XLV. Sein wahres Gesicht

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Claires Sicht:


Langsam atmete ich wieder aus. Irgendwie hatte ich mir angewöhnt meine Atemzüge gleichmäßig einzuteilen, sodass sie die gleichen Längen und die gleichen Pausen besaßen. Immer wieder sagte ich mir, dass alles bald vorbei sei, dass es nur noch Minuten sein würden, bevor wir auf dem Schiff sitzen und nach Hause fahren könnten. Die Vorfreude auf mein Zuhause war so groß, dass ich kaum stillsitzen konnte.

Zach zischte neben mir und rieb sich daraufhin seine Rippen. Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine Schulter, um ihn zu stützen und erschaute mich dankbar an. Ich zermalmte mir den Kopf darüber, was er gesehen und erlebt hatte, doch ich war mir sicher, dass ich ihm lieber Zeit geben sollte. Vielleicht wollte er nicht einmal darüber reden.

Al sder Indominus tief die Waldluft durch seine Nüstern zog, zuckte ich zusammen und mit mir auch Zach. Es schien so, als wäre meine Angst und das dauernde Erschrecken ansteckend. Meine Haare wurden herumgewirbelt, als ein Schwall warmer, faulriechender Atem neben uns ausgestoßen wurde. Ich verzog das Gesicht und Zach drehte den Kopf weg, als würde ihm durch den Geruch übel werden. Einerseits war ich froh, dass Owen gegangen war, doch ich selbst hätte es auch hinbekommen. Ich fühlte mich seltsamer Weise neben dem Indominus sicher und ich war auch froh, dass Blue mit Owen gegangen war, doch noch immer versetzte mich dieser Gedanke, so nah an einem fleischfressenden Dinosaurier zu sein, in Aufruhr.

Über uns ließ der Wind die Baumkronen erzittern und einzelne Blätter sanken langsam um uns herum zu Boden. Eine Gänsehaut legte sich über meine Arme, doch ich wusste nicht, ob sie durch die plötzliche Kälte oder durch meine Angst und den unterdrückten Drang zu laufen kam.

Zach zischte leise neben mir auf. Ich schaute ihn an, doch er schien meinen Blick nicht einmal mitzubekommen. Das Loch, welches in seinem einen Hosenbein klaffte, entblößte sein verletztes Knie. Es war jedoch zu dunkel, als hätte ich sehen können, ob es anschwoll. Trotzdem war ich mir ziemlich sicher, dass sein Knie weitaus mehr Schaden genommen hatte, als wir befürchtet haben.

In der Ferne hörte ich auf einmal das tiefe Brummen und Knattern eines anscheinend beschädigten Motors. Das musste Owen sein! Die Erleichterung ließ mich lange ausatmen. Langsam blickte ich wieder zu Zach herüber, der auf dem Waldboden saß wie ein nasser Sack. Auch sein Kopf hob sich, als er das Fahrzeug wahrnahm. Seine Konturen blieben jedoch im Schatten der Bäume verborgen. Wieder sog der Indominus neben uns die Luft ein und gab dabei ein kratziges Geräusch von sich, was mir noch eine größere Gänsehaut verpasste. Seine Laute erinnerten mich an das Kratzen auf einer Tafel und schon damals habe ich es gehasst. Doch als seine riesigen Nüstern sich wieder öffneten, um auszuatmen, begann er zu knurren.

Der Boden unter unseren Füßen begann zu vibrieren, als die Kreatur sich aufrichtete. Äste knackten, Bäume wurden zur Seite gedrückt. Im Schatten wirkte der Fleischfressender noch größer und ich zog automatisch den Kopf ein. Das wenige Licht wurde von seinen klaren, großen Augen reflektiert, als er sich langsam in Bewegung setzte. Noch immer drang ein hasserfülltes Knurren aus seinem Rachen. Als er über uns stand, wurde er mit einem Mal still.

In der Ferne hörten wir mit einem Mal quietschende Reifen. Man konnte genau mitverfolgen, dass der Wagen gerade eine Vollbremsung hingelegt hatte und ich rutschte unruhig am Boden herum. Zach schaute mich von der Seite aus an. Langsam rutschte er näher an mich heran und legte seinen Arm um meine Schulter.

„Man hat es nicht knallen hören", sagte er leise zu mir. „Er ist also nirgends gegen gefahren."

Am liebsten hätte ich ihn für seine aufmunternden Worte gedankt und mich danach erleichtert gegen ihn gelehnt, doch nun saß ich wie erstarrt auf dem Waldboden unter einem Dinosaurier und wartete darauf, dass ich den Motor wieder aufheulen hörte.

Devil | After Jurassic WorldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt