Auf der Lichtung

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Wir landeten wieder im Wald. Ich fiel auf die Knie und ließ meinen Tränen freien Lauf. Noch jemand, den ich liebte, war dem Dunklen Lord zum Opfer gefallen und dieses Mal war es mein bester Freund. Severus, der mir so oft geholfen und mich gerettet hatte. Er war tot, fort, von mir gegangen und er würde niemals zurück kehren. Das alles wegen eines dämlichen Zauberstabs, wenn ich das richtig verstanden hatte. Man opferte ein Menschenleben wegen einem blöden Stück Holz und weil der Dunkle Lord sich diesen Schwachsinn mit der Weltherrschaft in den Kopf gesetzt hatte.
Ich konnte es nicht fassen. Was sollte ich denn ohne meinen besten Freund tun? Ich würde nie wieder sein „Meine Kleine" oder sein „Kleines" hören. Mir war nie wirklich bewusst gewesen, wie wichtig er mir geworden war. Er war der große Bruder, den ich nie gehabt hatte. Und als meine Eltern gestorben waren, hatte er sogar die Rolle eines Vaters eingenommen. Er war derjenige, der mich zum Altar geführt und mich an meine große Liebe übergeben hatte, die jetzt irgendwo dort oben im Schloss lag, unter einem riesigen Felsbrocken begraben.
Hatte ich Severus eigentlich jemals gesagt, wie wichtig er für mich war? Was er für eine große Rolle in meinem Leben gespielt hatte? Ich glaube nicht und jetzt konnte ich auch das nicht mehr tun, denn er war fort, hatte diese Welt für immer verlassen.
„Kate, meine Süße, was ist passiert", hörte ich auf einmal Narzissas Stimme neben mir. „Ist etwas mit Draco?"
Ich sah meine Schwiegermutter an. Ihr Gesicht war gezeichnet. Sie hatte ein riesiges Veilchen, wo sie ein heftiger Schlag getroffen haben musste. Ich sah sie nur durch einen Tränenschleier.
„Zissy... ich... ich...", stotterte ich. „Draco... Severus..."
„Ganz ruhig, Kate. Was ist los?"
Sie streichelte mir über die Wange und wischte meine Tränen weg. Doch es war zwecklos, es kamen schon wieder neue.
„Severus... er... er... Oh Zissy, es ist so schrecklich. Er ist tot!"
„Was redest Du da?"
„Ich habe es mit eigenen Augen gesehen."
„Aber wie? Ist er in der Schlacht gefallen?"
„Nein, ER hat ihn umgebracht", meinte ich aufgebracht und deutete mit dem Kinn in die Richtung meines Herren, der sich scheinbar mit Lucius stritt. „Und das alles wegen einem blöden Zauberstab. Es war so furchtbar. Er hat Nagini auf ihn losgelassen."
„Das ist... Und wo ist Draco?"
„Er ist noch oben im Schloss. Als ich ihn zuletzt sah, ist die Außenmauer eingestürzt. Er wurde vermutlich unter den Trümmern begraben, aber ich konnte ihn nicht suchen. Greyback hat mich vorher erwischt."
Narzissas Augen weiteten sich vor Schreck, doch sie konnte nichts mehr darauf sagen, denn plötzlich hallte wieder die Stimme unseres Herren über die Ländereien.
„Ihr habt gekämpft", sagte er mit seiner hohen und kalten Stimme. „Heldenhaft gekämpft. Lord Voldemort weiß Tapferkeit zu schätzen. Doch ihr habt schwere Verluste erlitten. Wenn ihr mir weiterhin Widerstand leistet, werdet ihr alle sterben, einer nach dem anderen. Ich will nicht, dass dies geschieht. Jeder Tropfen magischen Blutes, der vergossen wird, ist ein Verlust und eine Verschwendung (Genau, deswegen musste mein bester Freund auch sterben! Hatte er etwa kein magisches Blut?). Lord Voldemort ist gnädig (Seit wann denn das? Eben war es noch nicht.) Ich befehle meinen Streitkräften, sich sofort zurück zu ziehen. Ihr habt eine Stunde. Schafft Eure Toten mit Würde fort. Versorgt Eure Verletzten.
Harry Potter, ich spreche nun direkt zu Dir. Du hast Deine Freunde für Dich sterben lassen, anstatt mir selbst entgegen zu treten. Ich werde eine Stunde lang im Verbotenen Wald warten. Wenn Du nach Ablauf dieser Stunde nicht zu mir gekommen bist, Dich nicht ergeben hast, dann beginnt die Schlacht von neuem. Diesmal werde ich selbst in den Kampf ziehen (Hey, Weltwunder, der Feigling machte auch mal was selbst? Was ganz neues. Ansonsten ließ er die Drecksarbeit doch immer die anderen erledigen!), Harry Potter, und ich werde Dich finden und ich werde jeden Einzelnen, ob Mann, Frau oder Kind, bestrafen, der versucht hat, Dich vor mir zu verstecken. Eine Stunde."
Dann brach er ab und wandte sich wieder uns zu, die auf der Lichtung mit ihm waren. Wir waren nicht viele. Die anderen waren noch oben in Hogwarts.
Doch ich hielt es nicht mehr aus. Allein seine Stimme und auch noch die Tatsache, was er alles gesagt hatte, hatte gereicht, um bei mir das Fass zum Überlaufen zu bringen. All die Wut und der Zorn, der in meiner Trauer über Severus untergegangen war, kochte nun auf. Ich wollte meinen Herren auf der Stelle töten. Und es war mir egal, dass noch andere um mich herum standen und dass mich mein Herr dann wahrscheinlich töten würde. Ich wollte sein Blut sehen, wollte Rache für meinen toten Freund.
Ich sprang auf, schlug Narzissas Hand weg, die mich aufzuhalten versuchte und stürmte auf den Dunklen Lord zu. Er hatte nicht mit einem Angriff gerechnet, deswegen reagierte er auch nicht und das verschaffte mir einen Vorteil. Wenn auch einen verschwindend geringen.
Mit einem lauten „AAAH" und mit voller Wucht prallte ich gegen meinen Herren. Ich riss ihn zu Boden und setzte mich rittlings auf ihn. Ich nagelte ihn mit meinem gesamten Gewicht fest und hieb ihm schnell zweimal in seine hässliche Fresse.
„Du elender Scheißkerl", schrie ich ihn an und schlug ihm noch einmal ins Gesicht. „Du hast ihn einfach so umgebracht. Er hat Dir nichts getan. Er war Dir immer treu ergeben und hat die Drecksarbeit für Dich erledigt. Und Du feiges Arschloch bringst ihn einfach um. Du verdienst es nicht, auch nur eine Sekunde lang weiter zu leben, Du..."
Da riss es mich von ihm herunter und ich wirbelte durch die Luft. Ich wusste nicht, wer den Zauber ausgeführt hatte. Voldemort konnte es nicht gewesen sein, denn der hatte seinen Zauberstab fallen lassen, als ich gegen ihn gekracht war. Ich selbst knallte jetzt gegen einen Baum und schlug mir ziemlich hart den Schädel an. Ich war etwas benommen, doch ich verlor nicht das Bewusstsein.
„Du wagst es, so mit unserem Herren zu sprechen", schrie Bellatrix laut. Wo war die nur auf einmal hergekommen? War die auch schon da gewesen, als wir zurück gekommen waren? „Und Du wagst es, ihn zu schlagen? Du minderwärtige Blutsverräterin!!! Das lasse ich nicht zu. Ich zeige Dir, was Du verdient hast, Du kleine Schlampe. Crucio!"
Sofort stand mein Körper in Flammen. Alle Nerven brannten und ich zuckte wie verrückt. Ach Du Scheiße, das hielt ich nicht aus. Und meine Babys! Was war mit ihnen? Hatten sie nun auch diese Schmerzen? Hielten sie sie überhaupt aus? Ich schrie wie am Spieß. Ich konnte es nicht unterdrücken, das ging einfach nicht. Die Schmerzen waren einfach zu stark.
„Bella, hör auf", hörte ich Narzissas Schrei durch meine eigenen hindurch. „Du tötest ihre Kinder. Du weißt doch, dass sie eine Allergie hat."
Durch den Schleier der Schmerzen konnte ich erkennen, dass meine Schwiegermutter auf ihre Schwester zu gerannt war und sie daran zu hindern versuchte, mich weiter zu foltern. Doch diese schubste ihre Schwester einfach beiseite.
„Lass mich, Narzissa", brüllte sie Zissy an. „Die kleine Mistkröte hat es nicht anders verdient. Sie hat unseren Herren angegriffen. Willst Du das etwa gut heißen?"
„BELLA", ertönte da auf einmal die eiskalte Stimme meines Herren. „Hör auf, schnell. Nimm sofort den Zauberstab herunter."
„Aber Herr, sie..."
„SOFORT!"
Die Schmerzen verschwanden und ich sank in mich zusammen. Ich spürte bereits die Schwellung in meinem Gesicht. Doch es gab keinen Severus, der mich heilen konnte. Ich konnte nur darauf hoffen, dass es schnell gehen würde, wenn erst einmal die Atemwege zu schwollen.
Ich spürte kalte, spinnenartige Finger auf mir und als ich die Augen öffnete, sah ich meinen Herren neben mir knien.
„Du weißt doch überhaupt nicht, warum sie mich angegriffen hat, Bella", sagte er ruhig und begann, mich zu untersuchen. „Katherine hatte allen Grund dazu und ich habe ihren Zorn verdient. Ich habe ihren besten Freund getötet."
„Ihr habt Snape umgebracht", fragte sie verwirrt.
„Es war notwendig und ich bedauere es zutiefst", gab er zurück. „Da ist es doch nur zu verständlich, dass unsere Kleine hier außer sich ist. Wie würdest Du reagieren, wenn ich Rabastan, Deinen Schwager töten würde? So viel wie ich weiß, steht ihr euch doch auch sehr nahe."
„Ich würde es verstehen, mein Herr", sagte Bella. „Wenn ihr es für notwendig halten würdet."
„Unsere kleine Katherine hier tickt aber anders als Du. Sie ist ein sehr gefühlvoller Mensch. Du hast sie zu Unrecht bestraft, Bellatrix. Und wenn man sie hätte bestrafen müssen, dann hätte ich das angeordnet. Du hast schon wieder gegen meinen Befehl gehandelt. Meine Anordnung war klar und deutlich: man soll Katherine kein Leid zufügen. Und wieder hast Du sie verletzt. Lucius, halte sie fest. Ich werde mich gleich um sie kümmern. Zuerst muss ich Katherines Verletzungen heilen und schauen, wie es ihren Babys geht."
Er ließ seinen Zauberstab über mich gleiten und murmelte irgendwelche Zauber. Ich spürte, wie die Schwellung abnahm und meine Atemwege wieder frei wurden. Dann sprach er noch einen Zauber und legte sein Ohr an meinen Bauch. Mir war das mehr als unangenehm.
„Mein Herr", mischte sich Narzissa ein. „Man sollte Kate ins St. Mungos bringen. Sie sollte untersucht werden. Wer weiß, wie die Babys auf die Folter reagieren?"
„Es geht ihnen gut", gab der Dunkle Lord. „Ich kann ihre Herzschläge hören. Sie klingen sehr stark."
„So was geht", fragte ich verwirrt. Ich hatte nicht gewusst, das so etwas möglich ist.
„Ich kenne viele Mittel und Wege der Magie. Narzissa, willst Du mal hören?"
Meine Schwiegermutter sah mich fragend an und ich nickte. Ich wollte aus ihrem Mund hören, wie es meinen Zwergen ging. Denn meinem Herren glaubte ich kein Wort. Zissy kam zu mir und legte auch das Ohr auf meinen Bauch.
„Das ist unglaublich", hauchte sie. „Kate, mein Liebling, es geht ihnen wirklich gut. Du brauchst Dir keine Sorgen zu machen."
„Danke", flüsterte ich und kämpfte gegen die Tränen an. Das war genau das, was ich hören musste.
„Gut, dann wäre das ja alles geklärt", sagte Voldemort und stand auf. „Katherine, noch so eine Aktion deinerseits lasse ich nicht zu. Ich schiebe das ganze jetzt einfach mal auf einen Wutausbruch in Folge eines Hormonschubs. Aber das nächste Mal kommst Du mir nicht so leicht davon..."
„Ja, Mylord!"
Ich fasste es ja nicht. Ich hatte gehofft, dass er jetzt so richtig ausflippen, mich anbrüllen und bestrafen würde. Genau das wünschte ich mir jetzt, dann hätte ich mich wenigstens wehren können. Aber Pustekuchen. Jetzt musste er einen auf Softie und verständnisvoll machen. Hatte er das nicht vorher tun und Severus' Leben verschonen können?
„Und jetzt, mein Herr", wollte Narzissa von ihm wissen.
„Jetzt kümmere ich mich erst einmal um Deine Schwester", antwortete mein Herr. „Und dann warten wir auf Potter."

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