Am Dienstagmorgen zeigte das Thermometer beinahe 18 Grad an. Das würde ein verdammt heißer Tag werden, also war an einen Rollkragenpullover nicht zu denken. Seufzend tat ich ihn wieder in den Schrank zurück – inzwischen gehörte er zu meinen Lieblingspullovern. Eigentlich war ein T-Shirt angebracht, aber dann würde man ja die Kette sehen, und gerade jetzt, wo Ronja sie mir abnehmen wollte, war das nicht gerade clever. Schließlich entschied ich mich für ein Sweatshirt mit extra langen Ärmeln und band mir die Kette ums Handgelenk.
„Du wirst noch sterben vor Hitze, Ria!“, protestierte meine Mutter, als ich so aus der Haustür gehen wollte. „Es wird über dreißig Grad haben!“ Aber ich schaffte es, sie gerade noch zu besänftigen, und verschwand eilends aus der Haustür, bevor sie es sich doch noch anders überlegte.
Als Thea mich erblickte, verdrehte sie nur die Augen. „Bist du vielleicht seit Neustem extrem kälteempfindlich? Ein Wunder, dass du nicht wieder im Rollkragenpullover erschienen bist!“ Sie trug nur ein T-Shirt und eine kurze Hose. Anscheinend würde ich entsetzlich auffallen. Ich schluckte. Hoffentlich würde Ronja keinen Verdacht schöpfen.
Den ganzen Weg über waren Mirko und Joscha hinter uns, und als wir in der Schule ankamen, wurde es nicht besser. Erst stellte mir Harold vergnügt ein Bein und fing mich Zentimeter über dem Boden wieder auf, und noch bevor er mich wieder auf die Beine gezogen hatte, hatte Ronja mich ihm entrissen und hatte mich in eine etwas abseits liegende Ecke geführt. Im Hintergrund lungerten die Zicken, wie sie glaubten, unauffällig herum, um ja kein einziges Wort zu verpassen. Verzweifelt wünschte ich mich wieder zu Harold zurück, doch jetzt gab es keine Chance mehr zu entkommen, das würde zu auffällig wirken – außerdem erspähte ich aus den Augenwinkeln, wie Nu interessiert zu uns hinüberschaute. Oh nein! Ich war von Feinden umzingelt! Und eindeutig war ich war nicht die Einzige, die das bemerkte; Sofort eilten ein paar Zicken los, um Nu am Lauschen zu hindern.
„Ria.“ Ronja lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Leider gab es ein paar ... Zwischenfälle, weshalb wir die Kette gerne zurückhaben würden.“ Stirnrunzeln sah sie mich an. „Kannst du mir sie Morgen wiederbringen?“ Ich seufzte schwer.
„Werd' mein Bestes geben“, murmelte ich, und sah sie nicht an.
„Danke“, sagte Ronja lächelnd, und drehte sich um, anscheinend hatte sie nichts gemerkt. Ob sie mir wirklich glaubte? Oder einfach nur nicht mit dem Herzen bei der Sache war?
„Oh, unser Lehrer kommt“, stellte plötzlich Ronja fest und huschte in die Klasse.
Harold kam zu spät. Nicht, dass das etwas Ungewöhnliches war. Aber in den Blicken, die er heimlich Ronja und ihrer Gruppe zuwarf, lag etwas Auffälliges. Langsam ließ er sich neben mich auf seinen Stuhl gleiten, und fragte dann lächelnd: „Und, habe ich was verpasst?“ Ich schüttelte den Kopf.
„Soso“, meinte Harold, und blickte mich an. „Ist eine neue Kältewelle ausgebrochen, oder sind dir die T-Shirts ausgegangen?“ Wütend funkelte ich ihn an, und wollte gerade zu einer bissigen Antwort ansetzen, als der Lehrer sich umdrehte, und uns mahnend ansah.
In der nächsten Pause hatten sich Ronja samt Gruppe auf dem Schulhof versammelt, und redeten leise miteinander. Ich stand nicht weit entfernt und lauschte jedem Wort, dass gesprochen wurde, als sich plötzlich Hände auf meine Schulter legten. Erschrocken wollte ich herumfahren, doch ein leises „Schscht!“ ließ mich innehalten. Erstaunt und erschrocken wollte ich mich fast noch einmal umdrehen. Was wollte denn Harold hier? Da fiel mein Blick wieder auf die Gruppe vor mir, und ich verstand. Ich sollte ihm Deckung geben. Leicht irritiert ließ ich ihn gewähren. Sollten sie doch ihr tolles Spiel spielen.
„Heute um sechs, einverstanden?“, fragte Sylvia und strich sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht.
„Was gibt es denn jetzt schon wieder zu besprechen?“ Ilona klang sichtlich besorgt. „Ich weiß nämlich nicht, ob ich kann.“
DU LIEST GERADE
Schimmernd wie Pyrit
RomanceIch war eigentlich immer sehr zufrieden damit, diesen Bandenschwachsinn, der ein paar meiner Mitschüler wie ein Virus befallen zu haben schien, nur von Weitem zu belächeln, bis ich anfing, meine Nase in ihre Angelegenheiten zu stecken und mich prom...