Kapitel 14

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„Ich frage mich ernsthaft, wie lange es noch dauert, bis wir durch den Lüftungsschacht kriechen müssen!“, beschwerte sich Thea, als wir uns zerkratzt und hinkend auf den Weg zum Frühstück machten. Ronja hatte gesagt, wir sollten schon mal vorgehen, und behaupten, sie sei noch auf dem Klo, da sie sich in einem besonders widerspenstigen Strauch verfangen hatte. Tja, das kam davon, wenn man beschloss, in den Keller unseres Häuschens zu gehen (was übrigens verboten war), und dann durch ein Kellerfenster wieder rauszuklettern, was eben nicht nur einfach ekelhaft, sondern auch äußerst kompliziert war, da es an Dornenbüschen in dieser Gegend wahrlich nicht mangelte.

„Ich glaube, ich gehe nur noch in unser Häuschen, wenn es unbedingt sein muss.“ Ich verzog das Gesicht.

„Wieso gehen wir eigentlich nicht einfach durch die Tür, wie jeder andere normale Mensch auch?“, fragte Thea, und senkte schnell die Stimme, als Cindy und Sylvia vorbeikamen.

„Ronja hat den Schlüssel versteckt, damit die Jungs ihn auf keinen Fall in die Finger kriegen können“, seufzte ich resigniert.

„Ach du meine Güte! Igitt, den will ich aber nicht suchen müssen!“

Ich nickte bedauernd.

Gerade war das Mittagessen vorbei, und trotz meiner Vorsätze hatte ich beschlossen, in unser Häuschen zu gehen – Thea und Ronja hatten sich jedoch nicht dazu durchringen können –, als ich hinter unserem Haus lautes Krachen und Knacken vernahm.

„Ich fass' es nicht, ich glaube einfach nicht, dass sie hier lang sind!“

Oh doch, Harold, genau hier sind sie lang!“

Entsetzt ging ich hinter der Kastanie in Deckung, versuchte jedoch trotzdem ein Blick auf das Geschehen zu erhaschen.

„Also, das glaube ich jetzt wirklich nicht mehr! Nicht mal Ronja ist so bescheuert, da durchzugehen!“

Oh doch, das ist sie sehr wohl!, antwortete ich Harold im Stillen.

„Wir wissen, dass sie hier durch sind. Joscha kann's bezeugen. Und rede besser leiser!“, hörte ich Nus Stimme zwischen den Dornengestrüppen. Sie mussten jetzt ganz nah bei dem Kellerfenster sein.

„Augen, Ohren, Nase zu, und durch!“, ordnete jemand an, doch niemand schien seinem Befehl zu folgen.

„Ich geh' da nicht durch, Mischa, das kannst du vergessen!“, bemerkte da Gordon. „Das ist einfach widerlich!“

„Und wenn die Kette da drin ist?“, fragte Nu mutlos.

„Da wäre ich mir nicht so sicher. Ich schlage vor, wir teilen uns auf. Erst sollten wir Ronjas Pack durchsuchen, bevor wir hier durchgehen.“

„Gute Idee“, kam es erleichtert von Joscha. Mehr hörte ich nicht. Ich war losgelaufen, um Thea und Ronja zu warnen.

Keine fünf Minuten später hasteten sechs Mädchen aufs Mädchenklo, Ronja flüchtete sich die Treppe des Haupthauses hoch (ich hatte den schrecklichen Verdacht, sie wolle auf's Dach) und Thea folgte mir nach draußen, wo wir uns dann trennten. Schließlich saß ich gemütlich auf einem Baum, von wo aus ich beobachtete, wie ein Großteil der Jungen in das Haupthaus verschwanden, die restlichen allerdings begannen, das Gelände zu durchsuchen. Doch all das dauerte nicht lange, denn schon bald sammelten sich alle wieder.

„Sie spielen verstecken mit uns“, hörte ich Nu sagen, als sie gerade an meinem Baum vorbeiliefen. „Wenn sie unbedingt wollen – wir spielen mit.“ Ich hätte viel dafür gegeben, den Rest des Gesprächs zu verfolgen, doch alle redeten extrem leise, und so gab ich es auf, und saß den ganzen Nachmittag ruhelos auf meiner Kastanie. Ich wollte nicht runtergehen, bevor sie mich erwischen, denn diesmal gab es wirklich niemanden, der mir zur Hilfe hätte eilen können, aber je länger ich auf diesem Baum saß, desto klarer wurde mir, dass alles nur eine Frage der Zeit war. Spätestens beim Abendessen würden wir alle aus unseren Verstecken hervorkommen müssen.

Schimmernd wie PyritWo Geschichten leben. Entdecke jetzt