Kapitel 19

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Wir hatten noch eine ganze Weile so dagesessen. Stumm. Teetrinkend. Alles stimmte in diesem Moment einfach. Ich hatte mich in seinen Armen wohlgefühlt und er hatte keine Fragen mehr gestellt. Doch irgendwann war ich einfach zu müde geworden. Hatte kaum noch meine Augen offen halten können. Immer waren mir die Augen zugefallen und einige Sekunden später war ich aus meinen Sekundenschlaf wieder hoch geschreckt. Da hatte Matt mich wieder hochgenommen und ins Bett getragen. Dort hatte er mich sanft abgelegt, mich zugedeckt und mir vorsichtig über die Haare gestrichen, bis ich eingeschlafen war. Jedoch hatte ich das nur noch am Rande mitbekommen. Ich war schon fast im Land der Träume gewesen.

Jetzt, am nächsten Morgen, stand ich vor dem Spiegel und betrachtete mich selbst lange. Ich fühlte mich irgendwie fremd. Mein Spiegelbild war mir fremd. Es war, als würde ich nicht mich, sondern irgendjemand anschauen. Ein Mädchen, das mir vielleicht äußerlich glich, doch trotzdem anders aussah. Ich wusste nicht einmal genau, was der Unterschied sein sollte. Doch es fühlte sich einfach anders an. Vielleicht lag es dran, dass ich gestorben und wieder auferstanden war. Vielleicht lag es aber auch daran, was meine Grandma mir über mich erzählt hatte. Das hatte mein komplettes Weltbild irgendwie verändert. Und somit ja auch mich selbst.

Ich wandte mich ab. Wollte das Mädchen in dem Spiegel nicht mehr sehen. Wollte nicht mehr darüber nachgrübeln, was anders war. Wollte die Veränderung nicht auf mich selbst übertragen. Auch, wenn ich irgendwie schon wusste, dass ich mich verändert hatte.

Müde schlurfte ich in die Küche. Dort wartete schon Matt mit einem Tee auf mich. Ich lächelte ihn an. Sofort fühlte ich mich wieder behaglich. Seine Anwesenheit veränderte etwas in mir. Etwas, dass ich nicht genau benennen konnte. Ich fühlte mich wie zu Hause. Eine innere Wärme breitete sich in mir aus. Er war der einzige, der mich zur Ruhe bringen konnte. Der mir Sicherheit bot.

„Morgen", murmelte ich ihm zu.

Er erwiderte meinen Gruß lächelnd und streckte mir die Tasse entgegen. Als ich sie nahm, berührten sich unsere Hände wie zufällig. Ein Kribbeln breitete sich über meine Haut, von der Stelle aus, an der er mich berührt hatte.

„Ich muss in die Schule. Bleib bitte hier. Niemand darf wissen, dass du wieder lebst. Wir müssen es geheim halten", sagte Matt, während er den Reisverschluss seines Rucksacks zu zog.

„Warum?", war meine einzige Antwort.

Ich wollte nicht zu Hause sein. Ich fühlte mich schon jetzt eingesperrt. Ich war einfach ein Mensch, der Freiheit brauchte und ich mochte es nicht, wenn jemand versuchte mir Vorschriften zu machen. Ich wollte einfach kein Vogel im Käfig sein. Ich wollte nicht dressiert sein, wie ein Zirkuspferd. Ich wollte meine eigenen Entscheidungen treffen. Und schließlich war ich ja auch nicht sein Haustier.

Er zuckte die Schultern. Wusste es wohl selbst nicht so genau. Wich mir aus. Ich wollte schon mit einer Schimpftirade beginnen. Wollte ihm meine Meinung geigen und ihm sagen, dass ich selbst entscheiden würde, was ich machte und was nicht. Und, dass ich mit ihm in die Schule gehen würde. Doch er kam mir zuvor. Hatte wohl meinen Gesichtsausdruck richtig gedeutet.

„Vertrau mir einfach. Es ist besser so. Wenn Damon erfährt, dass du noch lebst, wird er dich nur wieder töten. Und Klaus wird auch nur unnötig Fragen stellen. So wie alle anderen auch. Außerdem, wie willst du es den Leuten erklären, dass du über eine Woche tot warst? Meinst du, sie lassen sich so leicht abspeisen, wie ich? Meinst du, sie sind mit der Antwort, dass du es nicht sagen darfst, zufrieden?"

Ich seufzte. Es klang einleuchtend, er hatte Recht. Zudem regte sich mein schlechtes Gewissen. Mein schlechtes Gewissen, weil er mir half und für mich da war und ich ihm im Gegenzug gar nichts erzählte. Das musste auf ihn wirken, als würde ich ihm nicht vertrauen. Aber das tat ich. So gerne hätte ich ihm das bewiesen, indem ich ihm die Wahrheit gesagt hätte.

A night in Mystic Falls ( The Vampire Diaries FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt