12. Kapitel

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12. Kapitel || "Glaubt mir, da wäre es schöner, als in diesem Haus."
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Victoria

Ein trockenes Husten meinerseits schallte in dem Kellergewölbe. Ich brauchte Wasser. Dringend. Mein Körper fühlte sich ausgelaugt an und ich benötigte Flüssigkeit. Ich konnte nichts mehr wirklich bewegen, da sich alles taub anfühlte. Oft hatte ich jetzt schon nach Liam gerufen, um Hilfe gebettelt, doch nichts war passiert. Langsam quälend ließ er mich verwesen. Die Augen konnte ich kaum noch offenhalten, so schwach war ich. Sogar die Ratten, ließ ich an meinen Klamotten nagen, da ich mich nicht bewegen konnte um sie wegzuscheuchen. Mein Kopf sackte zur Seite und ich starrte mit halb offenen Augen die steinerne Mauer an. Sekunden, Minuten, Stunden. Ich hatte keine Ahnung. Alles was ich mitbekam war, dass nach einiger Zeit die große Holztür aufging. So richtig hatte ich es nicht realisiert, weswegen ich meine Position beibehielt. Erst als sich jemand an den rostigen Fesseln zu schaffen machte, drehte ich meinen Kopf nach oben. Verschwommen nahm ich wahr, wie Liam das eiserne Metall von meinen Händen und Füßen entfernte.

"Ich bitte um Verzeihung. Ich war so sehr in meine Arbeit vertieft, sodass ich euch vergessen habe." sprach er mit einem ernsten Ton. Könnte ich, hätte ich gelacht. Nicht nur, dass er sich entschuldigte, kam mir falsch vor, auch das er arbeitete kaufte ich ihm nicht ab. Was sollte er schon tun? Für dreckige Dinge hatte er mich und wenn sie noch lebte, dann auch Rikki. So viel Ironie wie in diesen zwei Sätzen gesteckt hatte, brachte ich nicht ein mal an einem Tag zu stande.

Als die Fesseln gelöst waren, blieb ich liegen. Wie auch sollte ich aufstehen? Ich konnte mich nicht bewegen. "Habt ihr schmerzen?" Wie so oft zeichnete sich dieses selbstgefällige Grinsen auf seinen Lippen ab. Wieder war ich kurz davor zu lachen. Er war es der mir schmerzen zugefügt hatte. Er war es der mich hier allein gelassen hatte, bis ich kurz vorm verdursten war. Warum fragte er dann? Weil er wollte das ich es zugab. Das ich zugab ihm unterlegen zu sein und seine Hilfe zu brauchen. Und er wusste ich konnte nicht anders. "Ja." brachte ich heiser heraus. Innerlich verfluchte ich mich für meine schwindende Stärke. Ich wollte mutig sein, doch der Drang nach Wasser ließ mich schwach werden. "Wo schmerzt es euch denn?" Fieser belustigte Unterton seiner Stimme brachte mich zum kochen. Er hatte nicht mal ein wenig Respekt und ließ mich auch noch da stehen wie ein kleines hilfloses Kind. "An den Beinen, Armen und im Nacken." presste ich heraus und mied seinen Blick. Es war mir unangenehm, da ich wusste er würde mich berühren. "Gut." kam seine knappe jedoch reichliche Antwort. Sekunden später fuhr er mit seinen Fingerspitzen die Innenseite meiner Beine entlang. Unbemerkt verkrampfte ich mich etwas und zitterte leicht. Die Angst, er würde mir weh tun anstatt mir zu helfen war unglaublich groß, jedoch machte sich einen kurzen Moment später ein wohliges Gefühl in meinen Beinen bemerkbar und es fühlte sich an, als würde das Blut wieder in meine Adern strömen. Ein lautloses erleichtertes Ausatmen, entfloh mir. Ungelogen, es fühlte sich gut an, aber nicht, dass er mich berührte, sondern das Gefühl wieder Kontrolle über seinen eigenen Körper zu haben. Seine großen Hände drückten leicht zu und entfernten sich dann von meinem Oberschenkel. Die ganze Zeit hatte er mich aufmerksam beobachtet, jede meiner Bewegungen gescannt, als würde er sich alles genau merken wollen. Als nächstes widmete er sich meinen Armen. Er beugte seinen Kopf nach unten und verteilte sanfte Küsse auf meiner Hand, bevor er weiter nach oben wanderte. Der Ekel ließ mich erschaudern, weshalb sich bei mir eine kleine Gänsehaut bildete. Er schien das zu bemerken und lachte leise. Böse funkelte ich ihn an, doch ihn schien es nicht zu kümmern. Was anderes hatte ich ehrlich gesagt auch nicht erwartet. Wieder verschwand das taube kribbeln aus meinen Armen. wie von Zauberhand. Ein wenig erstaunt war ich schon. Mir war klar, dass es nicht natürlich war wie dies passierte, doch trotzdem interessierte mich wieso er so etwas konnte. Er löste sich von mir und ging mit langsamen leichten Schritten hinter mich. Dann blieb er stehen. Meine Augen wanderten nach oben und ich blickte direkt in seine. Seine Augen glitzerten spöttisch und ich verzog das Gesicht. Es war so erbärmlich wie ich hier lag und wenn man es genau betrachtete behandelte er mich wie eine Schwerbehinderte oder einen Rentner, der sich nicht mehr selbst waschen konnte. "Setzt euch auf." befahl er mir mit harscher Stimme. Sofort tat ich was er sagte und rappelte mich mühsam auf. Immer noch war das Gefühl sich zu bewegen fremd. Als ich saß, wagte ich keinen Blick hinter mich und wartete einfach ab, was geschehen würde. Etwas nasses klebriges fuhr an meinem Nacken entlang und ich wusste, es war seine Zunge. Angewidert presste ich die Augen zusammen. Ich musste mich zusammenreißen, ihn nicht anzuschreien oder auszuweichen. "Mir gefällt es wie ihr versucht euch zu beherrschen." raunte er lachend in mein Ohr. Sofort spannte ich mich wieder an. Mistkerl. Wenigstens konnte ich es, im Gegensatz zu ihm. Durch die Wut, die erneut in mir hochkam, ballte ich meine Hände zu Fäusten. "Werdet nicht aggressiv meine Liebe. Es gibt keinen Grund dazu." Lachte er, als er erneut von mir abließ. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich meinen Kopf wieder richtig bewegen konnte. Langsam öffnete ich die Augen. "Fahr zur Hölle." Unüberlegt kamen diese Worte aus meinem Mund. Danach erst wurde mir bewusst in welche Schwierigkeiten ich mich wahrscheinlich jetzt gebracht hatte. Doch wieder kam nur ein spöttisches lachen. Ganz frei und ohne Wut. "Glaubt mir, da wäre es schöner, als in diesem Haus." Seine Antwort ließ mich Stillschweigen. Allein mit Worten hatte er mir bewiesen wie gefährlich es hier war. Wie gefährlich ER war. Alles war still. Keine Ratten liefen umher. Kein Atmen oder auch nur eine Bewegung seinerseits war zu hören. Auch ich machte nicht einen Mucks. Gespannt darauf was als nächstes passieren sollte, doch es blieb so wie es war. Wieder machte sich mein Wassermangel bemerkbar und es kratzte in meiner Kehle, weswegen ich nicht lange ein Husten zurückhalten konnte. Erst nach ein paar Minuten beruhigte ich mich. "Hast du Wasser...Bitte?" krächzte ich. Das letzte Wort hatte mich Überwindung gekostet. Nett zu ihm zu sein, schien mir nicht angebracht, bei der Situation in welcher ich wegen ihm war, doch es musste sein um an etwas Trinkbares zu kommen. "Natürlich, meine Liebe. Oben steht eine Tafel für euch bereit." antwortete er seelenruhig, als wäre es selbstverständlich. Seine Worte ließen mich stutzen. Eine Tafel?

Demon. || l.p.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt