Das Leben und das Kaperglück waren sehr großzügig mit ihnen. Die Karte war ein echtes Geschenk und da Morgan stets die letzten Änderungen parat hatte, wenn sie ab und an in Tortuga einliefen, konnten auch die Versuche der Franzosen, ihrem Zugriff durch spontane Kurs- und Planänderungen zu entgehen, dem Erfolg keinen Abbruch tun. Francis fragte sich, wer dieser Informant wohl sein mochte und wieviel Gold diesem Menschen für seinen Verrat geboten wurde. Es musste ein verflixt gefährliches Spiel sein, dass dieser Mann (oder war es gar eine Frau?) trieb, aber ihm sollte es recht sein.
Auch von Henry kam jetzt eine offizielle Warnung, dass Frankreich selbst auf ihr Tun aufmerksam geworden war. Sie hatten einen Ermittler geschickt, einen gewissen Jacques Karvanté, der ihnen immer näher zu kommen drohte. Er, Francis, sollte äußerst vorsichtig sein und sich wirklich nur an die weitergegebenen Anweisungen halten, um einer Falle zu entgehen.
Als sie sich schließlich zum ersten Mal begegneten war es mehr dem Zufall, denn irgendeiner ausgefeilten Strategie des Franzosen geschuldet. Die Dragon war wieder einmal fündig geworden, hatte Beute gemacht und ein nur noch schwer manövrierfähiges Schiff zurückgelassen. Francis legte wert darauf, dass die anderen Seeleute zumindest eine Chance hatte zu überleben und diesmal waren sie gar nicht so weit entfernt vom nächsten Hafen über sie hergefallen. Das fremde Schiff trieb ruderlos auf den Wellen und die Dragon setzte gerade wieder Segel, als Matthew ein weiteres herankommendes Schiff meldete.
"Was ist es für eins? Noch ein Händler? Gemeldet war uns kein weiteres Schiff..."
"Ich weiß nicht, Käpt'n. Es ist auf jeden Fall eine französische Flagge, aber noch kann ich nicht viel erkennen."
"Bewaffnet?"
"Ähm... Warte..."Francis wurde ein bisschen nervös. Wenn das eine Patrouille war, sollten sie schleunigst die Beine in die Hand nehmen, sollte es ein weiteres Handelsschiff sein, nun, Platz war noch in den Laderäumen.
"Kanonen! Nicht viele, ich zähle drei auf dieser Seite. Welche Flagge sollen wir hissen, langsam sollten sie uns sehen können."
Verdammt.
"Frankreich. Mach schnell, vielleicht halten sie uns dann für den den dämlichen Kutter, den wir gerade zerlegt haben."
Das andere Schiff hielt direkt auf sie zu, wirkte allerdings schwerfällig und plump, als es gegen den Wind schnitt.
Francis klappte sein Fernrohr auf und spähte hindurch. Bald waren sie nahe genug, um etwas zu erkennen. Es sah nicht nach Marine aus, aber Händler waren es auch nicht. Er konnte bereits Gestalten erkennen, ein recht großer Mann in einem roten Mantel (wie extravagant...) stand direkt neben dem Steuermann. Er trug eine Perücke, hatte einen schwarzen Schnurrbart und sah alles in allem genauso aus wie der Mann, vor dem ihn Henry gewarnt hatte.
Ach, du Scheiße...
"Ich fürchte, wir haben hohen Besuch. Macht die Kanonen klar, die Mannschaft soll sich zum Gefecht bereithalten. Ich möchte das eigentlich vermeiden, aber im Falle des Falles pusten wir sie weg."
Jesse war neben ihn getreten und blinzelte in die Richtung des französischen Schiffes. Mit bloßem Auge war noch nicht viel zu erkennen, sehr beeindrucken sah es ja nicht aus.
"Wer ist das?"
"Das, mein lieber Freund, ist Marquis Karvanté."
"Ach, du Scheiße."
"Meine Rede..."
"Was tun wir?"
"Ganz elegant vorbeisegeln, einmal kurz winken und dann nix wie weg."
"Und wieso tun wir das nicht sofort, jeder Meter mehr bringt uns in Gefahr."Francis setzte das Fernrohr ab.
"Ich bin neugierig. Ich will ihn mir zumindest einmal kurz ansehen. Es sieht nicht so aus, als ob die Leute da drüben mit einem Kampf rechnen, noch scheinen sie uns unsere Tarnung abzunehmen."
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Woher wir kamen (Piratenblut 3)
RomanceIch bemühe mich um Handlung, aber eigentlich möchte ich die Jungs nur ein bisschen (miteinander) spielen lassen. ;) Da es sich offiziell um Backstory zu "Piratenblut" handelt, ist die Kenntnis von Teil eins und zwei nicht unbedingt erforderlich. W...