23. Verfolgungsjagd

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Seit die Halbasiatin in unser Team gekommen ist, sind einige Tage vergangen, an denen wir meist ohne sie trainiert haben, da sie sich aus vielem heraushält. Das könnte später ein Problem werden, immerhin sollte ein gutes Teamwork schon da sein.

Okay, sagt die, wegen der bei der ersten Patrouille alles schief gelaufen ist... Aber dieses Mal werde ich nicht einfach verschwinden, egal was passiert. Ich mag dumm sein, aber nicht dumm genug, um den selben Fehler noch einmal zu begehen.

Noch immer leide ich unter dem, was Levi zugestoßen ist, auch, wenn er mir immer wieder versichert hat, dass es nicht meine Schuld ist. An dem, was ich fühle, kann allerdings niemand etwas ändern.

Ich wünschte, ich könnte es.

Schnell hänge ich mir den Umhang um und schaue aus Gewohnheit in den Spiegel. Blasse Haut, leblose Augen, tiefe, dunkle Augenringe. Man muss kein Hellseher sein um zu sehen, dass ich so gut wie keinen Schlaf bekomme. Diese Albträume bringen mich noch um.

Wenn ich nicht vom Tod meiner Freunde träume, dann renne ich durch die Dunkelheit. Ohne Ziel. Rastlos. Verfolgt von abertausenden, roten Augen.

Ich gehe zu unserem vereinbarten Treffpunkt vor dem Schulgebäude. Die drei Jungs sind schon da und nach wenigen Sekunden stößt auch Sumiko zu uns, die ihre schwarzen Haare zu einem Zopf gebunden hat.

Stimmt, das wollte ich auch machen!

Mir entflieht ein Seufzer. Den Haargummi habe ich jetzt vergessen, aber ich will uns nicht länger aufhalten und noch einmal zurück, also gehen wir sofort los.

Während die Jungs sich über irgendetwas unterhalten, laufen Sumiko und ich still hinter ihnen hinterher, die Schwarzhaarige ein kleines Stückchen hinter mir, sodass ich sie nur aus dem Augenwinkel sehen kann. Ihr Blick ist starr nach vorn gerichtet und ich kann keine einzige Emotion aus ihrem Gesicht herauslesen, als wären sie gar nicht da.

Als ich die an uns vorbeifahrenden Autos beobachte, stellt sich mir die Frage, wieso wir den weiten Weg überhaupt jedes Mal laufen müssen und nicht einfach mit einem Auto fahren. Das würde uns eine Menge Zeit sparen und wäre viel praktischer, würde uns mobiler machen, denn zu Fuß dauert das alles relativ lange. Dass wir nicht mit dem Auto fahren dürfen liegt aber sicherlich daran, dass keiner von uns volljährig und einen Führerschein hat. Oder gelten diesbezüglich bei der Keryno-Organisation auch andere Regeln und Gesetze? Es gibt noch viel zu viele Dinge, die ich immer noch nicht weiß. Vielleicht fehlen aber auch die finanziellen Mittel, da eine hohe Anzahl an Autos notwendig wäre. Immerhin sind wir fünf bei weitem nicht die Einzigen die auf Patrouille gehen.

Nein, das ist unlogisch, immerhin kostet die gesamte Technik der K.O. bestimmt eine Menge Geld und die Keryno verdienen scheinbar auch wirklich nicht wenig – kein Wunder, wenn man bedenkt, dass sie jeden Tag ihr Leben riskieren und jederzeit sterben könnten.

Ich frage mich, ob die Präsidenten, Kanzler und generell die Politiker darüber Bescheid wissen. Theoretisch müssten sie das, denn irgendwann würde selbst denen auffallen, dass etwas nicht stimmt.

Irgendwie regt es mich schon total auf, dass man den Menschen eine so wichtige Information, die Existenz der Vampire, vorenthält und ihnen ein ‚friedliches' Leben vorspielt. Die Menschen bringen sich nicht nur selbst durch unnötige Kriege um, nein, sie werden auch noch von blutsaugenden Monstern bedroht. Andererseits ist es vielleicht aber auch besser so, dass man sie geheim hält, denn ich möchte mir nicht vorstellen was los wäre, wenn die ganze Welt von diesem grausamen Geheimnis wüsste.

Chaos.

Verzweiflung.

Unerschöpfliche Furcht.

Keryno - Die verborgenen VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt