Jake

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Nach einer Ewigkeit, konnte ich mich wieder bewegen. Ich stand vorsichtig auf, aber bei fast jedem Schritt klappte ich erneut ein, weil die Schmerzen unerträglich wurden.
Zu Hause angekommen, saß meine Mutter vor dem Laptop und arbeitete.
"Hallo Luc, na wie geht's?"
"Super" log ich "und dir Mum?"
"Ach, sagen es wir so, es ging mir schon schlechter"
"Dann ist ja gut" sprach ich mit einem Lächeln im Gesicht.
In meinem Zimmer drehte ich die Musik von meinem Kopfhörern auf die höchste Stufe, schloss ab und brach zusammen.
Wenn diese Clique so weiter machen würde, würde ich noch höchstens eine Woche leben.
Das Gerücht ging auch schon mal rum, dass Jason schonmal im Auftrag von jemanden einen Menschen umgebracht hatte. Ob das wirklich stimmte, war die Frage aber man könnte es ihm zutrauen.

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Am nächsten Morgen war mein "Dad" gar nicht da, er war auf irgendeiner Reise um "geschäftliches" zu regeln. Meine Mutter hatte sich sogar noch mit einem langen Kuss von ihm verabschiedet, ich hatte ihn einfach nur umarmt, denn wenn ich das nicht gemacht hätte, hätte mir meine Mutter noch lange Vortäge darüber gehalten wie eine Tochter - Vater Beziehung in ihren Augen aussehen sollte.
Bei der Umarmung drückte er mit Absicht auf die Schnittstellen, die immer noch bei jeder kleinsten Berührung aufgingen. Zusätzlich lehnte er sich leicht an meine Rippen.
Meine Vermutung hatte sich gestern noch bestätigt, als ich mitten in der Nacht in die Notaufnahme gefahren war. Nick hätte es mir niemals erlaubt, ins Krankenhaus zu kommen, denn wenn die rausfindem würden, dass die Verletzungen nicht durch z.B. einen Sturz entstanden sein konnten sondern durch prutale Gewallt, würde er höchstwarscheiblich seinen Job verliehren. Und er liebte seinen Job, wahrscheinlich angelte er sich dort einfach immer nur seine Geliebten.
Deswegen hatte ich mich um 3 Uhr nachts aus dem Fenster geschlichen und bin los gefahren.
Meine Rippen, also 1, war gebrochen, 1 angeknackst. Leider konnte man dagegen nichts tun, außer sich schonen und hoffen, dass es wieder ganz zusammen wächst.

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In der Schule bekamen wir den Deutschaufsatz zurück. Natürlich, was keine Überraschung mehr war, hatte ich mal wieder die beste Note der Klasse. 1,1.
Mein schlechtestes Fach war Englisch, immoment stand ich jetzt nur noch auf 1,8.
Nach Deutsch und den drei weiteren Fächern, hatte ich eine Freistunde. Meine Mitschüler, setzen sich dann in Gruppen und unterhalten sich.
Ich hingegen, setzte mich auf einen Hocker, bei dem nichts und niemand meinen Rücken berühren konnte, und lernte Englisch und Französisch. In beiden Fächern, schrieb ich noch morgen einen jeweils einen kurzen Test über Grammatik und Vocabeln.
Nach 10 Minuten legte ich die Sachen weg und holte meine Hausaufgaben raus.

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Nach der Schule trug ich meinen Rucksack, anstatt ihn auf den Rücken zu nehmen. Im Café, stand ausnahmsweise mal nicht Jake hinter dem Tresen, an der Bar, sondern irgendein anderer, den ich noch nie gesehen hatte.
Ohne mich vorzustellen, lief ich zu dem Umkleidekabienen. Von dort aus lief ich nochmal ins Bad um meine Wunden abzutupfen.
Es brannte mal wieder höllisch, aber am schlimmsten war, dass ich mich gleichzeitig auch noch verrenken musste um an die Schnitte in meinem Rücken zu kommen, das heißt ich musste meine Rippen auch belasten, und deswegen rang ich mit den Tränen.
Ich dachte, dass Nick der einzigste dumme Mensch ist, den ich kannte, aber in den letzten Monaten hatte ich drei neue Feinde bekommen: Jason, Mark und Mirko.
Mit ihnen war nicht zu spaßen, das wusste ich jetzt, aber wie lange würde ich das noch aushalten, bis wohin konnte ich gehen und nicht weiter, wo waren meine Grenzen?

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Jake kam eine halbe Stunde später wie sonst, den Grund wollte er mir nicht nennen. Ich weiß das geht mich eigendlich auch nichts an, aber irgendwie verpasste es mir einen Stich ins Herz, dass er mir nicht vertraute.
'Ich vertraue ihm doch auch nicht alles an ...'
Nach meiner Schicht ging ich unverhofft auf dem Café, ich schlug schon den Weg nach Hause ein, als ich Jake sah. Er lehnte am Gemäuer auf der anderen Straßenseite.
Er sah total lässig und cool aus, 'der ist so sexy ...', da kam er auch schon auf mich zu.
Der warme Sommerwind hauchte meine Haarstränen aus meinem Gesicht.
"Komm. Wir gehen mal"
"Wohin?"
"Es wird dir gefallen, glaub mir"
'Es wird dir gefallen glaub mir ...' die Worte hatte Jason auch schonmal zu mir gesagt, am Anfang, als ich noch nicht kapierte was er wollte. Aber was wollte Jake von mir ...
Ich war nichts besonderes, braunhaarig, durchschnittlich groß und ich hatte nicht die beste Figur, wieso mochte mich Jake? Wieso?
Er zog mich an der Hand.
Als wir an einem Waldrand ankamen, roch man Moos und man konnte die Vögel zwischern hören. Die Sonne war schon tief. Der Bach plätscherte, das Gras war feucht.
Jake setzte sich und ich machte es ihm nach. Zusammen lauschten wir den Geräuschen.
Ich wurde immer müder und müder, schließlich legte ich meinen Kopf auf seine Schulter und er legte den Arm um mich. Keiner sprach ein Wort, wir genossen einfach nur die Zweisamkeit, die Ruhe und einfach mal diese Pause.
Kurz bevor er ging, hauchte er mir einen Kuss auf die Wange. Mir lief ein Schauer über den Rücken.
Als er schon vor 20 Minuten gegangen war, blieb ich noch sitzen und erinnerte mich an diesen "Kuss".
Was hatte es zu bedeuten gehabt, hatte ich auch mal Glück in meinem Leben, vielleicht war es freundschaftlich gemeint, aber aus meiner Sicht bestand schon von anfang an mehr als nur Freundschaft zwischen uns.
Ich glaubte, dass ich zum ersten mal verliebt war und zwar in Jake ...

Alone #WinterAward2018 #ObsidianAward2018/19Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt