5. Kapitel

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5. Kapitel || "Warum fahrt ihr nicht fort?"
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Victoria

Drei verdammte Tage. Drei Tage in denen ich ausgehungert und schmutzig in diesem Haus verbrachte. Der modrige Gestank von Riley's Leiche und Urin erfüllte den Raum. Ich fühlte mich schäbig. Meine Klamotten waren halb Kaputt und meine Haare hingen mir Blutverkrustet im Gesicht. Er hatte mich hier eingesperrt. Mit ihr. Mir war bewusst, dass er mich so töten wollte. Doch mein Überlebenswille war stark. Ich wollte nicht sterben. Ich wollte hier raus. Für die anderen. Ich wollte zeigen, dass ich mich nicht so leicht unterkriegen ließ. Mein Hals schmerzte und fühlte sich ausgetrocknet an, ich war schwach und konnte mich kaum noch bewegen. Aufstehen war zwecklos, da ich sofort wieder hinfiel. In meinen Händen steckten unzählige Holzsplitter, die ich nicht herausziehen konnte, da ich am ganzen Leib vor Kälte zitterte. Meine Lippen waren taub und ich konnte kaum noch reden. Nur ein krächzen würde ich noch herausbekommen.

Es war spät am Abend, da kein Licht unter der Tür durch schien. Einige weiterhin stille Minuten vergingen, bis ich Schritte wahrnahm. Das leise, fast unhörbare tapsen näherte sich dem Zimmer. Panik machte sich in mir breit. Ich wusste, das es niemand war der mich retten wollte. Nur er konnte so leise und elfenhaft gehen. Er, dessen Namen ich nicht kannte. Er, der meine Freunde kaltblütig ermordet hatte. Was würde passieren. Würde er dem allen hier ein Ende bereiten oder würde er mich noch ein mal hier einsperren bis ich verwest war?

Das gedämpfte klicken des Türschlosses riss mich aus meinen Gedanken. Die Tür ging langsam auf und gab ein leichtes knarren von sich. Die Figur des Mannes erschien und ich krabbelte langsam nach hinten an die Wand, als seine Schritte auf mich zu führten. Als mein Rücken gegen das harrte Holz prallte, fing ich noch mehr an zu zittern. Er kniete sich vor mich hin und grinste mich an. Seine Hand erhob sich und strich sanft über meine Wange, was mich wimmern ließ. Ihm entfuhr ein leises Lachen, doch plötzlich wurden seine Gesichtszüge ernst und er krallte seine Hand in meinen Unterarm. "Wie ist euer Name?" sprach er leise und bedrohlich und drehte meinen Arm etwas nach außen, weswegen ich vor Schmerz aufschrie. "Vic-toria" krächzte ich. Ich atmete stoßweise, da er meinen Arm stets weiter herumdrehte. "Interessant." äußerte er. Einige Minuten herrschte stille. Seine große Hand umschloss weiterhin kräftig meinen Unterarm. "Geht und beseitigt den Dreck, welchen ihr angerichtet habt. Ich wünsche nicht, das kommende Gäste durch diesen Anblick abgeschreckt werden." befahl er mit einer harschen Stimme und drehte meinen Arm nun ganz herum, so das ein unüberhörbares knacksen zu hören war und ich laut auf schrie. Er stand auf und verließ ohne mir einen weiteren blick zu schenken den Raum. Tränen bildeten sich in meinen Augen. Der unerträgliche Schmerz in meinem Arm, breitete sich in meinem Körper aus. Er hatte mir den Unterarm gebrochen. Ohne mit der Wimper zu zucken. Ohne Mitleid, geschweige denn Reue. Ich musste schlucken, als ich sah wie krankhaft verdreht mein Arm war. Ich rappelte mich langsam auf und schlurfte dann kraftlos zu der Tür. Mit einem letzten Blick auf Riley ging ich aus dem Raum und irrte durch die Gänge um in die große Eingangshalle zu gelangen.

Nichts hatte sich verändert. Der Kronenleuchter lag auf Ryan und Lucas und Frankie lag daneben. Ratten knabberten an ihrem Fleisch und verschwanden als sie mich bemerkten. Der verwesende Geruch störte mich nicht weiter. Ich hatte mich so oder so in den letzten drei Tagen daran gewöhnt.

Ich begann die kleinen Glasscherben mit einer Hand aufzusammeln. Meinen gebrochenen Arm konnte ich nicht bewegen. Als ich eine Handvoll Scherben hatte, schaute ich mich um. Wo sollte ich das hin tun? Hinter mir entdeckte ich dann zwei Eimer. Einer leer, der andere mit schmutzigem Wasser gefüllt. Daneben lag eine alte Zahnbürste. War das sein ernst? Eine Zahnbürste? Das würde doch sicher Tage dauern. Ich dachte schlimmer konnte es nicht mehr werden, doch da hatte ich mich zu diesem Zeitpunkt wohl getäuscht.

Zwei Stunden später hatte ich erst mal die ganzen Splitter und Scherben entfernt. Meine Hände waren aufgeschlitzt und die Wunden platzten immer wieder auf. An manchen Stellen hatte sich schon Eiter gebildet, durch den Dreck, der sich darin verfangen hatte. Würde ich nicht am Hungertod sterben, dann sicher an irgendeiner Krankheit. Als ich mich bückte um den großen Kronenleuchter zu fassen und irgendwie wegzuschleifen, begannen meine Handflächen wieder höllisch zu brennen und mein Arm schmerzte unerträglich. Ich zog schwer die Luft ein und fiel nach hinten um, da ich mit den Händen aus dem Griff gerutscht war. Ich fing an zu fluchen und wie so oft rollten mir Tränen über die Wangen. Ich dachte sie wären schon längst aufgebraucht, doch da hatte ich mich wohl getäuscht.

Von oben war plötzlich ein knarren zu hören und ich hob erschrocken den Kopf, nur um zu sehen, wie der Mann oben an der Treppe stand und auf mich hinab schaute. "Warum fahrt ihr nicht fort?" fragte er zornig und ich schluckte. "Mein A-Arm." stotterte ich leise, doch ich war mir sicher er hatte es gehört. Er nickte kaum merklich und seine Gesichtszüge wurden weicher, was mich leicht aufatmen ließ. "Ich verstehe." meinte er und setzte einen Fuß auf die erste Treppenstufe. Ich verfolgte jeden Schritt den er machte aufmerksam. Sein Gang war so faszinierend. Ich kannte keine Person, die so anmutig und fast schwebend laufen konnte. Als er nur noch ein paar Meter von mir entfernt war wandte ich meinen Blick von seinen Beinen und schweifte zu seinem Gesicht. Seine Miene war kalt, was mich schlucken ließ. Was würde er jetzt machen. Als er bei mir angekommen war, hockte er sich vor mich hin und fing wieder an zu grinsen. "Wo schmerzt es denn meine Liebe?" fragte er. Ich zeigte zitternd auf meinen Arm und meine Handflächen und er nickte nur verstehen. "Ich denke da lässt sich etwas tun. Dürfte ich?" fragte er und nickte in Richtung meines Unterarms. Zögernd nickte ich. Er umschloss meinen Arm mit seiner Hand und führte ihn zu seinem Gesicht. Ich zischte kurz, da er zu fest zudrückte.

Sekunden später spürte ich etwas warmes, raues auf meiner Haut und ein wohliges Gefühl machte sich in mir breit. Ich schloss genussvoll meine Augen. Seine Lippen strichen über meinen Unterarm und ich konnte sein Zufriedenes Lächeln spüren, da mir ein minimales Stöhnen entfloh, als er seine Zunge über meine Haut gleiten ließ. Er platzierte noch jeweils einen Kuss auf meinen Handflächen und ließ dann von mir ab. Ich öffnete meine Augen und schaute meine verletzten Stellen an. Alles war verschwunden, und der Schmerz in meinem Arm war wie weggeblasen. Ich schaute ihn erstaunt an. Seine Miene wurde wieder kalt und er stand auf und ging die Treppen nach oben.

"D-Danke." flüsterte ich perplex. Er ignorierte es und verschwand einfach. Unglaublich.

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Hallo :)

Mal wieder ein neues Chapter :*

Votes und Kommis pls :]

Hab euch lieb *•*

Elli :3

Demon. || l.p.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt