Es war Morgen – zumindest Ronjas Auffassung nach. Also war es gerade so früh, dass der erste Mc Donald's aufmachte, was sehr verlockend sein konnte, wenn man seit geräumiger Zeit kein Klo mehr gesehen hatte. Oder wenn man ständig herumgeflitzt war, weil einem selbst nachts keine Ruhe mehr gelassen wurde, und sich nun nach einem kräftigen Schluck Wasser und einem warmen Gebäude sehnte.
Doch es war nicht einfach, zu dem nun so heiß ersehnten Mc Donald‘s zu gelangen, denn die Stadt war klein, und ein, zwei Jungen waren immer auf der Suche nach uns.
„Noch eine Verfolgungsjagd wäre zu viel für uns“, erklärte mir Ronja genervt, als ich beinahe durch ein Gartentor hinaus auf die Straße spaziert wäre. „Wir müssen vorsichtig sein.“ Vorsichtig! Dass ich nicht lache!, dachte ich mir darauf bloß finster. Für mich waren zurzeit keineswegs die Jungen die Gefahr – nein, ich fürchtete eher, dass man uns entdecken und mit viel Geschrei aus dem Garten jagen würde. Dann wären wir nämlich richtig dran. Und so wie wir aussahen, würde es mich nicht wundern, wenn irgendwelche Leute versuchen würden, uns ins Waisenhaus zu stecken.
„Hm, scheint alles in Ordnung zu sein!“, verkündete Ronja vom Baum herab, und balancierte vorsichtig über die Zweige zum Stamm zurück. „Achtung, ich komme jetzt runter!“ Viel Glück!, dachte ich, und ging in Deckung.
„Ha, ha“, knurrte Ronja. „Ich hoffe doch, du fängst mich auf, wenn ich falle?“
„Damit wir beide Matschebrei sind, oder was?“, rief ich nach oben, und versuchte die vielen Meter abzuschätzen, die Ronja vom Erdboden trennten. Warum musste sie auch bloß den höchsten Baum der ganzen Umgebung wählen? Ein kleinerer hätte es auch getan …
„Hups!“, kam es von Oben, und Ronja landete knackend ein paar Zweige tiefer. „Hab's gleich geschafft!“, verkündete sie. „Den Rest kann ich ja sprin-ahhh....“Mit einem unangenehmen klatsch landete sie neben mir im Gras und blieb regungslos liegen.
„He, Ronja, lebst du noch?“, fragte ich leise, und beugte mich besorgt über sie.
„Du solltest mich auffangen, du Knallbone!“, nuschelte sie als Antwort ins Gras, und hievte sich unter demonstrativem Stöhnen hoch.
Trotz des zutiefst dramatischen Unfalls erreichten wir den Mc Donald's noch vor Sonnenuntergang, und auch Ronjas mitleiderregendes Humpeln ließ nach, als ich ihm keine Aufmerksamkeit mehr schenkte.
Hier war es angenehm warm, und obwohl der starke Geruch nach Essen uns fast wahnsinnig machte, fühlte ich mich hier doch relativ gut. Gemütlich lümmelten wir uns in den Sitzen und erzählten den Leuten ein ums andere Mal, wir hätten uns nur noch nicht entschieden, was wir essen wollten, und würden auch keinen Grund zur Eile sehen.
„Richtig toll hier, nicht?“, fragte ich Ronja, die sich auf ihrem Sitz eingerollt hatte, erhielt aber keine Antwort. Meine Güte, hat die es gut!, dachte ich mir. Am Liebsten wäre ich ebenfalls auf der Stelle eingeschlafen, aber wir mussten immer noch vorsichtig sein. Irgendwann mussten wir schließlich den Mc Donald's verlassen, und wenn dann Nus Bande vor der Tür lehnte, waren wir geliefert. Also hielt ich weiterhin Ausschau und spähte die Straße ab.
„He!“, sagte da jemand. Erschrocken zuckte ich zusammen, und fuhr so schnell herum, dass ich beinahe das Gleichgewicht verloren und vom Stuhl gekippt wäre.
„Schläft Ihre junge Freundin etwa?“, fragte mich einer, der verdächtig nach einem Mitarbeiter aussah.
„Oh“, sagte ich völlig verdattert. Mein Gehirn fing an zu rattern. Sollte ich ihm eine Lüge erzählen? Das behagte mir gar nicht, also beschloss ich einfach, auf den Ich-lüge-nicht-du-denkst-nur-was-Anderes-Trick zurückzugreifen.
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Schimmernd wie Pyrit
RomanceIch war eigentlich immer sehr zufrieden damit, diesen Bandenschwachsinn, der ein paar meiner Mitschüler wie ein Virus befallen zu haben schien, nur von Weitem zu belächeln, bis ich anfing, meine Nase in ihre Angelegenheiten zu stecken und mich prom...