Geborgen

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Er hielt mich fest, so fest, dass ich kaum noch atmen konnte. Aber ich wollte ihn nicht nur einen Millimeter weiter weg von mir haben.
Es war das erste mal in meinem Leben, in dem ein Mensch, dem ich genauso viel bedeutete, wie er mir, in den Armen hielt und einfach für mich da war.
Personen, die in einer normalen Familie, in einer normalen Welt aufgewachsen waren, die beide Elternteile hatten, bei denen jeder ihn schätzt und respektiert, die verstanden oft nicht, wesshalb ich solche normalen Dinge so unnatürlich fand.
Obwohl ich schluchzte und die Tränen meine Wangen runter liefen, erschien ein Lächeln auf meinem Gesicht. Noch nie in meinen ca. 16 gesammten Lebensjahren, hatte ich mich so respektiert und gleichzeitig entblößt, geborgen aber auch so offen, gegenüber einem Menschen gefühlt.
Jake war da. Er war einfach da.
Er stellte keine unangenehmen Fragen, die ich nicht beantworten konnte, er machte nichts weiteres, als mich in den Armen zu halten und mich zu beschützen.
Er war für mich da und das war noch nie jemand für mich gewesen.
Meinen "Vater", konnten wir schon mal von der Liste streichen. Der einzige Mensch der noch blieb war meine Mum. Sie war zwar da, aber niemals hatte sie mir das Gefühl geschätzt zu werden.
Ich war eher, ihre geldfressende Mitbewohnerin, anstatt ihre Tochter.
Als die Tränen langsam aber sicher verschwanden, blinzelte ich und rückte ein Stück von ihm weg.
Als ich in seine grünen Augen, mit den kleinen Sprenkeln sah, wurde mir warm ums Herz.
Er sah wie mein Blick von seinen Lippen zu seinen Augen hin und her glitt, als er seine Lippen auf meine drückte, dachte ich, ich müsste gleich umfallen.
Diese einfache Berührung löste etwas in mir aus, dass ich noch nie gefühlt hatte. Keine einläuchtetende Erklärung ergab Sinn. Es musste Liebe sein.
Obwohl wir noch nicht lange zusammen waren, musste ich es ihm einfach sagen. Mit meinem gesammten Mut sprach ich die drei Worte aus: "Ich liebe Dich!"
"Ich dich auch" kam sofort als Antwort zurück.
Als wir mein Zimmer verließen und unsere Jacken anzogen, fragte er leise: "Möchtest du darüber sprechen?"
Ich biss mir auf die Unterlippe. Einerseits wollte ich ihm die gesammte Wahrheit sagen, ihm einfach alles erzählen, vom Anfang bis zum Ende.
Doch die Angst in meinem Inneren war genauso anwesend wie die Zuversicht.
'Was wäre wenn er das alles verstehen würde, wenn er verstehen würde wieso ich das machte?!
Was wäre wenn er dass alles nicht verstehen würde, wenn er nicht verstehen würde wieso ich das machte?!'
"Ehm also ..."

Alone #WinterAward2018 #ObsidianAward2018/19Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt