The more, the merrier!

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Sie hatten nicht wirklich erwartet, Esmeralda eines Tages sturzbetrunken zu sehen, aber es waren schon seltsamere Dinge auf diesem Schiff passiert. Vielleicht fühlte sie sich nach dieser langen Überfahrt endlich als echtes Mitglied der Crew, vielleicht war das ihre Art, sich mit den Männern vertraut zu machen. Was es auch war, Francis fand es großartig. Die Tatsache, das er selbst schon ordentlich einen sitzen hatten, trug nur zu seinem eigenen Amüsement bei. Mit was er allerdings nicht gerechnet hatte, war eine sehr persönliche Frage. Esmeralda war immer etwas distanziert, auch wenn sie aufmerksam beobachtete und vermutlich längst die nötigen Schlüsse gezogen hatte.
Ihre Worte kamen undeutlich und unterbrochen von einem nicht ganz so damenhaften Hicksen, wurde aber mit all dem Ernst vorgetragen, den eine betrunkene Frau hineinlegen konnte.

"Also, Käpt'n... Francis... Wie auch immer... Ich will das jetzt wissen. Du und Jesse, wann habt ihr denn... also *hicks* wann war denn das erste Mal, dass ihr-" und jetzt machte sie wacklige Anführungszeichen mit ihren Finger "zusammen wart. Also, ich meine..."

Sie unterbrach sich und sah zu seinem Maat, der neben ihm saß. Immer an seiner Seite, naja, außer er war unter...

"Du weißt schon, was ich meine, oder? Das ist ja jetzt kein Geheimnis, nicht? Ich bin ja nicht blöd, all dieses Anfassen und... und aneinander rumgeknabber... Wann war denn das erste Mal, dass du seinen..."

Francis räusperte sich, laut und vernehmlich, und fühlte wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Er war wirklich zu angeschickert, um auf die Schnelle eine kluge Antwort zu formulieren. Er öffnete den Mund, aber es kam nichts vernünftiges heraus. Und war das etwa ein Kichern neben ihm? Verdammt, diese kleine Ratte schien sein Unbehagen zu genießen! Es war ja auch nicht sein Ruf, um den es hier ging. ER hatte nichts, für das er sich schämen musste.

Esmeraldas Blick wanderte hilfesuchend zu Jesse.

"Er versteht mich schon, oder? Ich will doch nur wissen..."

"Meine liebe Esmeralda, meine liebe mörderische Krähe," antwortete dieser, mit einem Grinsen in der Stimme, "gehe ich recht in der Annahme, du möchtest wissen, wann und wie mich unser großer Anführer hier das erste mal gefickt hat. Denkst du nicht, das ist eine etwas zu persönliche Frage?"

Francis wollte im Erdboden versinken, oder irgendwo auf den Meeresgrund. Man konnte sich wohl immer darauf verlassen, dass Jesse kein Blatt vor den Mund nehmen würde. Mit zunehmendem Alkoholgehalt erst recht. Aber er würde doch nicht... Oder? Er bedeckte sein Gesicht mit den Händen und stöhnte schmerzerfüllt auf.

"Jesse, bitte. Blamier mich nicht vor der ganzen Crew."

"Ach, komm schon. Die kennen die Geschichte doch alle, die meisten waren sogar dabei. Und nebenbei werden sich die wenigsten morgen früh daran erinnern. Aber wenn du die reine Wahrheit wissen willst, Esmeralda, dann musst du uns beiden zuhören. Es begann nämlich alles mit einem großen Missverständnis...

Es war einmal, vor langer Zeit, ein famoser junger Piratenkapitän. Er war stark und mutig im Kampf, freundlich und gerecht zu seiner Mannschaft und, wenn ich das sagen darf, verdammt gutaussehend. Aber obwohl er ein leidenschaftlicher und feuriger Anführer war, fehlte es ihm an, ähm, Erfahrung was andere Dinge betraf-"

"Warte, er war noch Jungfrau?"

"Nein!" heulte Francis mit glühenden Ohren.

"Nein." lächelte Jesse.
"Naja, nicht rein technisch gesehen. Nicht im üblichen Sinne. Wo war ich? Dieser Piratenkapitän also, der hatte einen ersten Maat und irgendwann nach einiger Zeit, als sein Herz schon längst verloren war, entschied sein Körper die Sache zu übernehmen, weil sein Kopf so weit hinterher war und nicht merkte, dass ein Maat eben manchmal mehr ist als nur ein Untergebener und eines Nachts in einer stillen Ecke an Deck..."

Francis trat zu, nicht hart, aber hart genug, um ihn zum Schweigen zu bringen.

"Vielleicht solltest du jetzt mal die Klappe halten und mich die Geschichte ordentlich erzählen lassen.

Es war einmal, vor langer Zeit, eben dieser erste Maat. Er war ein hinterhältiger kleiner Kobold und eines Nachts füllte er seinen Käpt'n so voll Rum, dass dieser kaum mehr klar denken konnte. Er war völlig hilflos, beeinflussbar, ein leichtes Opfer. Und dann fing er an, ihn anzulachen und mit seinen wunderschönen Wimpern zu klimpern und verführte diesen armen Mann so gründlich, dass er keine anderen Wahl mehr hatte, als... Autsch!"

Jesse konnte auch treten. Sie sahen sich an und fingen beide an zu kichern und Esmeralda schaute ratlos von einem zum anderen. Komplett verrückt, alle beide.

Und so wie das meistens ist mit solchen Dingen lag die Wahrheit irgendwo dazwischen.

Woher wir kamen (Piratenblut 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt