Ausgeruht und fit, wie ich nun wieder war, kletterte ich über die Hecke zurück auf die Straße, hielt noch einmal überflüssigerweise Ausschau nach Jasper, dann machte ich mich auf den Weg zu Theas Haus, nicht ohne auf dem Weg um jede Ecke gespäht zu haben.
Auf den ersten Blick lag Theas Haus ruhig und friedlich da. Nichts rührte sich, aber das war auch kein Wunder – ihre Eltern waren zu dieser Zeit noch nicht zu Hause. Mit Glück stimmt meine Vermutung ja gar nicht, und Joscha, Gordon und Nu waren gerade gar nicht dabei, unsere Häuser nach der Kette zu durchsuchen. Doch was sollten sie sonst machen? Ich musste auf der Hut sein, soviel stand fest.
Unauffällig ließ ich den Blick schweifen, doch bis auf ein Auto, das vorbei fuhr, war hier niemand unterwegs. Beste Bedingungen, um kein Aufsehen zu erregen, Nachbarn wurden nämlich manchmal recht misstrauisch, wenn man einfach auf ein fremdes Grundstück ging, und dort einen Schlüssel unter der Fußmatte hervorkramte. Da hielten die einen ja alle für einen Einbrecher. Nein, besser, es sah mich niemand.
Mir war leicht mulmig zumute, als ich die Fußmatte hochhob – doch da war kein Schlüssel! Entsetzt riss ich die Augen auf. Wie sollte ich nun ins Haus kommen? Verflucht, warum hatten Theas Eltern den Schlüssel gerade heute nicht hier liegen? Oder ... hatte jemand anderes ihn bereits weggenommen? Was, wenn die Jungen schon längst drinnen waren? Oder wenn sie die Kette schon gefunden ...
„Nein!“, fluchte ich leise. „Das kann nicht sein! Warum gehen sie ausgerechnet zu Theas Haus?“ Nun, sagten meine Gedanken. Vielleicht waren sie ja schon bei deinem Haus, und Thea ist nun mal die Person, der du die Kette am ehesten geben würdest.
Ja, ich musste zugeben, die Jungen waren nicht gerade dumm, auch wenn das vieles erleichtert hätte.
Grummelnd umrundete ich das Haus und hielt dabei nach offenen Fenstern Ausschau. Wie ähnlich ich diesen beiden Gruppen schon geworden war ... immer öfter versuchte ich durch Fenster in ein Haus zu gelangen, ich nahm an diesen verrückten Kämpfen teil, und ich stand kurz davor, so zu enden wie diese Zicken ... Schnell verwarf ich diesen Gedanken wieder. Schließlich schleimte ich Nu nicht hinterher, nein, niemals!
Mit verschränkten Armen lief ich weiter, und zuckte plötzlich zusammen. Aus den Augenwinkeln hatte ich eine Bewegung wahrgenommen. Doch da war niemand am Gartentor, niemand schlich sich durch die Gärten, die Straße war leer ...
Kopfschüttelnd drehte ich mich um, und wollte schon weitergehen, als ich wieder eine Bewegung wahrnahm. Dort, im zweiten Stock lief anscheinend jemand herum. Ich runzelte die Stirn und warf noch einen Blick durch das Fenster. Nein, nicht durch das Fenster, denn das war ja offen. Verflucht, das hatte ich gar nicht gesehen. Wie dumm von mir!
Moment mal ..., dachte ich mir. Ist das nicht Theas Zimmer?
Entgeistert starrte ich wieder hoch, und erneut sah ich eine Bewegung. Schnell duckte ich mich.
„Das wird wohl kaum Thea sein!“, murmelte ich finster. „Dringend zeit, dass ich eingreife!“ Eilig huschte ich zu der Birke und kletterte noch schneller herauf, als ich es heute Morgen getan hatte. Kein halber Tag war seitdem vergangen, doch es kam mir ewig lang vor. Nur noch schwach konnte ich mich an alles erinnern, und ich fragte mich schon, ob ich mir ernsthafte Gedanken um meine Merkfähigkeit machen sollte, als ich vor Schreck fast rücklinks vom Baum gefallen wäre. Nu war ans Fenster getreten, und ließ seinen Blick in weite Ferne schweifen. Mit immer noch stark pochendem Herzen lehnte ich mich so an den Stamm, dass er mich nicht sehen konnte. Nun hatte ich freien Blick in das Wohnzimmer der Nachbarn ... hoffentlich würden die nicht auf die Idee kommen, rauszuschauen, nicht jetzt!
„Verflucht, wir werden wohl nicht alle Häuser so leicht durchsuchen können!“, hörte ich Nu sagen. „Und wenn sie die Kette nicht in ihren Zimmern aufbewahren, können wir das Ganze eh vergessen. Es ist zum Verrückt werden!“ Da drang ein leises piepen aus Theas Zimmer.
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Schimmernd wie Pyrit
RomansaIch war eigentlich immer sehr zufrieden damit, diesen Bandenschwachsinn, der ein paar meiner Mitschüler wie ein Virus befallen zu haben schien, nur von Weitem zu belächeln, bis ich anfing, meine Nase in ihre Angelegenheiten zu stecken und mich prom...