Back in Town

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"Was hast dazu zu sagen, Esmeralda?"

Na endlich, er war wieder da. Wie hatte sie diese Stimme vermisst, diesen verkniffenen Gesichtsausdruck und diese unglaublich liebevolle Art, mit der er sie auf ihre vermeintlichen Fehltritte hinwies. Der Frieden hätte ruhig noch ein wenig länger dauern können.

„Das ist ein Experiment."

„Ach wirklich. Es riecht ziemlich eindeutig und ich kann mich erinnern, dass ich dir verboten hatte, mit Giften herumzuspielen, die du nicht kennst."

Esmeralda zählte. Innerlich. Bis zehn. Und dann beschloss sie, dass die Freiheit der letzten Wochen zu schön gewesen war, um sie je wieder aufzugeben.

„Ich kenne diese Gift. Genauso wie ich noch viele andere kenne. Du hast mir viel beigebracht, aber deine Ausbildung war nicht genug."

„Wie bitte?!"

Esmeralda seufzte. „Für meine Zwecke reichen deine Tricks nicht, aber ich habe mir beholfen. Es ist recht erstaunlich, was Apotheker erzählen, wenn man sie reden lässt und was sich in Bücher findet, wenn man weiß, was man sucht."

„Und auch wenn ich diese Frage bereuen werde, wofür genau brauchst du dieses ganz spezielle Fachwissen?"

„Das musst du fragen? Hast du noch nichts von der Morrigan gehört?"

Karvanté schwieg und musterte sie scharf. „Ah so. Ich verstehe."

Und jetzt ? Eine Explosion? Eine Züchtigung? Nicht dass sie Angst vor ihm gehabt hätte, jetzt nicht mehr, aber sie hatte sich oft genug ausgemalt, wie er reagieren würde. Diese schweigsame Missbilligung hatte sie nicht erwartete.

„Schön, dass du endlich den Mumm hast, es mir zu erzählen. Ich dachte schon, du willst dich ewig verstecken."

Jetzt war es an ihr zu schweigen. Verdammt. Oder bluffte er nur?

„Ich denke, ich kann dir dann auch ganz offiziell das Labor im Keller überlassen ja? Dann musst du dein Material auch nicht mehr im Schrank verstecken und kannst wesentlich effektiver und sicherer arbeiten. Und falls du darauf gewartet hast: Ja, ich bin stolz auf dich."

Ihr fiel ein Stein vom Herzen.

Dumm... Wie konnte ich nur so dumm sein.. Natürlich hat er mich beobachtet, natürlich wusste er, was ich tue. Aber trotzdem hatte ich mehr erwartet...

„Was ist los, Karvanté? Du siehst überhaupt nicht zufrieden aus. Wie ist denn deine Mission gelaufen?"

Er kniff die Augen zusammen und sie verstand. Wohl nicht so gut. Und aus seiner Anspannung konnte sie lesen, dass er wohl noch nicht beim König gewesen war, um ihm davon zu erzählen. Ihr Ziehvater mochte es überhaupt nicht zu versagen und sei es nur in seinen eigenen Ansprüchen.

„Ich habe das getan, was mir aufgetragen wurde. Aber kein Mensch kann von mir erwarten, dass ich mit einem langsamen Kahn und einem widerspenstigen Kapitän Wunder vollbringe!"

„Hast du denn herausgefunden, wer Schuld ist an den Einbrüchen der Lieferungen?"

„Ja. Es ist ein Schiff und ein Kapitän und dieser Mann ist eine Plage, wie ich sie noch nicht erlebt habe."

„Schlimmer als ich?"
Sie schmunzelte, um ihn auf andere Gedanken zu bringen, das ging aber gründlich schief.

„Viel schlimmer. Ein respektloser, aufsässiger, unglaublich dreister Krimineller, der sich einen Spaß daraus gemacht hat, mir eine lange Nase zu drehen. Wenn ich erst die nötigen Mittel habe..."

„Dann wirst du ihn zerquetschen wie eine faule Nuss, schon klar. Wie heißt er denn, dieser unselige Pirat."

„Drake. Sein Name ist Francis Drake."

——————

Die Audienz bei der Königin verlief deutlich angenehmer als erwartet. Sie hatte ihn wohl genauso schrecklich vermisst wie er sie und nachdem er seinen offiziellen Bericht abgegeben hatte, bedeute sie ihm, ihr zu folgen. Die Gänge waren so gut wie leer, das Personal woanders beschäftigt oder angewiesen worden, diesen Trakt zu meiden. Noch nicht einmal Wachtposten standen vor den Türen. Sie musste ihm wirklich sehr vertrauen, um sich so verletzbar zu machen. Es folgten Stunden der Zweisamkeit mit einer Frau, die er noch nie so leidenschaftlich erlebt hatte. Ja, sie hatten schon das Bett geteilt, wenn auch eher verstohlen, mit schnellen Berührungen und gehauchten Versprechungen auf mehr. Aber das war neu und es gefiel ihm ausgesprochen gut. Vielleicht würde er kein mächtiger Politiker in diesem Lande werden, vielleicht würde diese Karriere noch mehr Arbeit bedeuten, aber wenn er diese Frau auch so haben konnte, als kleiner Adeliger mit großen Ambitionen, dann sollte ihm das fürs erste genügen. Und wenn man näher darüber nachdachte, konnte er dem Thron kaum näher sein.
Sollte sie je Kinder bekommen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es die meinen sein werden...
Pläne schmieden, das war definitiv seine Welt.

Woher wir kamen (Piratenblut 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt