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Ich habe kaum geschlafen, weil ich bei jedem Piep, dass mein Handy von sich gab dachte, es ist Marc. Doch er ist es nicht. Wieder nur belangloses Zeug, Facebook nervt und dieser News Ticker, der mich eh schon seit Wochen ärgert und ich nicht weiß, wie ich den abstellen kann.

Auch den ganzen Sonntag Vormittag meldet er sich nicht, dabei hatte ich gehofft, er schläft vielleicht eine Nacht darüber und er sieht es nicht mehr ganz so wild, aber anscheinend doch. So sitze ich allein auf der Couch und starre in die Leere.

Nico ist wieder irgendwo unterwegs - wahrscheinlich mit Sven und genießt das tolle Wetter. Und ich ... ich drehe fast durch, weil ich nicht weiß, was das alles nun bedeutet. Stellt er sich jetzt komplett gegen mich? Also ein Ende, bevor es überhaupt richtig angefangen hat? Wegen sowas?! Das ist doch Irrsinn!

So vergeht mein Tag mit Grübeln und abwechselnd schlafen, bis ich nicht mehr schlafen kann und es ist erst halb drei nachmittags. Ich raffe mich auf und beschließe etwas spazieren zu gehen. Vielleicht werde ich davon auch etwas müde und kann so wieder schlafen.

Wie automatisch tragen meine Füße mich in meinen Lieblingspark mit dem schlechten Ruf. Der erinnert mich zwar auch wieder an Marc, aber es lenkt mich hier auch ab. Ich schlendere mit den Händen in den Hosentaschen zu dem Holzpilz, unter dem wir bei dem Gewitter saßen und setze mich genau gegenüber davon auf die Parkbank. Den Weg vor der Nase, habe ich auch noch einen perfekten Blick über die Liegewiese.

Ich blicke nach rechts und sehe unsere afrikanischen Mitbürger aus den Büschen, die wie immer versuchen schlechtes Gras für zu viel Geld an den Mann zu bringen und auf der Wiese ist jede Sparte Mensch vertreten, die man sich denken kann.

Mütter mit Kindern, die hier unter den Bäumen wohl Kindergeburtstag feiern, Studenten, die eben erst so blöd waren und etwas in den Büschen gekauft haben, Anzugträger, die ihren Feierabend genießen und ganz normale Menschen - mit Hund, ohne Hund, mit Partner und allein. Und alle sind aus dem gleichen Grund hier. Sie genießen es draußen zu sein und die Gesellschaft zu anderen Menschen.

Mit den Beinen unter mein Kinn gezogen sitze ich nun hier und beobachte, was um mich herum passiert. Es ist erschreckend, wie viele Pfandsammler es hier gibt. Sobald jemand eine leere Flasche abstellt, so dauert es keine drei Minuten und sie ist verschwunden. Aber die Gegensätze könnten auch nicht großer sein. Auf der einen Seite den Business-Typ im feinen Zwirn, der seine Pause hier verbringt, auf der anderen der Obdachlose, der mit seinen Habseligkeiten in Plastiktüten vorbei zieht.

So verbringe ich über zwei Stunden und lerne sogar ein paar neue Leute kennen - okay... ich wurde nach dem Weg gefragt, nach Blättchen, 'nem Tip, Geld, meinem Körper und etwas zu essen. Also die Gelüste sind hier vielfältig.

Doch irgend jemand gönnt mir meine Unterhaltung hier nicht, denn auf einmal beginnt es zu stürmen und es ziehen dunkle Wolken auf. Entfernt hört man es grummeln und ich denke in den nächsten zehn Minuten geht's hier richtig ab.

Natürlich fängt es an zu regnen. Erst einzelne große Tropfen, dann fallen immer mehr und ich bin genervt. Traurig und genervt - und mittlerweile nass, doch ich bleibe sitzen.

Das Wetter passt einfach zu gut zu meiner Stimmung, nur dass ein Sommergewitter eigentlich etwas schönes ist. Mein Kinn liegt zwischen meinen Knien und meine Haare wehen mir stürmisch um die Ohren.

»Hee Kleene, komm' rüber, wirst ja janz nass!«, ruft der ältere Herr zu mir herüber, doch ich will lieber hier sitzen bleiben und lasse mich beregnen. Das kann er sich anscheinend nicht mit ansehen, denn er steht plötzlich vor mir und nimmt meinen Arm und schleift mich unter den Holzpilz. 

»Hey, was soll das!«, fauche ich und entreiße ihm meinen Arm.

»Kleene, wirst noch krank von der Aktion«, sagt er entschuldigend und setzt sich neben mich. »Und wenn schon!«, antworte ich leise und lege meine Stirn in Falten. 

Falsch gedacht! [1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt