Kapitel 10.3

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Ich hatte aufgehört die Regengüsse zu zählen, in dessen Genuss ich diesen Nachmittag gekommen war. Meine Klamotten waren mindestens genauso durchnässt, wie die von Colin. Unser Weg bestand abermals hauptsächlich aus Wiesen und Feldern, doch irgendwie war ich froh, dass wir einen Wald erreichten. Dieser Wald war zwar sehr matschig und ich wäre beinahe zweimal in den Dreck gefallen, doch das Blätterdach schützte uns einwenig vor dem Regen. Dieses Mal hatte ich keine Befürchtungen, dass uns ein Blitz erschlagen würde, da kein Donner zu hören war.

Ich wusste nicht wie spät es war, doch ich schätzte auf fünf Uhr nachmittags, als es geschah.

Anfangs war noch alles relativ normal. In der Umgebung lag ein frischer Duft, sodass ich meine anschleichende Übelkeit nicht verstand. Colin wollte ich nicht davon erzählen, denn er schien es wirklich sehr eilig zu haben. Plötzlich aber spürte ich ein schmerzhaftes Ziehen in meinem Rücken, sodass ich reflexartig aufschrie und stehen blieb.

„Was ist passiert?" Colin drehte sich aufgebracht zu mir um. Ich konnte ihm erst nach ein paar Sekunden ins Gesicht schauen, und merkte, dass er sehr besorgt war. „Du bist ganz weiß im Gesicht. Ist alles in Ordnung?" Langsam schüttelte ich den Kopf, denn was würde es bringen jetzt noch zu lügen?

Ich spürte, wie Galle in mir hochstieg. Aus diesem Grund ließ ich mich auf den Boden sinken und umklammerte den nächsten Baumstamm den ich sah. Den Matsch um mich herum versuchte ich zu ignorieren.

Colin kniete sich ebenfalls zu mir hinunter und strich mir über die Wange. „Was ist los Selene?" Doch ich gab ihm keine Antwort. Das Ziehen auf meinem Rücken wurde immer bohrender. Ich gab quälende Laute von mir und wusste nicht was ich machen sollte. Am liebsten wollte ich mich auf dem Boden wälzen, damit dieser Schmerz endlich ein Ende nahm.

„Kannst du aufstehen?", wollte er weiters von mir wissen. Da ich es selbst nicht wusste, probierte ich es einfach, doch ich sackte zusammen. Colin fing mich auf, ansonsten wäre ich vornübergefallen. Meine nun schon schweren Atemzüge rasselten neben Colins Ohr. Mir war schrecklich heiß und kalt zugleich. In diesem Moment hätte es mir nichts ausgemacht, wenn ich ohnmächtig oder bewusstlos geworden wäre. Ich hätte diese Bewusstseinszustände sogar herzlich willkommen geheißen, denn dann musste ich diese Qualen nicht länger ertragen.

„Ach du heilige Scheiße, Selene." Er drückte mich fester gegen seinen Brustkorb, doch ich wusste nicht was er auf einmal hatte. Hatte ich mich etwa auf ihm übergeben? Meine Augen wanderten auf seinem T-Shirt umher, aber nein, ich konnte nichts erkennen. Richtig konzentrieren konnte ich mich allerdings nicht, denn mein Schädel pochte, als würde er jeden Moment vor Anstrengung explodieren. Gleichzeitig machte mich mein Rücken fertig. Mit meinen Händen wollte ich auf dieses Körperteil greifen, doch meine Hände waren zwischen meinem und Colins Körper eingeklemmt. Ich schluchzte auf und versuchte mich aus Colins Griff zu befreien, doch er hielt mich mit seinen Armen gefangen. Ich wollte ihm sagen, dass er mich loslassen sollte, doch es entkam mir kein Ton.

Das Ziehen wurde eher zu einem Reißen und Zupfen. Es fühlte sich an, als beteiligten sich tausende große Zecken an meinem Leiden. Sie bissen, rissen und zupften an mir, bis ich nicht mehr wusste wo oben und wo unten war. „Colin.", jammerte ich, denn ich war mir nicht mehr sicher ob er noch bei mir war.

„Ich bin da.", hörte ich ihn gedämpft reden, als wäre er meilenweit von mir entfernt. Für einen kurzen Augenblick schien ich nun doch das Bewusstsein zu verlieren, denn als ich die Augen öffnete, saß ich in einer ganz anderen Position bei Colin. Er hatte mich zwischen seine Beine genommen und ich kauerte gegen seine Brust gelehnt bei ihm. Meine müden Augen wanderten zu dem Platz an dem ich zusammengebrochen war, woraufhin mir umgehend schlecht wurde. Ist das etwa Blut? Schon alleine bei diesem Gedanken fing sich abermals alles zu drehen an. Meine Finger gruben sich kräftig in Colins Beine, doch dieser zuckte nicht ein einziges Mal zusammen. Ich spürte eine seiner starken Arme um meinen Bauch geschlungen und mit der anderen Hand strich er mir fürsorglich übers Haar.

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