Die Zeit verging wie im Flug und ehe ich mich versah war Dienstag Mittag und ich wartete, sehnsüchtig auf meine Uhr schauend, darauf, dass es endlich vier Uhr sein würde. Dann wollte sich Ronjas Gruppe treffen, an dem „normalen Ort wie immer“. Viel mehr hatte ich noch nicht herausbekommen, außer, dass sie fast jede Pause bei den Jungs rumhingen, und sich mit ihnen mehr oder weniger albern unterhielten. Thea war oft mitgekommen, und zusammen hatten wir unter Lachkrämpfen das Geschehen wie eine Jury bewertet. Doch sie schien sich nichts weiter dabei zu denken, und interessierte sich nicht weiter für die Kette, die in den nächsten Gesprächen nur noch eine untergeordnete Rolle spielte.
Seufzend tauchte ich wieder aus meinen Gedanken auf, und legte meine Uhr beiseite. Ich musste noch etwas Essen – irgendwas würde ich aus den Resten wohl noch zusammenkriegen. So langsam musste ich mal wieder etwas besorgen, die Vorräte waren schon fast wieder zuneige gegangen, leider genau wie das Geld. Dringend Zeit, dass meine Eltern zurückkamen. Eigentlich hätten sie schon gestern wieder hier sein wollen, doch ich war es durchaus gewöhnt, dass sie zu spät kamen, und machte mir deshalb keine Sorgen.
Im Keller fand ich Pflaumenmus, genügend für ein Mittagessen, dann ließ ich mich auf den Sessel im Wohnzimmer fallen, und spiele gedankenverloren mit der Kette. Ich zog sie jetzt nur noch zum Schlafen aus, ständig hatte ich Angst, man würde sie mir wegnehmen. Ronjas Worte hatten mich zutiefst beunruhigt, nachts träumte ich davon.
Ah, Zeit zum losgehen!, dachte ich voller Vorfreude, als ich bestimmt zum dreißigsten Mal auf die Uhr geschaut hatte. Endlich war die Warterei vorbei. Ich konnte es kaum noch erwarten, die Zicken zu belauschen, herauszufinden, warum sie mir die Kette gegeben hatten, oder weshalb sie sie überhaupt den Jungs weggenommen hatten. Aber erst mal der Reihenfolge nach: Jetzt brauchte ich vorerst nur Kleidung, in der ich gut getarnt war, wenn ich mich vor Ronjas Haus auf die Lauer legte, und ein bisschen Glück, dass ich sie nicht verpasste, denn sonst würde ich wohl nie das Versteck dieser kleinen Bande finden.
„Erst die Klamotten!“, ermahnte ich mich leise, da ich schon wieder drohte, abzuschweifen, und eilte zum Kleiderschrank. Hier fand ich eine braune Hose und einen dunkelgrünen Kapuzenpullover mit hohem Kragen, sodass ich die Kette leicht darunter verstecken konnte. Jetzt noch meine Sportschuhe – die zum Glück relativ leise waren – und ich war ausgerüstet.
Als ich hinaus in die warme Mittagssonne trat, hätte ich fast einen Hitzeschlag bekommen.
„Du gewöhnst dich dran!“, knurrte ich finster, und stapfte los.
Vor Ronjas Haus ging ich hinter einer Hecke in Deckung und warf einen Blick auf meine Uhr. Noch zehn Minuten bis vier. Ich würde jämmerlich eingehen in diesem Pullover!
Plötzlich öffnete sich das Küchenfenster, eine wohlbekannte Gestalt lugte daraus hervor und im nächsten Moment sprang Ronja mit einem Satz daraus hervor und landete geschickt auf dem Rasen. Endlich, ich hatte schon gedacht, sie würde nie mehr kommen … Moment! Aus dem Küchenfenster? Teufel nochmal, was sollte denn das? Schwitzend, keuchend und verkratzt robbte ich unter der Hecke hervor und folgte ihr in einigem Abstand, während ich mit den Gedanken ganz woanders war. Wieso ist sie aus dem Fenster gesprungen? Die Tür lag doch keine zwei Räume daneben!, fragte ich mich verwundert. Ob sie immer so komisch war?
Ronja lief in einem so schnellen Schritt, dass ich kaum mithalten konnte, durch die Straßen, doch zum Glück drehte sie sich kein einziges Mal um. Trotzdem wurde es für mich ein kleiner Horrortrip, denn auch ohne durch die Straßen zu rennen, war mir zum Umfallen heiß, und es hätte mich keineswegs gewundert, hätte ich einen Hitzeschlag bekommen. Der Pullover war einfach viel zu dick! So war ich unendlich erleichtert, als wir den Waldrand erreichten, und Ronja auf das letzte Häuschen, einen kleinen kleinen Schuppen, zuhielt, wo sie durchs Hinterfenster kletterte. Hatte die denn nie gelernt, durch Türen zu gehen?
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Schimmernd wie Pyrit
RomanceIch war eigentlich immer sehr zufrieden damit, diesen Bandenschwachsinn, der ein paar meiner Mitschüler wie ein Virus befallen zu haben schien, nur von Weitem zu belächeln, bis ich anfing, meine Nase in ihre Angelegenheiten zu stecken und mich prom...