36. Heranschleichende Probleme

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Ich bereue meine Entscheidung sofort.

„Aber wenn du jetzt nur das T-Shirt ohne Jacke trägst, ist deine Schutzrate doch gesunken oder nicht?", fragt Jonas irritiert.

Nur jetzt ist es erst recht zu spät. Unser Streit hat einige Minuten verschwendet, jetzt umzukehren ist unmöglich. Dafür sind wir auch schon zu weit vom Quartier entfernt.

Das schlechte Gewissen nagt an mir wie eine Maus an einem Stückchen Käse.

Das ist nur wegen mir. Nur wegen mir muss Levi seinen Schutz und seine Verteidigung vernachlässigen. Ich bekomme gar nicht mit, wie er Jonas einen Klaps auf den Hinterkopf gibt.

Levi seufzt tief. „Das ist jetzt egal, wir können es sowieso nicht mehr ändern. Der Wind hält für mich auch vieles ab und da ich ein Innaby bin, ist mein Körper an sich stärker. Du hast nicht mal eine Magie um dich zu schützen, also kannst du das eher gebrauchen. Konzentrier dich auf die Mission, die ist vorrangig. Du willst doch die Menschen beschützen oder nicht?", bringt Levi hervor und schaut mir eindringlich in die Augen. Ich versuche alles aus meinem Kopf zu verbannen und seinen Worten Folge zu leisten.

„Ja, das will ich."

„Gut. Dann fokussier dich jetzt nur darauf, auf nichts anderes. Wenn du abgelenkt bist, führt das nur zu Fehlern."

Die ich bereits begangen habe. Mal wieder.

In mir breitet sich ein Sturm auf, der alles aufwühlt und ein undurchdringlicher Nebel umgibt mein Herz. Ich beiße mir auf die Lippen und balle die Hände zu Fäusten.

Nur wenige Minuten später haben wir die Stadt erreicht und Levi fliegt voraus, wir direkt hinter ihm. Er hat uns mit dem Wind wieder unsichtbar gemacht, sodass wir rücksichtslos über die Innenstadt fliegen können.

Die Geschäfte sind noch geöffnet und dementsprechend herrscht in den Straßen noch ein frohes Treiben. Doch selbst in der tiefsten Nacht entdeckt man noch Menschen auf den Straßen - zugunsten der Vampire.

Wenn man so durch die Fenster der Restaurants schaut, sieht man, dass es sich viele mit ihrer Familie dort bequem gemacht haben und die Zeit miteinander genießen.

Meine Eltern sind nur äußerst selten mit mir in eines gefahren, aber ich wollte sowieso nie. Warum auch, wenn ich Zuhause die beste Köchin der Welt habe?

Aber all diese Leute sehen so glücklich aus und lachen unbeschwert.

Genau deshalb werde ich es nicht zulassen, dass die Vampire dieses Glück zerstören. Ein mulmiges, nicht deutbares Gefühl macht sich in meiner Magengegend breit, zieht mich wie von selbst in eine bestimmte Richtung.

Ich kenne es.

„Den Aufnahmen von Tom nach müsste d-"

„Pscht! Der Vampir ist hier irgendwo!", unterbreche ich Levi zischend. Spüren sie das denn nicht auch?

Die anderen tauchen nun ebenfalls hinter Levi auf, also muss ich mich ein kleines Stück von ihnen entfernt haben. Ich drehe mich wieder um und schaue intuitiv in eine bestimmte Gasse. Als würde ich von etwas nahezu angezogen werden.

Ich kneife meine Augen leicht zusammen, um mehr erkennen zu können und erkenne einen Mann. Er drückt eine Frau gegen die Wand und vergräbt sein Gesicht in ihrer Halsbeuge. Die Frau versucht sich mit aller Kraft zu wehren, doch sie hat keine Chance gegen ihn. Mir läuft gleich die Galle über. Ich kann keine Aura erkennen, aber alles in mir schreit danach, dass diese Person definitiv ein Blutsauger ist.

Mein Bauchgefühl sagt es mir.

„Da ist der Vampir!", rufe ich aus und zeige mit dem Finger in die besagte Richtung.

Keryno - Die verborgenen VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt