Dracos Geschichte

103 3 0
                                    

Den ganzen Monat November lang trafen wir uns immer wieder. Fast jeden Abend, um genau zu sein und natürlich immer heimlich. Die einzige, die davon wusste, war Hermine. Sie war total erstaunt, als ich ihr von unserem ersten Treffen erzählte. Allerdings war sie das auch bei allen anderen Gesprächen, nach weiteren Treffen.
"Malfoy und nett", fragte sie immer wieder ungläubig.
Sie hatte natürlich keine gute Meinung über ihn, denn Malfoy nannte sie immer "Schlammblut". Obwohl, ich hatte es ihm, zumindest in meiner Gegenwart, schon ausgetrieben. Ich hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass Hermine meine Freundin war und dass ich mich nicht mehr mit ihm treffen würde, falls er nicht endlich damit aufhörte.
"Ja, Hermine, glaub mir", beteuerte ich. "Er war wirklich lieb. Wir haben über ganz alltägliche Dinge geredet. Lieblingsessen, Lieblingsfarbe und so weiter. Und er nennt mich nicht mehr Miller. Und wie er mich angeschaut hat und wie wir miteinander gelacht haben. Es war ein wirklich schöner Abend und wir treffen uns wieder. Stell Dir doch mal vor, er will mich wiedersehen. Er will mich wirklich wiedersehen. Mich, die kleine Katherine Miller, die er Jahre lang fertig gemacht hat. Und jetzt stellt sich heraus, dass er das alles nur wegen seinem Vater macht, das ganze Getue und der Hass gegenüber allen Nicht-Slytherins. Das ist einfach unglaublich."
Ich überschlug mich fast, ich konnte nicht mehr aufhören zu reden. Ich entwickelte mich tatsächlich zu einer Labertasche.
"Weiß er denn von Deinen Träumen", wollte meine Freundin wissen. "Ich meine, weiß er, dass Du jede Nacht in Gedanken mit ihm schläfst und..."
"Bisher habe ich noch nicht mit ihm geschlafen", rief ich aus. "Die Träume hören immer auf, wenn es interessant wird."
"Ja, okay, aber weiß er denn, dass Du in diesen Träumen tiefe Gefühle für ihn hast, die sich auch in das wahre Leben übertragen?"
"Natürlich nicht. Außerdem habe ich keine Gefühle für ihn. Jedenfalls noch nicht."
"Wer's glaubt, wird selig. Gib es schon zu."
"Nein, ich liebe ihn nicht. Ich wäre ja auch verrückt, wenn ich das zulassen würde. Da würde ich mich ja direkt mit Du-weißt-schon-wem anlegen. Ich bin doch nicht lebensmüde."
"Dann beantworte mir mal ein paar Fragen, Katherine Miller. Erstens: Wieso flüsterst Du jede Nacht seinen Namen?"
"Weil ich von ihm träume..., aber das heißt noch lange nicht, dass..."
"Zweitens: Warum brezelst Du Dich immer so auf, wenn Du Dich mit ihm triffst?"
"Weil ich gut aussehen will."
"Warum?"
"Na, weil ich nicht wie eine Vogelscheuche rumlaufen will. Ganz einfach. Ich mache mich gerne hübsch. Ich schminke mich immer."
"Du solltest Dich mal sonntags beim Hausaufgaben machen sehen. Ich sage nur: Trainingshose, Schlabbershirt, Haare zusammen gebunden, nicht geschminkt. Klingelt's da bei Dir?"
"Das ist was ganz anderes."
"Ist ja auch egal. Meine dritte Frage: Weshalb grinst Du wie ein Honigkuchenpferd, wenn Du von den Treffen zurück kommst?"
"Na ja, ich habe eine Menge Spaß. Wir lachen viel und..."
"Viertens: Wieso schaut ihr euch ständig an?"
"Na ja, wir..."
"Fünftens: Warum läufst Du rot an, wenn Du ihn siehst?"
"Ich..."
"Sechstens: Warum denkst Du die ganze Zeit an ihn?"
"Tue ich nicht..."
"Siebtens... achtens... neuntens... zehntens..." Jetzt war es Hermine, die sich halb überschlug. Sie stellte immer mehr Fragen, die auch unterhalb der Gürtellinie landeten. So lautete Frage vierzehn zum Beispiel: "Wieso träumst Du überhaupt, dass ihr fast miteinander schlaft?"
Ich war so baff, dass ich irgendwann überhaupt nicht mehr antworten konnte. Ich brachte, keinen Ton mehr raus. Erstens, weil ich sauer war, und zweitens, weil ich wusste, dass Hermine wieder einmal recht hatte. Ich versuchte es zwar noch zu verdrängen, aber ich war bis über beide Ohren in Draco verliebt.
"Schluss jetzt", schrie ich irgendwann laut heraus. "Hermine, es reicht. Ich sehe es ein. Du hast Recht. Ich habe mich in ihn verliebt. Bist Du jetzt zufrieden?"
"Nicht ganz", antwortete sie. "Ich verstehe nicht, warum. Ich meine, wir reden immerhin von Draco Malfoy. Einem widerlichen Dreckskerl, der noch dazu in Slytherin ist. Seine Eltern sind Todesser und Du hast selbst gesagt, Du würdest Dich mit Du-weißt-schon-wem anlegen deswegen."
Oh Mist, ich hätte mich beinahe verplappert, dass er selbst auch Todesser war. Gott sei Dank hatte es Hermine so herum ausgelegt.
"Rede nicht so von ihm!" Ich würde trotzdem gleich platzen vor Wut. "Du kennst ihn nicht so, wie ich kenne. Zu mir ist er lieb und nett und alles. Und ich habe gedacht, dass Du diejenige bist, die den Worten des Sprechenden Hutes so viel Bedeutung beimisst. Von wegen, wir sollen Freundschaft unter den Häusern schließen. Und das tue ich."
"Ja, Kate, aber Liebe?"
"Ich habe gesagt, ich habe mich verliebt, nicht, dass es schon die große Liebe ist. Das ist für mich immer noch ein Unterschied. Außerdem glaube ich, dass es Bestimmung ist. Träume lügen nicht, sie spiegeln die Wünsche, Ängste, Gefühle der Seele wieder."
"Jetzt klingst Du wie Trelawney."
"Ja und?"
"Nichts. Ich finde das nur irgendwie lustig."
"Lustig?"
"Na ja, Du hasst Trelawney. Du hast auch einmal Malfoy gehasst und jetzt liebst Du ihn. Vielleicht..." Sie grinste.
"Nein, ich werde mich garantiert nicht in Trelawney verlieben." Da musste ich auch kichern. Der Gedanke war schon witzig. Meine Wut verflog.
"Also, sagst Du es ihm", fragte Hermine.
"Keine Ahnung. Wir werden sehen. Noch nicht, ich will mir zumindest erst einmal seine Freundschaft bewahren."
"Übrigens fragt sich Harry schon, wo Du abends immer hingehst. Auch noch nach den Trainings..."
"Oh nein, was mache ich denn jetzt?"
"Keine Angst, ich habe ihm gesagt, dass du wirklich zum Lernen in die Bibliothek gehst und dann immer ganz schnell nach oben gehst, weil Du so müde bist."
"Danke, Hermine, Du bist ein Schatz."
"Keine Ursache. Aber irgendwann kann ich es nicht mehr geheim halten, deswegen würde ich mir, an Deiner Stelle, entweder eine neue Ausrede einfallen lassen oder Du sagst ihm die Wahrheit."
"Das kann ich nicht."
"Dann denk mal ordentlich nach, Kate."

Wenn aus Feindschaft Liebe wirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt