Ein Königreich für einen Plan

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Am Morgen war es ausnahmsweise Jesse, der als Erster erwachte. Er streckte sich lang aus, brauchte dann aber einen Moment, um sich zurechtzufinden. Wellengeplätscher im Ohr, rotblonde Haare im Gesicht und ein gemütlich vor sich hinschnaubender Kapitän neben ihm. Ja, das wahre Leben...

Nur war er irgendwie ziemlich nackt und hatte Sand in quasi jeder Körperfalte und sein Kopf war sich noch nicht sicher, ob aufwachen wirklich so eine gute Idee gewesen war. Er wurde wirklich Zeit, dass sie wieder lossegelten, diese Besäufnisse am Strand taten ihm gar nicht gut. Er rollte sich aus Francis Umarmung und watete ein paar Schritte in die Brandung hinein, um sich zumindest den gröbsten Dreck vom Körper zu waschen. Als wesentlich sauberer und frischer (aber immer noch nicht so ganz zufrieden mit seinem Zustand) wieder zurück kam, war Francis ebenfalls erwacht.

Er sah gähnend zu ihm herüber, die Decke hatte sich um seine Hüften und Beine gewickelt. Seine Haare waren genauso schmutzig wie die von Jesse und standen in alle Richtungen ab. Und trotzdem machte Jesses Herz einen Sprung, als sich ihre Blicke trafen.

Himmel, mich hat es wirklich schwer erwischt, wenn mich so ein verschlafenes, klebriges Bündel Mann schon so durcheinanderbringt.

"Na, auch eine harte Nacht gehabt?"
"Muss wohl. Ist irgendwas passiert, an das ich mich erinnern sollte?"
Jesse grinste. "Nicht, dass ich wüsste, aber das heißt nichts."
"Mmmmm... Hier schläft noch alles. Komm doch wieder her..."

Dieser Aufforderung folgte er nur zu gerne. Jesse lüpfte die Decke ein Stück und stellte fest, das Francis gestern Abend auch nicht viel von Kleidung gehalten hatte. Die Stellen, die normalerweise von Stoff bedeckt waren, leuchteten fast, so hell war seine Haut. Und die Sommersprossen, die Francis auf der Nase hatte, setzten sich auch hier fort. Rechts über der Hüfte bildeten sie einen unregelmäßigen Kreis, ein bisschen wie eine gepunktete Spirale. Oder, wenn man den Kopf ein bisschen schrägt legte, wie ein zusammengerollter Drache.

Seine Finger drehten sich in dieser Spirale und wanderten dann über Francis Bauch zu seinem Bauchnabel und zu der scharfen Linie an seiner Taille, wo die blasse Haut auf einmal dunkler und viel weniger weich wurde. Francis kicherte ein bisschen.

"Sag mal, was machst du da eigentlich?"
"Ich weiß nicht... Du bist schon ziemlich niedlich, du kleiner Engländer."
"Ich bin nicht niedlich!"
"Nein, nicht überall. Aber hier schon."

Damit beugte Jesse sich vor und hauchte einen Kuss auf die gepunktete Stelle. Seine Zunge kitzelte gewaltig und Francis hatte alle Mühe, sich ruhig zu halten. Jesse küsste seinen Weg über Bauchnabel, Rippen und Hals, bis er schließlich quer über Francis lag und das Gesicht an seinem Hals vergrub. Jesse griff sich die Decke und zog sie über sie beide und nach ein bisschen ruckeln und dem Sortieren von Armen und Beinen lagen sie wieder aneinandergekuschelt wie zuvor und mit einem Seufzer schloß Jesse die Augen. Ja, so konnte es bleiben.

Das nächsten Tagen verstrichen mit süßem Nichtstun, nur ein wenig unterbrochen von Ausbesserungsarbeiten am Schiff, ein paar Ausflügen ins Landesinnere und - im Falle von Francis und Jesse - ausgedehnten Forschungsreisen im Bett des Kapitäns oder wo auch immer sie gerade waren. Jesse schien es mit Fleiß darauf anzulegen, Francis an nur mäßig versteckten Orten mit seinen Bedürfnissen zu überfallen, gerade so, als würde er genau das genießen.

Dennoch fand Francis genug Zeit, um Morgans Karte ausgiebig zu studieren und er plante ihre nächsten Raubzüge in der Gewissheit, reiche Beute machen zu können. Als sie endlich aus ihrer Trägheit erwachten und es Zeit wurde, diese Pläne in die Tat umzusetzen, war die komplette Mannschaft begierig auf neue Abenteuer und Reichtum. Das sorglose Leben war doch auf Dauer nichts für sie.

Die Dragon tobte durch die Karibik wie ein lebhaftiger Drache und war wie durch Zauberhand immer genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Der Bauch dieses Drachen füllte sich mit allerlei Reichtümern und auch wenn Francis wusste, dass ein guter Teil dieser Beute Tortuga bzw Henry Morgan als Gegenleistung für die Karte zufiel, der restliche Anteil würde ihnen am Ende viel Freude machen.

Woher wir kamen (Piratenblut 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt