50. Gespräche

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„Die sind bestimmt richtig schwach."

„Klar, immerhin kommen sie aus einem kleineren Quartier", antwortet ein anderer.

„Die sind wie Dorfkinder."

Die abschätzigen Blicke brennen beinahe Löcher in meinen Körper.

Voller Genuss verspeise ich den leckeren Hot Dog und versuche die Lästereien zu ignorieren.
Ja, es gibt hier viele nette Keryno, trotzdem stechen die, die sich uns gegenüber so abfällig verhalten, bedeutend mehr heraus. Es ist genauso wie Linus sagte. Viele der Keryno hier halten sich für was besseres, bloß weil ihr Hauptquartier so riesig ist. Aber was ist das für eine Logik? Was hat die Größe eines Quartiers mit dem Können der Keryno dort zu tun?
Mir geht das verdammt auf den Sack und ich würde diesen abgehobenen Pennern am liebsten meine Meinung geigen, aber ich werde mich zurückhalten, immerhin wollen wir ja den Kontakt nicht verschlechtern und keinen Stress anfangen. Nicht, dass sie dann noch schlechter über uns denken.

„Trotzdem... Schau mal, das ist doch Levi Crawfield. Wenn sie ihn im Team haben, müssen die stark sein, denn die würden ihn doch nie im Leben mit Schwächlingen zusammenstecken."

„Mag schon sein, aber ich frage mich, was er überhaupt in Lane macht. Ich meine, wenn man bedenkt wie weit oben seine Familie und er stehen, steht ihm als Master eigentlich ein viel besserer, höherer Posten zu oder nicht? Der ist hier ja quasi unterfordert."

„Aber die Gerüchte werden ihm echt nicht gerecht. Er sieht viel besser aus als auf Bildern und diese Präsenz ist der Wahnsinn."

„Lass uns das lieber woanders besprechen, nicht dass diese Person es noch hört, dann haben wir ein Problem. Du weißt, er hat seine Augen und Ohren überall."

Mürrisch trinke ich einen Schluck von meiner Cola. Das nervt mich auch. Alle stellen Vermutungen über Levi an und reden ununterbrochen über ihn. Wie muss es wohl in seinem Kopf aussehen?
Levi hasst es, wenn er von Anderen wie etwas Besonderes behandelt, mit Samthandschuhen angefasst wird, nur weil er zur Elite der Elite gehört. Nicht ohne Grund hat er dafür gesorgt, dass er in Lane normal behandelt wird. Aber gerade habe ich zum ersten Mal seinen Nachnamen gehört.
Levi Crawfield...
Ich seufze leise. Selbst nach all dieser Zeit weiß ich so gut wie gar nichts über ihn, während er mich beinahe wie ein offenes Buch lesen kann. Und was bedeutet überhaupt dieses Master?

Wir räumen unser leeres Geschirr weg, ehe Laria und ich die Mensa verlassen. Die Jungs unterhalten sich weiter mit ein paar anderen. Sumiko ist schon vor wenigen Minuten alleine verschwunden.
„Ich kann gar nicht oft genug sagen, wie gigantisch euer Quartier ist!", gebe ich erstaunt zu und lasse meine Augen über das Gelände fliegen. „Ich bräuchte mindestens ein halbes Jahr, bis ich mich hier zu Recht finden würde", lache ich und Laria stimmt mit ein.
„Da hast du Recht. Es ist wirklich riesig, aber manchmal wünsche ich mir lieber in einem kleineren Quartier zu leben. In einer kleineren Stadt", seufzt sie.
„Warum denn das?", frage ich verwundert.

„Ach naja", beginnt sie nachdenklich nach oben schauend, „manchmal ist es schon nervig, wie sich einige hier verhalten und hier sind ziemlich viele von der Elite. Außerdem ist es echt anstrengend, denn nur weil wir viel mehr Keryno sind heißt das nicht, dass wir weniger Patrouillen gehen müssen." Sie sieht sich um, ehe sie in einem gedämpften Ton weiterspricht. „Und die Elite ist nicht immer so almighty wie man denkt. Unter ihnen verstecken sich teilweise echt heftige Arschlöcher. Nicht alle, aber einige. So verhalten sie sich edel, aber wenn du hinter die Fassaden blickst, sind sie bloß machtbesessene Idioten, die gerne die Schwächeren runtermachen, wenn keiner hinschaut. Und natürlich kommen sie damit durch, weil die Leute entweder zu blind sind, um das zu realisieren, oder weil weggeschaut wird, man will sich ja bloß nicht mit der Elite anlegen. Erbärmlich."

Keryno - Die verborgenen VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt