Kapitel 10

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Natürlich zog ich auf den Fluren alle Blicke auf mich. Jeder einzelne verdammte Blick durchbohrte mich. Es war, als würde die Zeit stehen bleiben und ich in Zeitlupe über den Gang laufen und alle, wirklich alle, drehten sich zu mir um. Wie in diesen doofen Teenie Filmen. Jetzt würde nur noch der unglaublich heiße Typ fehlen, der sich auf der Stelle in mich verliebte. So war es zumindest in den Filmen immer. Dort lief immer ein neues Mädchen den Gang entlang, die Haare wehen in dem nicht vorhandenen Wind und der Typ schaute ihr genau in dem Moment in die Augen und verliebte sich unsterblich. Oder aber, es legte das Mädchen einmal auf die Schnauze und alle Umstehenden lachten über sie. Das wäre bei meiner Tollpatschigkeit wohl deutlich wahrscheinlicher. Die Vorstellung mit dem heißen Typen gefiel mir persönlich aber deutlich besser.

Glücklicherweise geschah weder das eine, noch das andere. Wobei das zweite hätte ruhig passieren können. Nachdem ich also die Hälfte des Ganges hinter mir hatte und noch immer nichts Spektakuläres passiert war, wurde ich für die anderen wieder uninteressant und sie wandten sich erneut ihrer unterbrochenen Tätigkeit zu.

So war es mir aber auch am Liebsten. Ich wollte wirklich nicht unnötig Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Das würde bei meinem Talent für Missgeschicke noch früh genug kommen. Oder, wenn auch hier ein Lehrer mich als sein neues Opfer auserkoren hatte. Da war ich doch ganz froh, dass ich zumindest erst einmal so ziemlich unbeachtet meines Weges gehen konnte.

Als Matt mir das Sekretariat zeigte, erkannte ich, was sein Ziel gewesen war. Ich hatte mich schon die ganze Zeit über gewundert, warum wir an allen offenstehenden Klassenzimmern einfach vorbei gelaufen waren. Matt hielt mir die Tür auf, ich ging zur Sekretärin und versuchte mich als neue Schülerin anzumelden. Dies erwies sich allerdings deutlich schwieriger als gedacht. Die Dame hinter dem PC wollte nicht einfach so mal eine neue Schülerin aufnehmen. Schon gar nicht, wenn keine Erziehungsberechtigten dabei waren.

„Wie war nochmal der Name?" fragte mich die gelangweilte Sekretärin nun schon zum fünften Mal und tippte irgendetwas in ihrem Computer ein.

Sie war immer noch auf der Suche nach einer Mitteilung, dass ich heute kommen würde, um meinen Stundenplan abzuholen. Ich hatte ihr schon mehrfach versucht zu erklären, dass das nirgends stehen würde, da ich mich nicht vorher angemeldet hatte.

„Lola Sunset", sagte ich nun überdeutlich zum wiederholten Male und wurde so langsam ungeduldig.

„Und sie kommen aus London?", fragte die Dame, ohne aufzublicken.

„Nein, ich komme aus Manchester!", antwortete ich genervt. War das denn so schwer zu verstehen? Das alles hatte ich ihr schon mehrfach erzählt. Aber sie wollte es immer und immer wieder hören.

„Und warum kommen sie plötzlich mitten im Schuljahr nach Mystic Falls?", stellte sie nun zum ersten Mal eine Frage, die sie zuvor noch nicht ausgesprochen hatte.

Ich überlegte fieberhaft. Ich hatte gehofft, dass sie mir diese Frage nie stellen würde. Das war eine Frage, die ich nicht so leicht beantworten konnte. Und im Lügen war ich meistens sowieso mehr schlecht, als recht, weswegen das auch nicht in Frage kam. Aber irgendetwas musste ich mir schnell einfallen lassen, sonst würde sie sicherlich misstrauisch werden und mich erst recht nicht in ihr System aufnehmen. Ich begann unbewusst mit dem Fuß zu wippen, während ich weiter nachdachte. Da eilte mir Matt zu Hilfe.

„Sie ist meine Cousine und ihre Eltern haben sie hierher geschickt, weil sie kurzfristig auf eine spontane Geschäftsreise müssen und Lola nicht allein zu Hause lassen wollten. Sie haben gedacht, das würde alles kein Problem sein, sonst hätten sie meiner Cousine bestimmt ein Schreiben mitgegeben.", antwortete er also an meiner Stelle.

Dankbar lächelte ich ihn an und er zwinkerte mir verschwörerisch zu. Endlich schien die Sekretärin zufrieden zu sein. Sie überreichte mir noch gefühlte hundert Formulare, die ich meine Eltern oder wenn es gar nicht anders möglich war Matts Eltern, in ihrem Glauben meine Tante und mein Onkel, unterschreiben lassen sollte. Ich nickte ungeduldig und riss ihr die Blätter regelrecht aus der Hand, während meine Finger unaufhörlich auf dem Tresen trommelten. Als sie mir endlich alles erklärt und mir meinen Stundenplan überreicht hatte, waren wir endlich fertig im Sekretariat. Gemeinsam mit Matt verschwand ich eilig aus dem kleinen fensterlosen Raum.

A night in Mystic Falls ( The Vampire Diaries FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt