist eine Überzeugung. Und selbst wenn wir erwischt werden, werden wir damit nicht aufhören«, sagt er todernst. »Also wenn du daran dachtest, mich zu bitten, damit aufzuhören, dann vergiss es gleich wieder, denn ich werde es nicht tun.«

Ich bin überrascht von seiner festen und überzeugten Aussage, doch so war das von mir auch nicht gemeint. »Nein, nein... das würde ich nicht machen. Du bist, denke ich mal, alt genug«, antworte ich lachend. »Ich wollte nur wissen, ob es so ist, wie ich dachte«, antworte ich ehrlich.

Er beugt sich zu mir vor und streicht meine Haare zurück, »Du bist wunderbar«, flüstert er, bevor er seine Lippen auf meine presst und mich wieder in die Kissen drückt. Ich finde es toll, dass er so ehrlich zu mir war, auch wenn ich mir jetzt jedes Mal Sorgen mache, wenn ich weiß, er ist nachts mit seinen Jungs unterwegs.

*

So kommt es auch am Donnerstag. Marc schreibt mir schon nachmittags, dass er heute nicht vorbei kommt. Ich bin zwar abends in der Bar, aber ich hätte mich gern danach in sein Bett geschlichen und wäre neben ihm aufgewacht. Vielleicht versuche ich es auch noch. Er hat mir schließlich nicht umsonst einen Schlüssel von seiner Wohnung gegeben.

Nele schickt mich schon um halb 2 nach Haus, weil nicht so viel zu tun ist und ich mache mich auf den Weg zu Marc. Wenn das noch öfter vorkommt, dann brauch ich auch 'nen neuen Job. So verdiene ich nicht genug.

Sven wird mir sicher auch nicht über den Weg laufen, weil er Nachtschicht hat, also gehe ich recht entspannt die Treppe hoch. Also nicht falsch verstehen, ich hätte kein Problem, wenn Sven da wäre, aber so muss ich jetzt keine Rücksicht nehmen.

Doch als ich die Wohnungstür aufschließe, höre ich bereits die Dusche. Marc ist schon da. Ich will ihn jetzt nicht erschrecken und einfach ins Bad stürmen, also gehe ich in sein Zimmer und mache mich bettfertig.

Über den Bürostuhl hängt ein schwarzer Overall, davor liegt sein schwarzer Rucksack. Der Overall hat grüne und gelbe Stellen und ist an einer Stelle am Bauch aufgerissen, was mich geschockt die Augenbrauen hoch ziehen lässt und ich fahre mit aufgerissenen Augen über die kaputte Stelle.

Einen Moment überlege ich, doch ich will nicht als die übervorsichtige Freundin gelten und es ist schließlich seine Sache. Wie schon gesagt, er ist alt genug und er wird schon wissen, was er tut.

Falsch gedacht! [1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt