Kapitel 14.4

9 0 0
                                    

Ihr war es zu heiß. Unruhig wälzte sie sich umher, doch es half nichts. Sie wollte abrücken, aber wie?

Verschlafen knurrte Sarah, als sie die Augen öffnete und sich aufsetzen wollte, doch dies gelang ihr nicht. Sekunden später hatte sie auch schon den Übeltäter gefunden und runzelte die Stirn. Seit wann schlief Ethan neben ihr ein? Seit wann legte er sich überhaupt zu ihr? Und warum war ihr nicht aufgefallen, dass er sich zu ihr gesellt hatte?

Vorsichtig versuchte sie seinen Körper von ihrem zu lösen. Denn er hatte sie ganz schön umschlungen mit seinen kräftigen Armen. Mühselig brachte sie es zustande, dass sie endlich frei war und sie wunderte sich darüber, dass er dadurch noch nicht aufgewacht war.

Nun setzte sich Sarah langsam auf und schaute umher. In weiterer Ferne konnte sie Kacper erblicken, der anscheinend heute die Nachtwache hielt. Kacper war zu sehr beschäftigt, an einem Holzstück herumzuschnitzen, sodass er gar nichts von ihrem Aufsitzen mitbekommen hatte. Sarah überlegte schon, ob sie zu ihm gehen sollte, denn sie war nicht mehr müde, doch sie überlegte es sich anders. Eigentlich wollte sie den Jungen neben sich genauer betrachten. Warum war er bloß in letzter Zeit ständig in ihrer Nähe? Und warum schlug ihr Herz immer schneller, wenn sie ihn sah? So wie jetzt zum Beispiel. Selbst sie konnte ihren trommelnden Herzschlag hören. Was war nur los mit ihr? Zugegeben, Ethan sah gut aus und sie hatte auch früher nie etwas gegen ihn gehabt. Irgendwie hatte sie ihn immer sehr gemocht, auch wenn seine Art mit seinen Mitmenschen beziehungsweise Mitwölfen umzugehen, nicht immer die Netteste war. Doch irgendwie hatte sie ihn immer schon gemocht. Nur er hatte sie nie eines Blickes gewürdigt. Sie nie so angesehen wie er es jetzt tat. Sie nie richtig in den Arm genommen, wenn sie traurig war oder Geburtstag hatte. Sie nie in Schutz genommen, wenn es die anderen nicht taten. Warum war er dann jetzt so anders? Was hatte sich geändert? Ja, er hatte sich etwas gebrochen und das hatte heilen müssen, aber jetzt dürfte ihm sein Arm doch gar nicht mehr schmerzen. Also warum war er noch immer bei ihr? Sie hatte sich um ihn gekümmert, aber das war nun nicht mehr nötig. Und dann hatte er sie geküsst! Er hatte sie geküsst. Oh Gott! Ein leises Kichern entkam ihr, doch sie schlug sich schnell die Hand vor dem Mund. Auf keinen Fall wollte sie Aufmerksamkeit auf sich ziehen, schon gar nicht durch ein albernes Herumgekicher.

Seine Finger zuckten, was Sarah in Starre fallen ließ. Ihr Herzschlag wurde mit einer weiteren Adrenalindosis zugeschüttet, was sie mehr auf ihre Atmung achten ließ. Doch es war zu spät. Ethan war erwacht und öffnete seine wunderschönen Augen. Im ersten Augenblick schien er verwirrt, doch dann blickte er auf und sah in Sarahs Gesicht.

„Du bist wach?", fragte er unnötigerweise.

„Ähm ja." Sie flüsterte und ihre Hände zitterten. Warum zum Teufel zitterten ihre Hände? Schnell versuchte sie diese zwischen ihren Beinen zu verstecken. Allerdings schien Ethan dies mitbekommen zu haben und grinste sie frech an. „Warum ... Ähm, warum hast du neben mir geschlafen?", wagte Sarah zu fragen, konnte ihm dabei aber nicht in die Augen schauen.

„Ich ..." Er stockte und setzte sich ebenfalls auf. Mit einer Hand auf Sarahs Kinn zwang er sie ihn anzusehen. „Ich muss wohl eingeschlafen sein.", meinte er leise. „Ich wollte dich ursprünglich nur beobachten, da du immer so friedlich aussiehst, wenn du schläfst." Sie musste bei seinen Worten schlucken. „Und das beruhigt mich irgendwie.", fügte er noch leise hinzu, sodass es wirklich nur sie hören konnte. Dann war er es, der den Blick abwandte und zu Kacper schaute, welcher nun ebenfalls mitbekam, dass Sarah und Ethan aufgewacht waren. Sarah folgte Ethans Blick und sie schaute in Kacpers müde Augen.

Also fasste sich Sarah ein Herz und meinte: „Ich bin ohnehin nicht mehr müde. Ich denke, ich werde Kacper ablösen, denn er sieht nicht gerade so aus, als würde er noch lange durchhalten." Gerade als sie aufstehen wollte, hinderte Ethan sie, mit seiner Hand auf ihrem Ellbogen. Ihre Augen schienen zu fragen Was ist?, bevor er selbst aufstand und danach Sarah die Hand reichte. Grinsend schüttelte sie dabei den Kopf, war aber höflich genug seine Hand anzunehmen und sich aufhelfen zu lassen.

Nachdem abgemacht war, dass Sarah und Ethan die letzte Nachtwache übernahmen, war Kacper sehr froh darüber. Er wusste nicht warum er die letzten Tage so ausgelaugt und nicht wirklich fit war. Aber irgendwie schien ihn das Rudel als Anführer zu überfordern. Er hoffte nur, Colin würde bald wieder da sein, um sein Rudel wieder zu übernehmen. Denn Kacper war eindeutig nicht dafür geschaffen.

---------------

Wörter: 765

SchwanenblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt