Ein nächtliches Gespräch

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Es dauerte etwa drei Sekunden, in denen sich niemand rührte. Mein Gehirn jedoch arbeitete sofort auf Hochtouren. Sie kommen! Ich wusste genau, was das hieß: Todesser! Wenn nicht sogar Voldemort höchstpersönlich.
Dann brach die totale Panik aus. Die Gäste kreischten laut, Mütter riefen nach ihren Kindern und außerdem war da noch das Ploppen von apparierenden oder disapparierenden Zauberern zu hören. Auf der anderen Seite des Festzeltes zuckten bereits die ersten grünen und roten Blitze von Flüchen auf.
Sofort zog ich meinen Zauberstab aus dem Ärmel meines Festumhangs. Gott sei Dank hatte ich beim Anziehen noch daran gedacht. Ich wüsste nicht, was ich sonst tun würde. Ich wollte mich am liebsten sofort ins Kampfgetümmel stürzen und Todesser zur Strecke bringen, auch wenn das vielleicht ein klein wenig lebensmüde war. Aber schließlich hatte ich es diesen Wichsern zu verdanken, dass ich in der letzten Zeit so sehr gelitten hatte. Sie waren Schuld daran, dass mein Baby tot war, dass ich mich von Draco trennen musste. Draco! Oh mein Gott, vielleicht war er ja hier. Ich musste ihn finden, bevor ihm etwas zustieß. Vielleicht konnten wir dann zusammen abhauen. Scheiß' auf Schule, scheiß' auf meine Mutter (die mir sicher den Kopf abreißen würde) und scheiß' auf...
„Kate, was is'n da los?"
Ginny, oh Gott, die hatte ich ja komplett vergessen. Sie stand hinter mir an einen Pfosten gelehnt und war sternhagelvoll. Scheiße! Mir fiel mein Versprechen gegenüber Harry ein, dass ich alles tun würde, um Ginny zu beschützen. Ich musste sie hier raus bringen, so viel stand fest. Aber wohin? Irgendwo, wo sie niemand finden würde, bis das hier alles vorbei war.
Doch weiter kam ich mit meinen Gedanken nicht, denn plötzlich stürmte eine schwarze Gestalt auf uns zu und zielte mit dem Zauberstab auf meine Brust. Ich konnte nur noch reagieren. Ich gab meiner Freundin einen Schubs, so dass sie rücklings aus dem Zelt fiel. Dann blieb mir nur noch eine Millisekunde um einen Schildzauber auszuführen. Mit voller Wucht prallte der Zauber meines Gegners dagegen, sodass es schwer wurde meinen Schild aufrecht zu erhalten. Verdammt, war der stark! Doch das war jetzt egal, jetzt war es Zeit zum Gegenschlag auszuholen. Mein Schockzauber traf den Todesser genau in die Brust. Er sah mich durch seine Maske hindurch erstaunt an, dann kippte er vornüber und blieb vor meinen Füßen liegen. Ich konnte es mir nicht verkneifen, ihm noch mit voller Wucht in die Rippen zu treten. Das ist für Draco, Du Mistkerl!
Hastig drehte ich mich zu Ginny um, die nun auf allen Vieren am Zelteingang saß und sich die Seele aus dem Leib kotzte. Na super, das konnte ich jetzt garantiert nicht gebrauchen.
„Ginny, komm schon, wir müssen hier weg", rief ich verzweifelt über die Schreie um uns herum hinweg. Doch das brachte mir nur ein weiteres UUUUÄÄÄÄH ein.
„GINNY!"
Hastig drehte ich mich um und sah Harry auf uns zustürmen.
„Harry, was zur Hölle treibst Du noch hier", wollte ich von ihm wissen. „Schau bloß, dass Du verschwindest!"
„Aber Ginny, ich muss sie doch..."
„DU musst gar nichts, Harry. Hör zu, ich habe Dir versprochen, auf sie aufzupassen und meine Versprechen halte ich in der Regel. Und jetzt mach endlich, dass Du wegkommst. Die sind hinter Dir her!"
„Aber, Kate, was ist, wenn..."
„Ginny passiert nichts, das verspreche ich Dir. Hau schon ab!"
Und um meinen Worten Nachdruck zu verleihen, schubste ich ihn in Richtung Ron und Hermine, die gerade auf uns zu gerannt kamen.
„Harry, komm schon", schrie Hermine und fuchtelte wild mit den Händen herum.
„Danke, Kate", sagte Harry. „Mach's gut."
„Passt auf Euch auf!"
Dann musste ich dabei zusehen, wie sich meine drei Freunde auf der Stelle drehten und mit einem leisen Plopp verschwanden. Tränen traten mir in die Augen. Wann würde ich sie wiedersehen? Würde ich das überhaupt? Was, wenn...? Nein, daran wollte ich jetzt gar nicht denken. Jetzt gab es wichtigeres zu tun.
„Komm schon, Gin", sagte ich zu meiner Freundin, griff ihr unter die Arme und zog sie hoch. „Wir suchen Dir jetzt ein hübsches Plätzchen, wo Du Deinen Rausch ausschlafen kannst."

Zuerst hatte ich keine Ahnung, wo ich Ginny sicher verstecken sollte. Der Fuchsbau schied aus, denn falls die Todesser den Kampf im Festzelt gewinnen sollten - und mir wurde ganz schlecht bei dem Gedanken - dann würden sie dort zuerst nach Ginny suchen. Auch alle anderen potentiellen Verstecke schieden aus diesem Grund aus. Zum Beispiel die Garage oder der Schuppen, sie waren einfach zu nahe dran und zu nahe liegend. Wo war meine Freundin also sicher? Und dann fiel mir endlich die passende Lösung ein.Gestern (oder vorgestern, ich hatte keine Ahnung wie spät es war) hatte ich mit Ron, Harry, Ginny, Fred und George eine Runde Quidditch auf dem Hügel hinter dem Obstgarten gespielt. Die Besen hatten wir bei den Weasleys im Schuppen untergebracht, aber die Bälle hatten wir aus einer Art Bunker auf dem Hügel geholt. Es war ein Loch, etwa zwei Meter tief, eineinhalb Meter breit und drei Meter lang. Es war mit einer Klappe verschlossen, die ich leicht mit ein paar Blättern und etwas Moos tarnen konnte. Das war perfekt, aber es war gleichzeitig auch eklig, denn es roch modrig und es wimmelte darin vor Spinnen und anderem Krabbelvieh.
„Komm, Ginny, ich weiß, wo wir hingehen, na los."
Ich zog sie weiter, wobei ich sie eher trug, als dass sie selbst lief. Oh Mann, nie wieder würde ich zulassen, dass sie auch nur einen Tropfen Alkohol trank, das schwöre ich. Den Hügel hinauf war es eine wahre Qual. Ginny war nicht gerade die leichteste und ich musste dringend mal wieder Sport treiben um meine Kondition zu verbessern. Herrgott nochmal, Kate, konzentrier' Dich endlich, schimpfte mich meine innere Stimme. Und dieses Mal hatte sie recht. Na ja, eigentlich hatte sie immer recht, wenn ich das zugeben musste. Was ist, wenn ein Todesser hinter diesem Busch lauerte? Oder da vorne in Mrs Weasleys Blumenbeet? Na gut, das war nicht gerade realistisch, zugegeben.
Immer wieder drehte ich mich um, aber es war so stockdunkel, dass ich nichts erkennen konnte. Deswegen hieß es, Ohren auf Empfang. Ich konnte nichts hören, außer mein Keuchen, Ginnys leises Schnarchen (Die war doch jetzt nicht etwa eingeschlafen, oder? Das ist doch nicht ihr Ernst!) und das „Schuhu" einer Eule irgendwo hinter uns.
Dann endlich waren wir da. Jetzt musste ich nur noch diese dumme Klappe finden. Sicher hätte ich Licht mit meinem Zauberstab machen können, aber das wagte ich nicht, denn sonst hätte man uns sofort entdecken können. Ich setzte meine Freundin sachte auf dem Boden ab und machte mich dann auf die Suche. Es dauerte keine drei Minuten, dann hatte ich die Luke gefunden, die im Boden eingelassen war. Ich öffnete sie und ging langsam die drei Stufen hinunter, die in die Wand eingelassen waren. Iiiih, war das eklig, aber was besseres konnte ich auf die Schnelle nicht finden. Jetzt musste ich das ganze nur noch ein wenig wohnlicher für Ginny machen und zwar schnell. Denn ich musste zurück und den anderen helfen. Außerdem wollte ich zu gern noch dem ein oder anderen Todesser in den Hintern treten. Ich schnalzte mit dem Zauberstab und schon erschien eine weiche Liege aus dem Nichts. Noch ein Schlenker und Ginny hatte eine Decke. Gut, okay, das musste vorerst genügen. Dann konnte sie zumindest ihren Rausch ausschlafen. Jetzt musste ich sie nur noch heil hier runter bekommen.
Ich kletterte aus dem Loch, wobei meine Hände irgendetwas Schleimiges streiften. Ich unterdrückte den Impuls laut aufzuschreien. Nur ruhig, Kate, das war sicher nur eine kleine, süße Schnecke oder so. Doch was war dieses leichte rote Leuchten? Oh mein Gott, nichts wie raus hier. Ginny würde mich umbringen, wenn sie hier drinnen aufwachte, so viel war sicher. Aber scheiß' drauf, das war alles nur zu ihrem besten.
Ginny lag zusammengerollt im Gras und schnarchte. Wie krieg ich die jetzt in dieses Loch? Ich kann sie doch unmöglich tragen? Kate, Du dumme Kuh, Du bist 17 Jahre alt. Benutz' Deinen Zauberstab und vor allem endlich dein Gehirn.
„Locomotor Ginny", murmelte ich und schon erhob sich meine Freundin in die Luft.
Ganz sachte positionierte ich sie über dem Loch und ließ sie dann nach unten auf die Liege gleiten. Mit einer weiteren Bewegung des Zauberstabs erwachte die Decke zum Leben und deckte meine Freundin zu.
Hoffentlich entdeckt sie hier niemand, dachte ich, als ich nach einem letzten Blick die Klappe schloss. Dann tarnte ich diese mit etwas Moos und Laub und machte mich dann auf den Weg zurück zum Zelt. Todesser, zieht Euch warm an, jetzt komme ich!

Alles nur aus Liebe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt