So gut wie alle aus dem Rudel waren auf der Jagd, nur Ethan saß genervt an einen Baumstamm gelehnt auf einer Wiese. Er hob den Kopf, als Sarah mit einem Stück Brot auf ihn zuging.
„Tut mir leid, aber momentan finde ich nichts Besseres als Brot." Grinsend kniete sie sich vor ihn und reichte es ihm. Er brummte ein danke, während er sich das Stück Brot aus ihrer Hand nahm. „Schmerzt es noch sehr?", wollte sie von ihm wissen. Anscheinend wollte er nicht reden, doch Sarah war ein neugieriges Mädchen.
„Es geht schon.", meinte er tapfer. Tief innerlich wusste Sarah, dass es nicht ging, doch äußerlich ließ er sich nichts anmerken. Immerhin war er der Streithahn des Rudels und somit nicht verletzlich. Zumindest glaubte er dies und war selbst fest davon überzeugt. Kacper hatte ihn mit dieser Aktion sehr gedemütigt, doch anders hätte er nicht aufgehört, sich mit Jacob zu streiten.
„Die meisten sind gerade auf der Jagd und kommen hoffentlich mit Fleisch zurück. Dann können wir uns wieder besser ernähren.", meinte das Mädchen und ließ sich neben ihn auf den Boden fallen. „Ehrlich gesagt habe ich es auch schon satt, mich Tag für Tag von Brot zu ernähren. Wir sind Wölfe und keine Fische.", sie lachte, schaute ihn dabei aber nicht an. Irgendetwas hatte sich in Ethan verändert. Früher hatte er Sarah immer nur als ein Streit schlichtendes und schüchternes Mädchen gehalten, doch mittlerweile sah er sie als verständnisvoll und hilfsbereit. Und da war noch etwas mehr. Etwas mehr, was er nicht definieren konnte.
Plötzlich tauchte Freya auf und stellte sich, mit den Armen in der Hüfte, vor die Beiden.
„Sarah. Die Jungs brauchen deine Hilfe." Sie nickte und stand auf, wagte jedoch nicht, Ethan ein weiteres Mal anzuschauen. Schnell machte sie sich auf den Weg zu den anderen Jungs, die gerade dabei waren ein Lagerfeuer zu entfachen. Doch sie stellten sich dabei nicht sonderlich gut an. Finn und Jacob standen um den Holzhaufen und stritten sich darum, wer von ihnen schneller das Feuer entfachen konnte. Sarah aber wollte keinen von beiden gewinnen lassen, sondern wollte den Triumph ganz für sich alleine haben. Sie brauchte höchstens eine Minute, bis sich eine kleine Flamme zwischen den Holzstücken ausbreitete.
„So macht man das, Jungs." Grinsend starrte sie in deren fassungslosen Gesichter und verschränkten die Arme.
„Wer hat dich denn um Hilfe gebeten?", wollte Finn von Sarah wissen.
„Jungs, ich hab Hunger. Wenn ihr so weiter macht, bekommen wir morgen früh noch nichts Warmes zu essen. Also seid besser mal froh, dass ich euch geholfen habe. Kacper wird bald zurück sein und wenn dann noch immer kein Lagerfeuer entfacht wäre, würde das kein besonders gutes Bild auf euch werfen, oder?"
Jacob verdrehte die Augen und nickte Sarah zu. „Danke, dass du uns geholfen hast. Aber das nächste Mal zeig uns wie das funktioniert, sodass wir deine Hilfe nicht noch einmal brauchen."
„Außerdem sind wir Männer, wir hätten das schon hinbekommen.", meinte Finn, der auch noch seinen Senf dazugeben wollte.
„Ja, genau das ist das Problem.", kicherte Sarah. „Ihr seid Männer."
„Überspanne nicht den Geduldsfaden eines Rüden.", warnte Finn.
„Ich habe keine Angst vor dir, Finn." Sie schielte ihn auffordernd an. Niemand hatte es je gewagt, sich auf Sarah zu stürzen oder gar mit ihr zu kämpfen. Denn Sarah war das Licht des Rudels. Sie hatte die Mutterrolle für die Jungs eingenommen, auch wenn sie erst sechzehn Jahre alt war.
„Gewiss nicht. Immerhin bist du doch so tapfer.", höhnte Finn.
„Verspottest du mich etwa?" Sarah trat einen Schritt auf Finn zu. Ihr Gesichtsausdruck hatte etwas Gefährliches angenommen.
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Schwanenblut
FantasiSeitdem Selene in Irland angekommen ist, wird sie nicht nur von mysteriösen Träumen geplagt, sondern auch noch entführt! Als wäre das nicht schon schlimm genug, stellt sich auch noch heraus, dass sie ein großes Geheimnis in sich trägt, von welchem s...