2. Alles nur Einbildung

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Nachdenklich lege ich meinen Kopf in den Nacken und schaue an meine weiße Decke, wobei mein Schreibtischstuhl ein gequältes Ächzen und Quietschen von sich gibt. Die Begegnung von heute Nachmittag schleicht sich immer wieder in meinen Kopf und will einfach nicht verschwinden. Als ich Sam auf ihr merkwürdiges Verhalten angesprochen habe, meinte sie nur, ich solle die Scherze lassen. Aber irgendwie kam mir das Ganze total komisch vor.

Frustriert stöhnend lege ich meinen rechten Arm über meine Augen. Ich glaube echt, ich lese zu viele Fantasy-Bücher. Sam hat einfach nur geschwärmt und mich veräppelt, was sonst? Mit einem „Argh" setze ich mich auf und raufe mir die Haare. Doch bevor ich weitergrübeln kann, ruft Mama von unten: „Sienna! Essen ist fertig!"

Die Gedanken von zuvor sind augenblicklich vergessen. Ich trample die Treppe wie ein Nilpferd hinunter und biege dann am Ende der Treppe nach links zur Küche ab. Bereits im Flur steigt mir ein betörender, intensiver Geruch in die Nase.

„Kürbiscremesuppe!"

Mit knurrendem Magen fülle ich meinen Teller bis zum Rand und schaufle mit einem wohligen „Mh" den ersten Löffel in mich hinein. Prompt zieht ein beißender Schmerz durch meine Zunge. „Au!"

„War ja klar, dass du dich nicht beherrschen kannst", sagt Papa grinsend und seine braunen Augen blitzen schelmisch auf.

Da ich ihn noch gar nicht begrüßt habe, gebe ich ihm jetzt einen Kuss auf die Wange.

„Wie schön, dass du mich so zeitig begrüßt."

Die Ironie in seiner Stimme ist kaum zu überhören. Grinsend strecke ich ihm leicht die Zunge heraus, woraufhin er es mir nach macht. Wir und kindisch? Quatsch mit Soße, wir doch nicht.

„Mama, deine Kürbiscremesuppe schmeckt echt köstlich!", lobe ich die beste Köchin der Welt.

Eigentlich mag Mama die Suppe überhaupt nicht, aber sie macht sie trotzdem mir zuliebe, weil sie genau weiß, wie gern ich sie esse.

„Wie lief dein Physiktest?", erkundigt Papa sich mit halbvollem Mund. Warnend schaut Mama ihn an, das kann sie nämlich überhaupt nicht leiden.

Ich verdrehe stöhnend die Augen. „Kacke natürlich. Ich glaube ich gebe echt auf. Egal wie sehr ich mich anstrenge, es wird einfach nix."

„Ach Sienna. Jeder ist schlecht in etwas, das ist auch normal. Du darfst nur nicht den Fehler begehen und aufgeben, denn-"

„Denn wer aufgibt, hat schon längst verloren", setze ich seinen Spruch fort.

Mama streicht mir eine Strähne hinters Ohr. „Genau. Außerdem hast du sonst überall mehr als gute Noten mein Schatz."

„Ich war auch eine Niete in Physik", gesteht Mama mit einem Grinsen.

„Und ich in Englisch. Konnte mir nie die Grammatik merken", offenbart Papa schmunzelnd.

„Jeder hat Schwächen und du weißt, wir sind die Letzten, die dir wegen einer schlechten Note den Kopf abreißen würde."

Meine Lippen formen sich zu einem Lächeln. „Ich weiß, danke Mama, Papa."

Ich kenne so viele, deren Eltern getrennt sind, deshalb schätze ich meine Eltern umso mehr. Ihre Liebe kann durch nichts auf dieser Welt ersetzt werden und ich bin so froh sie zu haben.

***

Ich öffne mein Fenster und gegen den Fensterrahmen gelehnt, beobachte ich das Zusammenspiel der Farben am Himmel. Obwohl er vorhin von den Wolken bedeckt war, bringen seine verschiedenen Farbtöne nun ein wunderschönes Kunstwerk zustande, auch, wenn es schon bedeutend dunkler ist. Rot, Rosa, Orange, Gelb, Grün und Hellblau verlaufen ineinander. Somit verkündet der Himmel, dass der Tag nun zu Ende geht. Mit frei gefegtem Kopf beobachte ich die rosa Wolken, wie sie alle in eine Richtung schweben. Ich habe es schon immer geliebt einfach nur in den Himmel zu schauen, vor allem abends, wenn er sich die schönsten Farben aneignet.

Keryno - Die verborgenen VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt