13. Dinner for Three

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Alexander so zu beobachten, macht mir ein unwohles Gefühl. Und ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden, tue ich das, was ich eigentlich vermeiden wollte.
"Darf ich dir jemanden vorstellen?" Ich löse mich von meinem Freund und schaffe es noch grade so, Alexander am Handgelenk zu greifen und zu zwingen, sich zu uns zu drehen. Perplex sieht er zu meinem Freund, der ein paar Zentimeter kleiner ist als er.
"Das ist mein Chef, Alexander Jones. Jones, das ist mein Partner Ethan." stelle ich sie einander vor, ohne wirklich zu wissen, was ich hier eigentlich tue. Da keiner von beiden unhöflich sein will, schütteln sie sich etwas verklämmt die Hände.
"Ach, sie sind Jones." stellt Ethan überrascht fest. Eine von Alex Augenbrauen geht in die Höhe.
"Sie haben also von mir berichtet." meint er.
"So in etwa." antworte ich auf die nicht gestellte Frage und kratze mir verlegen am Kopf und bevor Ethan noch irgendetwas sagen kann, platze ich mit etwas neuem, komplett Unbedachten heraus.
"Wir wollten sie fragen, ob sie vielleicht mit uns essen gehen möchten." Beide richten ihre Blicke nun auf mich. Keinem von beiden scheint die Idee zu gefallen.
"Ich denke, das ist keine so gute-" fängt Alex grade an, als seine geliebte Ehefrau unsere Runde durchbricht. Sie streckt ihren Arm nach ihrem Gatten aus.
"Schatz, lass uns essen gehen." fordert sie, ohne Ethan und mich überhaupt zu würdigen.
"Entschuldige, Jenna. Ich wurde grade von den beiden Herren eingeladen." meint er auf einmal und das Herz rutscht mir erneut in die Hose. Ich hätte nicht gedacht, dass er das Angebot annimt. Ach, ich habe gar nicht gedacht, als ich ihn eingeladen habe.
"Oh." sagt die Blondiene. Und mit einem "Na dann." dreht sie sich um und schreitet alleine den Weg zur Cafeteria ein.
"Ich kenne hier in der Nähe ein gutes Diner." lächelt Alex ein wenig beschämt.

Nur wenig später sitzen wir an einem Tisch im Hathaway Diner. Ethan sitzt schweigend neben mir und betrachtet nachdenklich meinen Chef, der wiederum so tut, als würde er die Menü-Karte lesen. Ich muss erst keinen Blick hinein werfen um zu wissen, dass ich nichts essen werde. Bei der Unangenehmlichkeit, die ich spüre, würde ich nicht einen Bissen hinunter kriegen.
"Also, Ethan ..." bricht Alex die schon lange anhaltende Stille, legt die Karte weg und sieht interessiert zu dem blonden Mann ihm schräg gegenüber.
"Was machen sie denn beruflich?" fragt er. Ethan streicht sich mit der Zunge über seine Lippen, die trocken geworden zu sein scheinen.
"Ich studiere." antwortet er knapp und wirft selbst einen Blick auf die Essensauswahl.
"Aha, und was?" führt Alex den Smalltalk fort und die Schlinge um meinem Hals wird immer enger.
"Psychologie an dem City College of New York." meint er knapp.
"Oh, sie wollen in die Psychologie?"
"Ja, sonst würde ich es nicht studieren." Und da ist das Gespräch auch schon beendet. Jeder von uns spürt die unangenehme Spannung, die zwischen den beiden herrscht. Ein wenig verärgert darüber, wie Ethan mit ihm redet, kneife ich ihm ins Bein. Verdattert sieht er mich an und mit meinen Augen teile ich ihm mit, das er gefälligst anständig mit meinem Chef reden soll. Er hat es geschnallt und widmet sich direkt mit einem Lächeln Alexander zu.

"Und was haben sie studiert?" fragt er grade, als der Kellner unseren Tisch betritt. Ein Mann im weißen Hemd, einer Fliege um den Hals und einem Notizblock in seiner Hand.
"Wissen sie schon, was sie möchten?" fragt er in einer monotonen Stimmenlage.
"Ja." antwortet Alex als erstes.
"Ich hätte gerne das Menü Nummer zwölf und dazu einen Scotch auf Eis." Alkohol am Vormittag. Keine Wahl, die man normalerweise trifft, aber unter diesen Bedingungen kann ich es irgendwie verstehen.
"Natürlich bezahle ich aus eigener Tasche." erklärt Alex an uns gerichtet, um uns wohl bloß nicht in Unkosten zu stürzen. Erst später sehe ich, das dieser Scotch glatte sieben Dollar kostet. Ethan bestellt sich eine kleine Pommes und eine Cola, wärend ich mich nur für ein stilles Wasser entscheide. Der Kellner ist verschwunden und grade will Alexander das Gespräch wieder aufgreifen, steht Ethan auf.
"Ich gehe kurz für kleine Rebellen." grinst er. Und kurz, bevor er das tut, drückt er mir einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Normalerweise mag ich diese Geste, doch jetzt könnte sie nicht unpassender sein. Es fühlt sich an, als würde Alexander wie eine Wand zwischen uns stehen.
Kaum ist mein Freund außer Sichtweise, beugt sich mein Chef zu mir vor.

"Charlie, was soll das?" fragt er.
"Was soll was?" Als würde ich es nicht wissen. Dabei versuche ich ihm nur auszuweichen.
"Es gefällt mir nicht, euch so zu sehen." meint er. Ein Satz, von dem ich nicht weiß, was ich von ihm halten soll.
"Ich muss dich und Jenna doch jeden Tag sehen." verteidige ich mich.
"Ja, aber das ist was anderes."
"Wieso ist das was anderes?" Alexander weicht schnell zurück und erst dann merke ich, das Ethan zu uns rüber joggt. Er lehnt sich über mich und greift in seine Jackentasche.
"Die wollen hier fünfzig Cent für einmal Pinkeln." lacht er humorlos und sprintet gleich wieder los, als er sein Kleingeld gefunden hat. Alexander funkelt mich böse an. Wieder beugt er sich zu mir vor.
"Ich mag ihn nicht." sagt er.
"Ich wäre viel lieber mit dir allein." bei diesem Satz legt er seine Finger auf meine Hand, doch genauso schnell ziehe ich sie wieder weg. Es ist mir einfach ein zu großes Risiko, dabei gesehen zu werden. Beschämt darüber, was er sagte, schaue ich auf meine Beine. Denn es geht mir genau so.
Die Getränke werden zu unserem Tisch gebracht und Ethan kommt rechtzeitig von der Toilette zurück. Provokant legt er seinen Arm um meine Schulter und nimmt dann einen großen Schluck von seiner Cola. Alex nippt an seinem Scotch und ich sitze einfach nur da und fühle mich so unwohl wie damals, als meine Mutter sich mit meiner Lehrerin über die Sachen unterhalten hat, die ich im Schulunterricht gesagt hatte. Ich beschrieb sie nämlich als eine Mischung aus Gandalf und einem Arschloch. Sehr helle war ich damals noch nicht.

"Also.." fängt Ethan ein neues Gespräch mit Alexander an. Ich bin sowohl neugierig, als auch verängstigt darüber, was er wohl sagen wird.
"Vielleicht sollte ich das nicht fragen, aber ich schätze, sie sind der beste Ansprechpartner dafür." Auch Alexander scheint nervös darüber, was wohl jetzt kommt.
"Ich möchte nur gerne wissen, wie sich Charlie so macht. Es ist mir, und seiner Familie, sehr wichtig, das es ihm in ihrer Firma gut geht." sagt er auf einmal und ich bin tatsächlich... positiv überrascht. Alexander lächelt.

"Es gibt nichts, was ich an Mister Dunn auszusetzen habe." sagt er und eine leichte Röte breitet sich in meinem Gesicht aus.
"Er macht seine Arbeit gut, kann mit den Kollegen und weiß sich auszudrücken. Das sind Eigenschaften, die wir in der Firma sehr wertschätzen." lobt er mich und Ethan überkommt bei den Sätzen ein warmes Lächeln, was er mir zuwirft.
"Ich bin stolz auf dich, Babe." sagt er und streicht mir meine Haare hinter die Ohren. Mir wird warm ums Herz.
"Ich werde jetzt auch mal die Toilette aufsuchen." hören wir Alexander im Hintergrund sagen und bevor er aufsteht, werfe ich ihm einen dankbaren Blick zu. Er erwiedert ihn mit einem nicken und verschwindet dann um die Ecke. Ethan's Hand findet sich unter meinem Kinn wieder und langsam dreht er meinen Kopf wieder zu mir.
"Und dir gefällt es dort auch wirklich?" fragt er mich etwas besorgt, doch ich nicke lächelnd.
"Ja, es gefällt mir." Und das ist nicht gelogen. Doch Ethan scheint gar nicht zu ahnen, wie sehr es mir dort wirklich gefällt.


Ich hoffe, es gefällt soweit. Und ich freue mich natürlich über jeden Kommentar! :)
Kleine Songempfehlung am Rande: Lewis Del Mar - Loud(y)

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