In memoriam

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Ich konnte es nicht glauben, nein, ich WOLLTE es nicht glauben.
„Ich...aber...", stotterte ich. „Das kann nicht... Das ist nicht... Du scherzt doch!"
„Darüber macht man keine Witze, Katherine", meinte Severus traurig.
„Aber... aber... ich..."
Tränen stiegen mir in die Augen und suchten sich ihren Weg hinaus.
„Aber das ist nicht möglich", brachte ich heraus. „Sie hat mir doch erst geschrieben. Das kann nicht wahr sein!"
„Es ist erst heute Nacht passiert, Katherine. Es tut mir so leid."
„Aber... Mum... Dad... Neeeeeeeeeiiiiiiiiiiiin!"
Dann konnte ich es nicht mehr aufhalten. Ich brach vollends zusammen. Die Tränen liefen mir wie Sturzbäche die Wangen hinab und ich brüllte wie am Spieß.
Meine Mum, meine liebe, verrückte, nervige Mum, die mich immer wie ein Baby behandelt hatte. Wie sehr wünschte ich mir, sie würde mich jetzt in den Arm nehmen und mich trösten wie damals als Kind. Sogar jetzt hörte ich ihre Stimme: „Es wird alles wieder gut, Katie, mein Baby. Komm wir tun ein Pflaster drauf, dann tut es gleich gar nicht mehr weh! Heile, heile Segen!"
Und mein Dad, mein wunderbarer, ruhiger Dad. Nie wieder würde ich mit ihm auf unserer Lichtung picknicken. Nie wieder würde er mir etwas erklären und nie wieder würde ich ihn sagen hören: „Deine Mutter hat vollkommen recht!"
Sie waren fort, tot, unwiderruflich verschwunden. Und sie hatten mich einfach allein zurück gelassen. Wieso nur mussten sie sterben? Sie waren doch noch so jung.
McGonagall drückte sanft meine Schulter und strich mir über den Kopf.
„Es tut mir ja so leid, Miss Miller", sagte sie ruhig.
Doch es war Draco, den ich in diesem Moment brauchte, aber ich blöde Kuh hatte ihn ja aus dem Krankenflügel werfen müssen, wegen so einer dummen Kleinigkeit. Da ich ihn also nicht haben konnte, schaute ich meinen Freund an.
„Severus", schluchzte ich.
Er streckte die Arme nach mir aus.
„Komm her, Katherine, mein Kleines."
Ich sprang von meinem Stuhl, ohne auf McGonagalls verwirrten Blick zu achten und schmiss mich in seine Arme. Er zog mich auf seinen Schoß, streichelte mir über den Rücken und wiegte mich sanft.
Jetzt ließ ich mich so richtig gehen und es war mir scheißegal, ob ich dabei seinen Umhang einsaute oder nicht.
„Schon gut, meine Kleine, lass es raus", flüsterte mir Severus ins Ohr. „Ich bin bei Dir und ich bin für Dich da. Wir kriegen das hin."
Ich dachte einfach nur an die schönsten Augenblicke mit meinen Eltern. Der erste Kindergeburtstag, an den ich mich erinnern konnte, wie Dad mir meinen ersten Goldfisch schenkte, die gemeinsamen Urlaube in Ägypten und wie ich einmal in einer Pyramide verloren gegangen war. Wie erleichtert Mum gewesen war, als sie mich gefunden hatten. Dann der Moment, als Mum mir meinen ersten BH kaufte, peinlich zwar, aber ich fühlte mich in diesem Augenblick zum ersten Mal wie eine Frau. Als wir meine Schulsachen für Hogwarts kauften oder wie ich Mum zu ihrem vierzigsten Geburtstag ihr Lieblingslied vor sang und sie dabei in Tränen ausbrach. Damals war mir das unangenehm gewesen, heute würde ich alles dafür geben, um diesen Moment noch einmal erleben zu dürfen.
So viele Kleinigkeiten, die ich mir nun zurück wünschte, die ich aber nie wieder erleben, hören oder fühlen würde. Mums Stimme (auch wenn sie manchmal ziemlich schrill war), ihre Umarmungen, ihr „Katie", wenn sie mich zum Essen rief, Dads Lachen, wenn wir gemeinsam auf Mum losgingen oder sein Geschnarche, wenn er wieder einmal in seinem Sessel eingeschlafen war. Und wenn man dann seine Zeitung wegnehmen oder den Fernseher ausschalten wollte, dann sagte er immer „Ich bin wach, ich bin wach".
Was sollte ich denn jetzt ohne meine Eltern machen? Ich war 17 und volljährig, aber ich brauchte doch noch meine Mum und meinen Dad. Wer würde mir denn jetzt meine Lieblingsessen kochen, mit wem konnte ich über Quidditch diskutieren und über wen sollte ich mich denn jetzt aufregen? Oh Gott und ich war auch noch genervt von Mums Brief gewesen und hatte über sie geschimpft. Die letzten Worte, die ich über meine Mum gesagt hatte, waren nicht gerade positiv gewesen. Und das letzte, was sie von mir gehört hatten, war nur eine kurze Antwort auf ihre Nachricht gewesen.

Ich komme. Ginny wird mich nach Weihnachten besuchen.
Entschuldigt, ich habe nicht viel Zeit. Aber ihr kennt das ja, die Pflicht ruft.
Bis dann,
Kate

Alles nur aus Liebe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt