Das Ende

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Es war dunkel, es war kalt und zu allem Übel hatte es auch noch zu regnen begonnen. In kürzester Zeit war ich nass bis auf die Knochen, doch es war mir egal. Was sollte es auch bedeuten, es war nicht wichtig. Für mich gab es nichts mehr, wofür es sich zu leben lohnte. Mein Baby war tot, Draco war fort... Draco... Mein Draco...
Immer mehr Tränen liefen mir über die Wangen, ich konnte mich nicht beruhigen. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, dann hatte ich von Anfang an gewusst, dass es so kommen würde. Ich hatte gewusst, dass er fliehen musste und mich nicht mitnehmen konnte, doch ein kleiner Teil in mir hatte immer gehofft, dass er seine Aufgabe nicht durchziehen würde und dass wir irgendwo glücklich zusammen leben konnten. Und selbst wenn er gehen musste, so hatte ich gedacht, dass mein Baby da sein würde, mein kleiner Malfoy-Junior und dass Draco somit zu mir zurück kehren würde. Doch es war alles anders. Mir war klar, dass, so lange Voldemort lebte und er an der Macht war, Draco niemals zu mir zurück kehren konnte. Wie auch? Dazu kannte ich ihn zu gut. Er hatte mir zwar versprochen, einen Weg zu finden, wie er mich zu sich holen könnte, aber es gab nur einen einzigen. Voldemort musste sterben. Doch jetzt, da Dumbledore tot war, standen unsere Chancen bei Null. Wer sollte es auch mit ihm aufnehmen? Selbst wenn wir zusammenhalten, so können wir ihn und seine Übermacht nicht aufhalten.
Ich hörte entfernte Schreie in der Ferne, doch ich hörte nicht, was oder wen sie riefen. Mir war alles egal. Ich war zu sehr mit mir und meinen Gedanken beschäftigt, als dass ich irgendetwas um mich herum wahrnahm. Ich hatte Draco zwar versprochen, rote Funken in die Luft zu schießen, doch ich hatte es vollkommen vergessen. Nein, das war nicht richtig, vergessen hatte ich es nicht, doch ich wollte einfach nur alleine sein.
Jetzt hörte ich die Rufe deutlicher. "Kate!"
Sie kamen näher. Nein, bleibt weg, ich will meine Ruhe, will alleine sein, vielleicht einfach nur sterben.
"Miss Miller?"
Noch näher.
Zum ersten Mal fragte ich mich, wie lange ich wohl weg gewesen war. Im Osten kündigte ein heller Streifen bereits den nahenden Morgengrauen an. So lange? Sollte ich rufen, damit die anderen mich fanden? Ich fragte mich, was mich in der Schule wohl erwarten würde. Es waren nur noch wenige Tage bis zu den Sommerferien, doch angesichts der Ereignisse vermutete ich, dass sie uns früher nach Hause schicken würden. Oh Gott, ich will nicht nach Hause in diesen allgemeinen Trott, wo immer nur danach gefragt wurde, was los sei, wenn man nicht mit einem Dauergrinsen durch die Gegend läuft. Ich wollte meinen Eltern nicht Rede und Antwort stehen müssen. Ich wollte einfach nur alleine sein, mich in einer Höhle verkriechen und nie mehr daraus hervorkommen, bis Draco mich holen kam. Sollte ich weglaufen und genau das tun? Doch ich wusste, dass das unmöglich war. Früher oder später würde mich jemand finden und ich wusste nicht, welche Seite es sein würde. Und von was sollte ich leben? Ich konnte keine Kochzauber und Klamotten hatte ich auch nur die bei mir, die ich am Körper trug und die waren blutverschmiert und schmutzig. Von Geld ganz zu schweigen...
Ich warf einen Blick zum Schloss, es war hell erleuchtet und auch auf dem Schulgelände waren Lichter zu sehen. Und da fasste ich im Inneren den Entschluss, dass es sinnlos und feige war, einfach davon zu laufen. Ich war nicht feige, das hatte ich heute Nacht eindeutig bewiesen. Wenn ich dem ganzen ein Ende setzen wollte, dann musste ich selbst etwas tun. Ich musste selbst gegen Voldemort in den Kampf ziehen, dann hatte ich die Chance, eines Tages glücklich mit Draco zusammen leben zu können und sei dieser Tag auch noch so weit entfernt. Ich musste Aurorin werden, dann würde ich vielleicht stark genug werden um zu überleben. Und meine innere Stärke wuchs, wenn ich mir nur vor Augen hielt, dass Voldemort an allem Schuld war: er war Schuld an Dumbledores Tod, war Schuld, dass Draco und ich uns trennen mussten, war Schuld am Tod unseres Kindes...
Ich zog meinen Zauberstab, sprach leise den Zauber und innerhalb einer Millisekunde leuchteten rote Funken direkt über mir am Himmel.

Schon nach wenigen Minuten kamen sie. Ich hörte sie schon lange bevor sie mich fanden.
"Meinen Sie, das ist sie, Minerva", wollte eine männliche Stimme wissen, die ich als die von Professor Slughorn erkannte.
"Ich will es hoffen", antwortete Professor McGonagall. "Sie ist schon sehr lange verschwunden. Ich wüsste nicht, wie ich das ihren Eltern beibringen sollte."
"Aber warum ausgerechnet Katherine Miller", fragte Professor Sprout. "Wieso sollten die Todesser ausgerechnet sie entführen? Sie hat doch gar nichts mit ihnen zu tun."
"Ich weiß es nicht, Pomona", meinte McGonagall. "Das kann uns nur Miss Miller selbst sagen."
Da sah ich ihre Lichter um die kleine Biegung kommen. Ich saß immer noch auf dem matschigen Boden, klitschnass wie ich war. Mir war kalt, da ich nur ein T-Shirt trug. Aufstehen konnte ich nicht, ich fühlte mich schwummrig und hatte von Snapes Eingriff immer noch Schmerzen. Das alles nahm ich jetzt erst wahr, da ich nicht mehr nur an Draco und mein totes Kind denken musste. Ich wollte mich einfach nur in ein Bett legen und schlafen. Vielleicht würde mir Madam Pomfrey wieder ein Mittel für einen traumlosen Schlaf geben, das war genau das, was ich jetzt brauchte. Ich wollte keine Fragen beantworten müssen, von nichts und niemanden. Ich wollte einfach in Ruhe gelassen werden.
"Miss Miller", rief fragend die Stimme von McGonagall.
"Ich...", versuchte ich zu antworten, doch ich bekam nur ein leises Krächzen hervor. "Ich bin hier!"
Na, das hatten sie jetzt sicher gehört. Doch, welch ein Wunder, sie fanden mich auch so. Obwohl ich leicht versteckt, hinter einem kleinen Busch saß.
"Gott, sei Dank, MIss Miller, wir dachten schon", meinte Professor Sprout. Sie hatte mich zuerst gesehen und das Licht aus ihrem Zauberstab blendete mich. "Grund Gütiger! Minerva! Schnell, sie ist hier. Sie muss dringend in den Krankenflügel. Es sieht so aus, als wäre sie sehr schwer verletzt. Nur ruhig, Miss Miller, es wird alles wieder gut. Wir bekommen das schon hin. Sie werden schon sehen, es wird alles, wie es einmal war."
Ha, der Witz war gut. Nichts würde so sein, wie es einmal war. Mein Baby... tot... Draco, mein Draco... verschwunden...
"Miss Miller", ich erkannte die Stimme von Professor McGonagall. "Können Sie mich hören? Können Sie mir erzählen, was geschehen ist?"
Ich sah sie verständnislos an. Was wollte sie von mir? Ich kapierte nichts, konnte nicht einmal den Sinn ihrer Worte verstehen. Ich spürte, wie sich die Schatten einer Ohnmacht näherten.
Auf einmal wurde ich in die Luft gehoben und auf eine Trage gelegt.
"Locomotor", sagte McGonagall und ich spürte, wie ich mich sanft in Bewegung setzte, doch dann überfiel mich die Dunkelheit.

Wenn aus Feindschaft Liebe wirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt