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Es tat so gut im warmen Wasser zu liegen. Sofort war mir dadurch viel wärmer, doch mit der Stille die hier herrschte, kamen auch die Gedanken und Fragen, die ich mir schon, seit dem in hier war, immer wieder stellte, doch eine Frage war dazu gekommen. Warum möchte Wincent, dass ich hier bleibe?

Genau über diese eine Frage zerbrach ich mir schon fast den Kopf, doch ich kam auf keine mögliche Antwort darauf. Langsam hatte ich das Gefühl, als würde mein Kopf vor lauter nachdenken gleich platzen, weshalb ich es dann lieber lies, und versuchte, mich einfach ein wenig zu entspannen, was gar nicht so einfach war. Ich war viel zu aufgewühlt, um mich richtig entspannen zu können.

Ich schloss meine Augen und versuchte an rein gar nichts zu denken. Vielleicht klappt es so besser, doch auf einmal vernahm ich von irgendwo her, leise Gitarrenklänge, die meine volle Aufmerksamkeit erregten. Es klang wunderschön und war gleichzeitig so beruhigend. 

Nach einiger Zeit, in der ich den Klängen der Gitarre lauschte, kam eine Stimme dazu. Sie war so warm und sang mit so viel Gefühl, wie ich es noch nie erlebt hatte. Aber wer war das? Hier war doch niemand außer....

Ich entschloss mich dazu, aus der Wanne zu steigen und mich mit dem Handtuch abzutrocknen, bevor ich mich in den warmen flauschigen, viel zu großen Bademantel hüllte und dann das Bad verließ. 

Mit langsamem Schritten ging ich durch den kleinen Flur, in die Richtung aus der die Gitarrenklänge, als auch die Stimme kamen. Sie führten mich geradewegs ins Wohnzimmer, wo ich jedoch im Türrahmen stehen blieb, und zur Couch blickte, auf der Wincent mit einer Gitarre am Schoß saß und sang. 

"Hör mir zu, wenn ich schweige. Schau genauer hin. Hör mir zu, wenn ich dir zeige, wer ich wirklich bin. Hör mir zu, wenn ich schweige. Ich hab so viel zu erzählen. Und das Reden fällt oft leichter, wenn mir die Worte fehlen. Wenn mir die Worte fehlen...." 

Bis zum Schluß hin wurde er immer leiser, bis er ganz verstummte. Wie erstarrt stand ich im Türrahmen und sah zu ihm. Egal, was er da gerade gesungen hat... Es sprach mir einfach aus der Seele und trieb mir die Tränen in die Augen. Man konnte es gar nicht richtig beschreiben.

Nun hatte mich Wincent auch bemerkt, und sah mich mit leicht schief gelegtem Kopf an. "Stehst du schon lange da?", fragte er mich ruhig. "Nein, noch nicht...", gab ich als Antwort von mir, bevor ich mich zu ihm auf die Couch setzte. 

Er legte sein Gitarre weg und griff dann nach den beiden Tassen die am Tisch standen und reichte mir eine davon. "Das wärmt dich auch nochmal ein bisschen auf...", lächelt er und trank selbst einen Schluck aus seiner Tasse. Auch ich trank einen Schluck und sah dann zu ihm rüber.

"Es war wunderschön..." Fragend, als wüsste er nicht, wovon ich rede, sah er mich an. "Was war wunderschön?" "Das was du eben gesungen hast... Es war wunderschön... Du hast eine wirklich schöne und beruhigende Stimme..." Leicht lächelte ich. Was das bei mir ausgelöst hat, ließ ich lieber außen vor.

"Ähm, danke...", murmelte er und lächelte. "Ich sage nur, wie es ist...", meinte ich ebenfalls lächelnd. "Und danke nochmal für das Bad...", fügte ich noch hinzu. "Keine Ursache... Hauptsache dir geht es gut..." Ich lächelte leicht, doch dieses Lächeln verschwand relativ schnell wieder, als mir ein Gedanke durch den Kopf schoß. 

"Wie geht es dir eigentlich? Du kümmerst dich um mich, bist für mich da, obwohl wir uns nicht lange kennen, fragst mich immer wieder, wie es mir geht, aber wie geht es dir?" 

Etwas überrascht sah er mich erst an. Es schien so, als hätte er gerade nicht damit gerechnet, doch ich musste, beziehungsweise wollte ihn das jetzt einfach fragen, da er sich immer nur um mich Gedanken macht, anstatt auch mal an sich selbst zu denken.

Frische Luft || Wincent Weiss Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt