Eine Reise in die Vergangenheit

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Irgendwann fand auch der feuchtfröhlichste Abend sein Ende. Überall auf dem Schiff lagen schnarchende Männer, die der Alkohol an Ort und Stelle überwältigt hatte, und eine Frau, die es zumindest noch ein Deck tiefer in ihre eigene Hängematte geschafft hatte. Sie hatten viel gelacht an diesem Abend und je ausgelassener die Stimmung wurde, desto frivoler wurden die Geschichten, die erzählt wurden.

Esmeralda bekam mehr als einmal heiβe Ohren und war sich nicht immer sicher, ob die Erzählungen jetzt der Wahrheit entsprachen oder nur ihr zuliebe so blumig ausgeschmückt wurden. Und sobald die Rede auf Meerjungfrauen und liebestolle Delphine kam, entschloss sie sich, nun doch schlafen zu gehen, bevor ihr Schamgefühl ernsthaft bedroht wurde.
In den paar Minuten zwischen Wachen und Wegdämmern, zog sie noch einmal die Stirn kraus. Diese beiden kosteten sie noch den letzten Nerv. Alles musste man ihnen aus der Nase ziehen. Aber irgendwann würde sie das schon herausfinden, so peinlich konnte diese Geschichte doch nicht sein.

Jesse und Francis hatten es nicht zurück in die Kajüte geschafft. Wieso auch? Das Wetter war warm, die Planken mit genug Rum intus erstaunlich gemütlich und es stärkte bestimmt das, ähm, Gemeinschaftsgefühl der Crew. Sie hatten es sich an der Wand neben der Treppe zum Achterdeck gemütlich gemacht und teilten sich die letzte Flasche Rum. Die meisten Männer waren schon eingeschlafen oder sangen noch leise vor sich hin. Hier und da hörte man ein Schnaufen und Stöhnen aus den Schatten, wo sich einige Crewmitglieder trotz benebelten Hirnen noch vergnügen konnten. Über dieses Stadium war Francis längst hinaus.

Nach all den Wochen auf See hatte er es wirklich, wirklich genossen, einmal nicht über Nachtwachen und Kommandodienste nachdenken zu müssen. In Tortuga waren sie so sicher, wie sie es jemals sein würden und diese Gelegenheit, ihre Freiheit zu feiern, hatte er zu gerne ausgenutzt.

Francis saβ mit dem Rücken zur Wand, nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche und seufzte. Das wahre Leben. Hier und jetzt.
Jesse grabschte nach der Flasche und als Francis sie zu hoch hielt, außerhalb seiner Reichweite, lies er sich einfach zur Seite fallen und kam mit dem Kopf in Francis Schoβ zu liegen. Noch einmal hob er die Hand, aber seine Energie verlieβ ihn schnell.

"Ach komm, das machst du doch mit Absicht." grummelte der Maat vor sich hin. Weil er den Arm einfach nicht höher heben konnte, fasste er nach dem, was er gerade so erreichen konnte und das war Francis Hemd.

"Hey, du kleine Ratte! Es ist eh nichts mehr da und ich glaube, du hast wirklich genug."

"Ja? Habe ich?"
Jesse drehte sich leicht und drückte sein Gesicht gegen Francis Bauch. Mit der freien Hand fuhr er unter den lockeren Stoff und streichelte über die nackte Haut, der er dort fand.
"Genug von was?"

Francis spürte die Gänsehaut über seinen Körper kriechen, als Jesse ganz schnell die Stellen fand, die normalerweise eine sofortige Reaktion auslösten. Er seufzte wieder und fuhr seinem Maat durch die schwarzen Haare. Vielleicht war er doch nicht so betrunken, wie er dachte. Ein paar Minuten konnte er sicher noch wachbleiben.

Er spürte Jesses Lippen auf seiner Haut und ruckte unwillkürlich mit den Hüften, um ihn ein bisschen tiefer zu schubsen, dort wo er ihn jetzt eigentlich viel lieber haben wollte, zumindest solange er die Augen noch offenhalten konnte.

Jesses Bewegungen wurden mit einem Mal langsamer und gerade als Francis ungeduldig wurde, hörte er leises Schnarchen.

Nicht zu fassen.

Bevor er selbst die Augen schloss und in die wohlige Dunkelheit abtauchte, wanderten seine Gedanken zurück zu dem, was sie einer sehr neugierigen Esmeralda heute abend erzählt hatte. Oder besser gesagt, nicht erzählt hatten.

Woher wir kamen (Piratenblut 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt