Es war Samstag Mittag, und ich befand mich – wer hätte es gedacht – in einem Film über das alte Ägypten. Und eigentlich war der Film gar nicht mal schlecht, für eine gewisse Zeit vergaß ich sogar alles, was ich so oft mit Ägypten verbunden hatte: Es war für mich schon seit ich denken konnte der hauptsächliche Grund gewesen, weshalb meine Eltern so oft weg waren. Doch je tiefer ich in dem Film versankt, umso mehr spürte ich förmlich, was meine Eltern an diesem Land so faszinierte, und für eine gewisse Zeit empfand ich die gleiche Begeisterung, die sie empfinden mussten.
Doch als der Film endete, wurde ich mit solcher Wucht in die Wirklichkeit geschleudert, dass ich fast unter der Flutwelle des zurückkehrenden Kummers erstickte, den Ägypten mit sich brachte, fast erdrückt wurde ich unter den gewaltigen Massen.
Doch niemand schien etwas von meinem stillen Leiden zu bemerken, meine Eltern schlenderten nur vor mir die Straße entlang und aßen das Popkorn, das sie während des Films ganz vergessen hatten. Doch trotzdem wusste ich, dass ich ihnen nicht egal war, nein, ganz und gar nicht. Das zeigten schon die kleinsten Sachen, wie zum Beispiel der Anschiss, den ich am letzten Abend erhalten hatte.
Eigentlich waren es eh mehr diese unangenehmen Sachen, die zeigten, wie sehr sie sich um mich sorgten. Nur um ein Beispiel zu nennen: Am Nachmittag, ich saß gerade gemütlich auf meinem Bett und wollte eigentlich lesen, kam meine Mutter plötzlich ein mein Zimmer, und ging zielstrebig auf meinen Kleiderschrank zu. Mein anfängliches Entsetzen, weil ich annahm, dass wir wieder etwas zum Thema Ägypten unternehmen wollten, stieg ins unermessliche, als ich ihr wirkliches Vorhaben entdeckte. Das Buch rutschte aus meinen klammen Fingern, und starr beobachtete ich, wie sie den Kleiderschrank öffnete, und sich meine Kleider vornahm.
„Nein, du brauchst wirklich neue Pullover. Jetzt, wo es kalt wird!“, stellte sie Kopfschüttelnd fest. „Und die Hosen erst ... was ist denn mit der passiert?“ Anklagend hielt sie mir eine Jeans hin, wo die Knie aufgerissen waren. „Sag mal, bist du immer noch so tollpatschig?“
„Ich weiß nicht“, murmelte ich, und meine Gedanken drifteten durch die Vergangenheit, von der Zeit, wo ich eine herausragende Tendenz dazu hatte, über meine Füße zu fallen, sobald ich nervös war. Viel war davon nicht mehr übriggeblieben.
„... ts, ts, ts, dringend Zeit zum Kleiderkaufen!“ Brutaler hätte ich nicht aus meinen Gedanken aufgeschreckt werden können.
„Was?“ Mit einem entgeisterten Schrei fiel ich von meinem Bett hinunter.
„Stell dich mal nicht so an!“, protestierte meine Mutter, und zog mich auf die Beine. „Beeile dich lieber mal ein bisschen, wir müssen es noch heute schaffen, morgen haben die Geschäfte zu!“ Ich warf einen hoffnungslosen Blick auf die Uhr. Schon vier! Der Nachmittag war hoffnungslos verloren.
Da ich den Samstag verplempert hatte, beschloss ich, den Sonntag nicht so einfach verstreichen zu lassen. Schon morgens machte ich mich auf den Weg, um ein eventuelles Treffen nicht zu verpassen, und lag ausgestreckt unter der Fliederbeerhecke, die Gordons Garten begrenzte, wo ich geduldig darauf wartete, dass er aus irgendeinem Fenster geklettert kommen würde.
Ich musste wirklich sehr geduldig warten, denn so langsam brach schon wieder die Dunkelheit herein, und es wurde kalt, dabei hatte sich noch nicht eine einzige Person aus diesem Haus bewegt. Langsam begann ich daran zu zweifeln, ob überhaupt jemand da war, verknotete gelangweilt meine Finger und legte Muster mit den Zweigen, die ich fand, als sich – sehr zu meinem Erstaunen – einer von diesen Schächten, die meist an Kellerfenstern angeschlossen sind öffnete. Nicht, dass sie besonders tief oder so waren, aber ich fragte mich doch, warum diese verrückten Gruppen immer so umständliche Wege wählten. Trotzdem – ich hatte nicht viel Zeit, mich zu wundern, denn schon war Gordon durch seinen Garten gehuscht, und mit Leichtigkeit über den Zaun, der zum Nachbargarten angrenzte, gesprungen. Schnell kroch ich unter der Hecke hervor, und gab diesmal mehr acht, von niemandem gesehen zu werden. Man musste natürlich hinzufügen, dass es nicht einfach war, Gordon zu folgen. Er lief bestimmt nicht zum ersten Mal durch fremde Gärten und benutzte sie wie eine Straße, flink und ohne sich an den Zäunen groß zu stören.
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Schimmernd wie Pyrit
RomanceIch war eigentlich immer sehr zufrieden damit, diesen Bandenschwachsinn, der ein paar meiner Mitschüler wie ein Virus befallen zu haben schien, nur von Weitem zu belächeln, bis ich anfing, meine Nase in ihre Angelegenheiten zu stecken und mich prom...