Kapitel 8.1

5 1 0
                                    

Müde öffnete ich die Augen. Es musste mitten in der Nacht sein, denn der Mond schien hell über mir, wobei ich mich noch immer im Wald befand. Kopfschmerzen breiteten sich von meiner linken Schläfe bis hin zu meiner rechten Schläfe aus. Gerade als ich mir an den Kopf griff, kamen Bilder in meinen Kopf, die ich nicht sehen wollte. Colin, welcher sich von einem Wolf in einen Menschen gewandelt hatte. Das musste ein böser Traum gewesen sein, denn in der Realität gab es solche Spektakel nicht. Doch gleich darauf tauchte die meine alles entscheidende Frage auf, und zwar: Wie war ich von den Jugendlichen geflüchtet? War ich gestolpert und bewusstlos liegen geblieben?

Nein. Also doch die Verwandlung. Ich spürte wie sich Panik in mir breit machte und setzte mich hastig auf. Wo war ich überhaupt? So leise wie es mir möglich war, stand ich auf und schaute mich um. Um mich herum konnte ich nichts erkennen, denn meine Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen. Deswegen versuchte ich mich ruhig zu verhalten und so wenig als nur möglich zu atmen.

Nach einigen Minuten, als ich glaubte, ich würde genug sehen, schlich ich mich leise davon. Dieses Mal lief ich nicht, sondern ich bemühte mich, mich so unscheinbar wie möglich fortzubewegen.

Ein Knacksen zu meiner rechten. Ich erstarrte. Mein Herz schlug schmerzhaft gegen mein Brustbein. Ich schluckte.

„Du hattest nicht vor zu fliehen, oder?" Eindeutig Colins Stimme. Doch ich antwortete ihm nicht. Ich konnte ihn ja nicht einmal sehen. „Du musst keine Angst haben.", meinte er, als er sich mir näherte.

„Ich ... ich habe keine ... Angst." Natürlich Selene! Wenn du noch mehr stotterst glaubt er dir sogar! Ich sog die Luft um mich ein und versuchte normal zu atmen, doch es gelang mir nicht.

„Dein Puls verrät mir da aber was ganz anderes." Er war neben mir angekommen, doch ich wagte nicht, ihn anzuschauen.

„Mein Puls?" Zugegeben, meine Frage hatte einen etwas zu spitzen und nervösen Unterton.

„Falls du es vergessen haben solltest, aber ich bin ein Wolf und somit bin ich auch in der Lage Angst von Freude zu unterscheiden."

„Na dann wirst du ja ... ähm, dann wirst du mitbekommen haben, dass ich ... dass ich die letzten Tage nie glücklich war und ... und ähm ... mich nach Hause bringen."

„Selene, du weißt dass ich das nicht kann."

„Oder nicht willst."

„Selene ..."

„Hör auf meinen Namen zu sagen!", fauchte ich, nun wieder wütend geworden, an. Doch ich bekam nur mit, dass sein Körper bebte, so als würde er sich mit mir prächtig amüsieren.

„Du solltest noch ein bisschen schlafen."

„Es ist viel zu kalt zum schlafen. Falls du es noch nicht mitbekommen haben solltest ..." Als er sich bewegte, hielt ich kurz inne und redete dann weiter. „Also ähm, falls du es noch nicht mitbekommen haben solltest, ich habe keine Decke bei mir und es ist arschkalt. Also nein, ich werde jetzt ganz bestimmt nicht schlafen."

„Welch Glück, dass du einen Wolf bei dir hast."

„Wie bitte?"

„Ich habe eine ideale Körperwärme, mit welcher man Mädchen wie dich, perfekt wärmen kann."

„Ganz bestimmt nicht! Nur über meine Leiche!" Ich drehte mich von ihm weg und ging weiter. Nein, dieses Mal würde er sich nicht wieder durchsetzten. Ganz bestimmt würde ich mich nicht an seinen Körper schmiegen. Sei er nun ein Wolf oder ein Mensch; er war immer noch Colin. Dieser arrogante und idiotische Colin! Ich wusste noch immer nicht, warum sie genau mich brauchten. Warum nahmen sie nicht einfach ein schottisches Mädchen? Dann hatte ich nicht so weit zu reisen und alles war in Ordnung. Aber nein, es musste sich ja um mich handeln.

„Du brauchst trotzdem deinen Schlaf." Colin versperrte mir den Weg und sah mich entschlossen an. „Aber da du im Moment so abgeneigt gegen mich bist, hast du Glück, dass ich in meinem Rucksack eine Decke eingepackt habe." Er zog eine selbstgemachte Wolldecke heraus, jene, welche ich auch schon bei den anderen Jugendlichen verwenden durfte. Plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf, den ich Colin fragte, während ich ihm die Decke aus der Hand zog.

„Die anderen ... also deine Freunde ... sind sie auch ...?"

„Wölfe?" Aufgrund dessen, weil ich dieses Wort nicht aussprechen wagte, grinste er. Da ich nur nickte, antwortete er mir sogleich. „Ja, sie sind auch Wölfe." Ich hielt die Luft an. „Um genau zu sein, sie sind mein Rudel." Meine Augen wurden groß. Das musste also heißen, er war das Alphatier? War das möglich? Mein Herz schlug unkontrolliert, aber ich versuchte mir nichts von außen anmerken zu lassen. Wobei er dies wahrscheinlich ohnehin mitbekam, da er sogar meine Angst riechen konnte. „Doch das besprechen wir genauer, wenn du ausgeschlafen bist. Du bist heute viel gelaufen, du solltest dich wirklich einmal ausruhen. Morgen wird ein anstrengender Tag." Anstrengend? Warum denn schon wieder anstrengend? Doch ich nickte nur und folgte ihm brav zurück zu dem Platz, an welchem ich aufgewacht war.

Colin setzte sich auf den Waldboden, ich jedoch suchte mir ein Plätzchen weit entfernt von diesen Jungen und machte es mir auf dem harten Boden gemütlich. Ich probierte mir keine Gedanken über die Insekten und Spinnentiere zu machen, die ihr Unwesen auf diesem Boden trieben. Denn ansonsten würde ich wohl nie einschlafen können.

------------------

Wörter: 853

SchwanenblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt