Ayame's Dairy - Ende(?)

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Samstag, 25. März, 22:46 Uhr
Zaimoku-Straße, Bezirk Haruka
Haus der Familie Genji

Nach gefühlten Monaten betritt Nara wieder ihr Elternhaus. Erschöpft und überfordert schleicht sie sich in ihr Zimmer. Nachdem sie leise die Tür hinter sich geschlossen hat, betätigt sie den Lichtschalter.
"Ah, das junge Fräulein lässt sich auch mal wieder sehen", erklingt plötzlich die Stimme ihrer Mutter.
Erschrocken blickt Nara sie an. Noch bevor sie etwas sagen kann, erhebt sich ihre Mutter von ihrem Bett, läuft auf sie zu und drückt ihr ein kleines, in schwarzes Leder gebundenes Buch in die Hand.
"Dein zukünftiger Schwager, oder sollte ich besser sagen der Bruder meiner eigentlich zukünftigen Schwiegertochter, wobei du uns geschickt eure Verlobung verschwiegen hast, hat das vorhin für dich abgegeben. Er meinte, du solltest es lesen. Er hätte das schon und würde jetzt das Versprechen halten, dass er dir kürzlich im Krankenhaus gegeben hat", zischt die Stimme ihrer Mutter an ihr Ohr, "Dein Vater und ich werden jetzt ins Krankenhaus fahren."
Mit diesen Worten lässt sie ihre Tochter stehen, die nun vollkommen verwirrt ins Leere starrt. Wie kann ihre eigene Mutter nur sowas zu ihr sagen? Sie hat Ayame einmal zu Besuch gehabt, ein einziges Mal. Ja, sie hat Nara öfters vor der Schule abgeholt und nach der Schule zuhause abgeliefert, aber mit ihren Eltern hat sie nur dieses eine Mal Kontakt gehabt. Valentinstag. Abendessen. Als sie gemeinsam am Tisch gesessen haben und...
Energisch schüttelt Nara den Kopf. Sie will nicht mehr dran denken. Wegen ihr wäre Ayame fast gestorben. Müde lässt sie sich auf ihr Bett fallen, um die Decke anzustarren. Ihre Gedanken kreisen, als sie das Buch neben sich wahrnimmt. Wenn sie ihre Mutter vorhin richtig verstanden hat, wurde es von Sasuke abgegeben. Erst will sie es wegwerfen oder zumindest in die nächstgelegene Schublade legen, doch dann siegt ihre Neugier. Vorsichtig öffnet sie den Einband und starrt auf die erste Seite. Leer. Dann blättert sie weiter und erkennt Ayames geschwungene Handschrift, für die sie ihre Verlobte beneidet. Zaghaft beginnt sie zu lesen. Bereits nach der dritten Seite erkennt sie, was sie gerade in den Händen hält. Es ist Ayame's Tagebuch.

Es ist fast zwei Uhr morgens, als Nara sich die wahrscheinlich zehnte Tasse Kaffee macht, um beim Lesen nicht einzuschlafen. Jetzt macht sovieles Sinn. Selbst die Tatsache, dass sie Ayame praktisch nie ohne ihre getönte Brille gesehen hat, obwohl ihr das gar nicht so bewusst gewesen ist.
Ihr Herz setzt beim Umblättern auf die nächste Seite aus. Es ist das Datum Ihres Verschwindens. Erst jetzt fragt Nara sich, ob Ayame ihr Tagebuch wohl dabei gehabt hat oder ob sie es nachgetragen hat. Auch die Frage, ob sie wirklich dazu bereit ist, zu lesen, was passiert ist, drängt sich ihr auf. Sie atmet tief ein, fährt sich durch die Haare. Für einen Moment muss sie grinsen. Diese Angewohnheit hat sie von Ayame adoptiert. Gerade, als sie sich wieder auf ihr Bett setzen will, hört sie ein stoisches Klopfen an der Haustür. Es ist fast halb drei Uhr morgens. Wer um alles in der Welt klopft um so eine Uhrzeit an fremde Türen?
Nara beschließt, das Tagebuch kurz im Nachtkästchen zu verstauen, ehe sie nach unten geht. An der Haustür angekommen, wirft sie einen Blick durch den Türspion. Nichts zu sehen. Sie macht die Außenbeleuchtung per Knopfdruck an und immer noch steht niemand auf der anderen Seite der Tür. Sie drückt den Knopf erneut, um das Licht wieder zu löschen. Gerade, als sie sich umdrehen will, umschließt sie ein starker Arm, während ihr ein Stück Stoff auf den Mund gepresst wird. Nara vernimmt ein ihr bekanntes Raunen, dass ihr eine höllische Angst einjagt, denn sie weiß genau, wer hinter ihr steht und was gleich mit ihr passieren wird. Die letzte bewusste Handlung, die sie vollzieht, ist das Ablegen und Verstauen ihres Verlobungsrings in ihrer Hosentasche. Nach allem, was sie gelesen hat, ist ihr eine Sache extrem deutlich geworden: Sie liebt Ayame. Und niemand soll das Symbol ihrer Liebe jemals beschmutzen.

Sonntag, 26. März, 08:49 Uhr
Mamoru-Maki Hospital
Patientenzimmer 206

"Geht das wirklich schon? Der Arzt hat gesagt, du sollst noch liegen bleiben!", erkundigt sich Kookie.
Ayame verdreht genervt die Augen.
"Jeongguk, du bist mein bester Freund. Ja, ich hatte einen total Ausfall, aber es war wirklich alles ziemlich viel in letzter Zeit. Könntest du mich jetzt bitte trotzdem hier rausholen, damit ich meinen kleinen Bruder und meine Verlobte suchen gehen kann?", erwidert das Mädchen mit den weißen Haaren.
Kookie überlegt einen Moment, dann löst er die Gurte an ihren Händen und Füßen. Sicherheitsmaßnahmen, hat es geheißen. Aber nachdem Ayame vor drei Stunden aufgewacht ist, redet sie nur davon, mit Nara reden zu müssen. Das versteht er. Ihm würde es nicht anders gehen, auch, wenn Ayames Aktion definitiv heftig war. Doch seine beste Freundin hat ihm in den letzten Stunden alles erzählt, was passiert ist. Erst ist er geschockt gewesen, dann traurig, letzten Endes sogar wütend. Aber er versteht, warum sie niemandem etwas gesagt hat. Nun steht sie vor ihm und bittet um Klamotten, die ihr Vater extra hergebracht hat.
"Apropos, wo steckt der alte Drachen?", will Ayame beiläufig wissen.
Kookie hat ihn gebeten nach Hause zu gehen, was Kwon auch widerwillig gemacht hat. Sein Rektor war einfach mit den Nerven am Ende. Und nachdem Naras Eltern aufgetaucht waren, wurde für Situation nicht unbedingt besser. Dazu ist Sasuke schon wieder spurlos verschwunden und Nara selbst ist abgehauen. Alles in allem ziemlich beschissen.
"Mit deinen zukünftigen Schwiegereltern bei sich, ausruhen", murmelt der Junge.
"Dann ist Nara auch", will Ayame fragen, wird aber durch eine aufspringende Tür unterbrochen.
Yuriko steht weinend im Türrahmen, schluchzt einen Satz, der alle sofort unter Strom stellt. Ohne über die Nadeln und Geräte an ihrem Körper nachzudenken, reißt Ayame sich davon los, zieht sich im Rennen so gut es geht eine Hose und ein Top an und sprintet in die Notaufnahme.

SS:S - SOUL SOUNDTRACK : SUICIDE [BTS FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt