Kapitel 18

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Ich hatte die Jungen erst gar nicht kommen gehört, gerade noch rechtzeitig konnte ich das Buch hochreißen, bevor Gordons Blick mich streifte. Er, Mischa und Jasper schlenderten durch das Abteil und verschwanden hinter der großen grauen Tür auf der anderen Seite. Was planten die bloß? Ich runzelte die Stirn, und spielte kurz mit dem Gedanken, ihnen zu folgen, blieb dann aber doch lieber sitzen. Vielleicht suchten die ja nur nach Tristan. Oh, oh, und was ist dann mit Thea?, fuhr es mir durch den Kopf. Wieder wäre ich fast aufgesprungen, und sank wieder in den Sitz zurück. Sie wird das schon ohne mich schaffen, ganz klar, besser ich bleibe hier, bevor sie die Kette erwischen, redete ich mir ein, und rutschte unbehaglich auf meinem Sitz herum.

Ich hatte mich gerade wieder beruhigt, als plötzlich Nu mit Ramon durch das Abteil lief, und genau wie Jasper und die Anderen zuvor, durch die graue Tür verschwanden.

Jetzt hat Thea ein Problem, die Arme!, dachte ich mir und verzog das Gesicht. Sollte ich ihr vielleicht nicht doch helfen? Aber nein, was konnten die Jungen ihr schon anhaben? Sobald sie überprüft hatten, dass sie die Kette nicht besaß, würden sie sie gehen lassen. Oder?

Dann kamen auch noch Harold und Joscha herein. Alle auf einmal, das hatte Thea wirklich nicht verdient. Mein Widerstand begann zu bröckeln, ich überlegte schon, ob ich Joscha und Harold einfach hinterher schleichen sollte, als plötzlich ein anderer Gedanke durch mein Gehirn zuckte: Konnte das ein Trick sein? Nicht doch, überlegte ein anderer Teil. Sie konnten das gar nicht geplant haben, immerhin hatten sie vorher gar nicht gewusst, dass Thea bei Tristan war.

„Genial!“, flüsterte Harold gerade aufgeregt. „Das müssen wir sofort den Anderen mitteilen!“

„Schscht, ich bin mir da nicht so sicher“, murmelte Joscha leicht verlegen.

„Doch das ist einfach genial! Wir müssen nur noch ein bisschen daran feilen, dann klappt es mit Sicherheit!“ Schnell senkte Harold die Stimme. „Los, glaub mir!“ Er öffnete die Tür und verschwand ebenfalls hindurch.

Was hecken die da bloß schon wieder aus?, fragte ich mich. Noch einen kurzen Moment wartete ich, dann schlich ich ihnen hinterher.

Ich konnte sie nicht sehen, dafür hielt ich zu viel Abstand, und dennoch konnte ich sie hören, wenn auch nicht immer verstehen. Aber das war auch nicht so wichtig, denn sie unterhielten sich eher über ein sinnloses Thema; anscheinend ging es immer noch um diese super Idee, über die sie sich schon die ganze Zeit unterhielten, über dessen Inhalt sie jedoch kein Wort verloren.

Plötzlich hörte ich auch die Stimmen der anderen Jungen, doch kein wildes Geschrei war darunter, was mich ehrlich wunderte. Hatten sie Thea noch nicht erwischt? Wahrscheinlich sammelten sie sich erst, aber wieso? Ich spitzte die Ohren, und versuchte zu verstehen, über was sie sich unterhielten, doch das war unmöglich. Immerhin trennte uns beinahe ein ganzes Abteil.

Misstrauisch verzog ich das Gesicht. Wieso gingen sie nicht weiter? Jetzt waren doch alle da, auf was warteten sie also noch? Auf Zehenspitzen schlich ich mich durch das Abteil – im Gegensatz zu unserem Abteil waren hier keine Sitzreihen, sondern ausnahmslos kleine Kabinen, wo allesamt die Vorhänge zugezogen waren.

Rauschend glitt der Zug in einen Tunnel, und sofort umhüllte mich tiefschwarze Dunkelheit. Unbehaglich blieb ich stehen, und lauschte angespannt. Immer wieder huschten die schwachen Lichter an den Tunnelwänden vorbei, und tauchten alles kurz in ein düsteres Licht. Für einen Moment glaubte ich Schritte zu hören, doch das Rauschen des Zuges wirkte unwirklich laut in dieser Dunkelheit. Da waren sie wieder, die Schritte. Schaudernd kauerte ich mich zusammen und starrte verbissen in die Finsternis.

„Autsch! Man, verflixt dunkel hier drinnen!“, hörte ich Theas Stimme.

„Dann lass mich doch endlich los“, schimpfte Tristan genervt, und ein Rumpeln war zu hören.

Schimmernd wie PyritWo Geschichten leben. Entdecke jetzt