28. Jacuzzi

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Der Jacuzzi blubbert und Dampf steigt empohr. Das Wasser um mich herum ist so heiß, das meine Haut den kalten Wind des Wetters gar nicht zu spühren scheint. Oder vielleicht ist mir nur so warm, weil immernoch die Hitze der vergangenen Stunde in mir brodelt.

"Keanu Reeves wäre jedenfalls die bessere Wahl für Kylo Ren gewesen." setzt er seinen Monolog fort, während er nur in einer Badebose bekleidet im Wasser hockt und die Arme neben sich ausstreckt.
"Ja, kann sein..." gebe ich nur kleinlaut zurück. Meine Konzentration  gillt dann doch eher den Blubberblasen, die in Ströhmen zur Wasseroberfläche fließen und dann einfach zerplatzen.
"Wer war denn nun eigentlich dieser Kerl?" fragt Chester mich nun und mein Herz setzt einen schlag aus.
"Was, welcher Kerl?" versuche ich ungeschickt der Beantwortung seiner Frage aus dem Weg zu gehen.
"Na, der Kerl aus deinem Zimmer. Der sich splitter faser Nackt im Bad versteckt hat."
"Im Kleiderschrank." korrigiere ich ihn auf meine blöde Klugscheißerart und bereuhe es sogleich. Wieso habe ich ihm das bitte gesagt? Das war absolut unnötig.
Chester kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Ein lautes Auflachen. Freundlich.
"Im Schrank? Da hast du dir aber einen altmodischen Kauz an Land gezogen." zieht er mich auf. Ich blicke weiter Starr auf das brodelnde Wasser und reibe nervös meine Zehenspitzen aneinander.
"Komm schon, sag es mir. Wer war es?" fragt er nun wieder.
"Das kann ich dir nicht sagen." antworte ich und hoffe, dass er nicht weiter darauf herum reitet. Doch Chester ist ein sehr hartnäckiger Kerl.
"Komm schon! Ist es Jemand aus der Firma? Es muss jemand aus der Firma sein!"
"Chester, ich darf es dir wirklich nicht sagen." versuche ich es weiter.
"Kenne ich den oder ist er aus einem anderen Abteil? Ist er vielleicht ein Vorgesetzter? Oh mein Gott, Charlie - knallst du einen der Partner?!"
"Ich werde jetzt rauf in mein Zimmer gehen." wimmel ich ihn ab und steige sogleich aus dem Jaccuzi.
"Und was ist mit dem Alk? Den kann ich niemals alleine austrinken!"
"Ich glaube das schaffst du schon." verabschiede ich mich, hänge mir mein Handtuch über die Schultern nachdem ich mich ein wenig abgetrocknet hab und laufe richtung Hoteleingang.


Zu dieser Uhrzeit läuft hier keine Menschenseele mehr herum. Nur noch die Frau am Empfangsschalter sitzt gemütlich an ihrem Arbeitsplatz und liest ein Buch. Sie blickt nicht einmal auf, als ich in bloßer Badehose - also fast nackt und patschnass - an ihr vorbei laufe. Schließlich gelange ich auch ohne große Hindernisse in den Fahrstuhl. Die eintönige Musik erklingt und der Kasten bewegt sich. Als ich dann in meinem Stockwerk ankomme, öffnen sich die Türen und ich erblicke den breiten Flur mit dem edlen, blauen Teppich auf dem Boden und den schönen, alten schwarz-weiß-Fotos an den Wänden.
Die müssen einen talentierten Innenarchitekten gehabt haben.

Schließlich komme ich vor meiner Zimmertür an und gerade, als ich meine Schlüsselkarte aus der Hose zücken will, kommt mir ein Gedanke. Alexander. Und der unbefriedigende Abschied, den wir vorhin hatten.
Ich beschließe also völlig spontan und ohne richtigen Plan, zu seinem Zimmer zu gehen. Vorsichtshalber schaue ich noch einmal nach rechts und links, bevor ich dann meine Faust hebe und an seine Holztür klopfe. Es dauert einige Sekunden, bis sich die Türklinke senkt und Alexander mir die Tür öffnet.
"Charlie." begrüß er mich, mehr oder minder. Er scheint überrascht zu sein, vor allem als er mich mustert.
"Darf ich rein kommen?" frage ich ohne großes drum herum reden. Er lehnt sich ein wenig vor, um auch noch einmal den Flur zu überprüfen - als ob ich da nicht dran gedacht hätte - und lässt mich dann nach Sicherstellung, das uns auch bloß keiner sieht, herein.

Sein Zimmer ist fast doppelt so groß wie meines. Er besitzt einen noch größeren Karmin, seidene Gardinen und einen Balkon, der so weit ist wie das Zimmer selbst. Du kannst von überall auf die Stadt hinabblicken. Es ist beneidenswert schön.
"Alles ok?" unterbricht Alexander die kurze Stille. Er setzt sich vor mich aus's Bett und sieht mich erwartungsvoll an.
Vielleicht hätte ich mir doch überlegen sollen, warum ich hier her wollte.
"Ja, mir geht's gut." antworte ich und komme ihm gerade soweit näher, das ich einem Reflex nachgeben, meine Hand heben und auf seine Wange legen kann. Warum ich das tue, weiß ich nicht. Das habe ich noch nie getan - vor allem nicht bei Alex. Aber ich hatte auf einmal dieses Verlangen danach, ihm diese Gestik zu schenken. Ich fahre mit dem Daumen über seine glatte Haut und sehe etwas in seinen blauen Augen aufblitzen, als ich mich schließlich zu ihm runter beuge und meine angefeuchteten Lippen auf seine lege. Unser Kuss ist zart und weich und ich komm nicht umher, auch meine zweite Hand an seiner Wange zu platzieren. Automatisch rücken wür näher aneinander, als der Kuss länger zu dauern scheint, als ich eigentlich geplant hatte.

Nur kurz kann ich mich dazu winden, von ihm abzulassen und sehe ihm geradewegs in die Augen.
"Ich will bei dir schlafen." sage ich schließlich. Ich glaube das ist der Grund, warum ich hier her gekommen bin.
"Charlie, ich-"
"Nur ein mal." unterbreche ich ihn.
"Nur ein mal will ich neben dir einschlafen und auch wieder neben dir aufwachen. Nur eine Nacht möchte ich mich wie dein Freund fühlen und nicht, wie dein Geliebter." sage ich ohne nur für eine Millisekunde meinen Blick von ihm abzuwenden. Er zögert und sieht zwischen meinen Augen hin und her. Ich spüre, wie seine Wangen warm werden.
"Bitte." füge ich noch hinzu. Ich höre Alex die Luft einziehen und anhalten, bevor er den Abstand zwischen uns füllt und meine Lippen auffängt. Seine warme Haut schmiegt sich an meine und ich spüre seine Zunge, die sich ihren Weg in meinen Mund anbahnt. Ich lasse mich auf den tiefen Kuss ein und falle kurz darauf auch schon über ihn her. Gemeinsam fallen wir nach hinten, er dreht mich auf den Rücken und der ersehnte Kuss verwandelt sich in eine Welle - eine Lavine der Lust.

Es ist nicht lange her, als ich es das letzte Mal spürte, doch wie sehr ich es vermisst habe macht sich bemerkt, als sich eine Beule in meiner Mitte bildet, auf der er sein Gewicht stützt.

Grob und sanft zugleich fährt er mir über meine nackte Haut und sein stockender Atem, der bereits jetzt schwer und füllig scheint, streicht warm über die kalte Haut meines Nackens.

Bevor er jedoch dem nachgehen kann, was er vor hat, ergreife ich die Kontrolle. Jetzt bin ich dran.
Auf meiner Hand stützend, drücke ich mich nach oben und schubse ihn zur Seite um kurz darauf meinen Körper auf seinen zu legen. Ein Funken in seinen Augen verrät die Überraschung, die er empfindet, als ich meine Beine spreize und mich auf ihn setze. Mit gebeugtem Rücken lehne ich mich zu ihm nach unten und streiche seine Wange mit meiner Hand, während meine Lippen sein Ohrläppchen massieren - eine Geste, die ihn völlig verrückt macht.

"Charlie" haucht er meinen Namen doch ich verbiete seinen Mund mit einem Kuss, während meine Finger an seinem Hosenbund hantieren. Wir beide hören das so laut erscheinende Geräusch des Reisverschlusses, als ich seine Hose langsam öffne und die Stimmung sich langsam aufstaut. Die Lust.

Wir achten gar nicht auf mögliche Risiken wie ein fehlendes Kondom oder die Tür, die nicht abgeschlossen ist - wir lassen uns einfach gehen denn nichts wäre unerträglicher als der plötzliche Verlust, wenn sich unsere Körper voneinander trennen.
Ich will ihn jetzt sofort und er will mich auch.

Als wäre ich immernoch im Jacuzzi, spüre ich quasi den Damp des heißen, blubbernden Wassers und die aufkommende Hitze die meinen eigentlich kalten Körper umgiebt.
Die raue Hand des Mannes unter mir, der jede meiner Berührungen so sehr genießt, wie ich selbst, legt sich in das kurze, braune Haar meines Nackens und drückt mich noch fester an seine Lippen, als sei es das Letzte, was er tue.

Ich liebe ihn so sehr.

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