Die Warnung

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Mit Tränen überströmten Gesicht landete ich schließlich vor dem Fuchsbau. Bevor ich mich jedoch auf den Weg nach drinnen machte, blieb ich ein paar Minuten im Hof stehen, um mich einigermaßen zu beruhigen. Ich war einfach mit den Nerven am Ende. Der Abschied von Draco, die Ungewissheit, wann ich ihn wieder sehen würde und keinerlei Aussicht auf irgendeine Ablenkung, hatten mich wieder in meinen Deprisumpf gezogen. Gott sei Dank ging in zweieinhalb Wochen die Schule wieder los. Da hatte ich wenigstens immer etwas zu tun, auch wenn es einfach nur Lernen in der Bibliothek war.
Weltwunder, Katherine Jane Miller freut sich auf die Schule. Das war bisher nur einmal vorgekommen und das war nach den letzten Weihnachtsferien gewesen und da hatte ich mich auch nur auf Draco und die Sachen gefreut, die wir alle so miteinander trieben. Jetzt freute ich mich wirklich auf den Unterricht, das Lernen und die Hausaufgaben. Und natürlich auf die Aussicht irgendetwas in der Sache Gut gegen Böse bewegen zu können. Falls das von der Schule aus überhaupt möglich war.
Ich zog meine Schuhe aus und machte mich langsam auf den Weg zum Haus. Erst als ich nur noch etwa 10 Meter davon entfernt war, fiel mir auf, dass in der Küche und im Wohnzimmer Licht brannte.
Ach Du Scheiße, was machte ich denn jetzt? Hatte Mrs Weasley etwa heraus gefunden, dass ich die Nacht nicht auf meiner Matratze, sondern wo anders verbracht hatte? Ich war so gut wie tot. Ich konnte gleich nach oben gehen, meine Sachen packen und zurück zu meinen Eltern apparieren, wo mir Mum mit Sicherheit den Kopf abreißen würde. Ich hörte sie jetzt schon schimpfen: „Katherine Jane Miller (der komplette Name war immer mordsgefährlich), wie konntest Du es wagen, Dich einfach so davon zu schleichen? Was sollen jetzt die Weasleys nur von uns denken? Dass Du schlecht erzogen bist, das werden sie denken. Was, bitteschön, hattest Du mitten in der Nacht draußen zu suchen? Hast Du Dich etwa heimlich mit Deinem Freund getroffen? Wer ist er überhaupt und was habt ihr getrieben (getrieben hatten wir es wirklich, im wahrsten Sinne des Wortes)? Weißt Du denn überhaupt nicht, dass Du davon schwanger werden kannst? (Doch, das wusste ich besser als jede andere in meinem Schuljahr, immerhin war ich ja bis vor wenigen Wochen selbst schwanger gewesen!) Und wer ist der Kerl überhaupt? Raus mit der Sprache, Katherine, damit ich dem jungen Mann einen Besuch abstatten und ihn eigenhändig umbringen kann. Wie kommt der überhaupt auf die Idee, Dich zu so etwas anzustiften?! So habe ich Dich nicht erzogen, Katherine. Das war sehr unvernünftig von Dir. Was Dir alle hätte passieren können! In solchen Zeiten in der Nacht herumzustreunen wie eine läufige Hündin! Geh jetzt sofort nach oben in Dein Zimmer, bis ich mir eine gerechte Strafe für Dich ausgedacht habe. Warte, bis ich das Deinem Vater erzähle. Steve! Steve, es ist unglaublich, was Deine Tochter schon wieder angestellt hat!"
Sie würde mich dann einfach alleine stehen lassen und zu meinem Vater ins Wohnzimmer gehen und ihm dort eine haarsträubende Geschichte erzählen, in der ich als verstümmelte Leiche die Hauptrolle spielte. Und ich würde daraufhin wutschnaubend die Treppe hinauf poltern und mich heulend aufs Bett schmeißen. Nein, das war einmal! Heute würde ich nach oben gehen, meine Sachen packen und einfach abhauen. Ich wusste zwar nicht wohin, aber mir würde schon was einfallen. Und wenn ich mir für die zweieinhalb Wochen ein Zimmer im Tropfenden Kessel nehmen musste. Da gab es wenigstens keine Bettwanzen, aber dafür war das Essen nicht so berauschend. Aber das war immer noch besser, als sich von Mum wie ein kleines Baby behandeln zu lassen.

Mittlerweile war ich bei der Hintertür angekommen. Ich riskierte einen kurzen Blick in die Küche, doch da war niemand zu sehen. Vielleicht hatten Mr und Mrs Weasley einfach vergessen, das Licht auszumachen. Wobei, nein, das hatten sie nicht. Als ich den Fuchsbau vorhin verlassen hatte, war das Licht eindeutig aus gewesen. Sonst hätte ich mir nicht den blauen Fleck am Knie zugezogen. Ich hatte es nämlich wieder einmal geschafft gegen einen Stuhl zu laufen. Das war ein sehr kritischer Moment gewesen.
Was sollte ich denn jetzt tun? Ich hätte natürlich in Ginnys Zimmer apparieren können, aber die Gefahr, dass dieses Mal ein Plopp zu hören war, war durchaus gegeben. Ein Zauberer kann sich nämlich nur lautlos von einem Ort zum anderen zaubern, wenn er wirklich, wirklich aufpasste und sich konzentrierte. So wie vorhin, als ich ins Penthouse disappariert war. Aber jetzt war ich viel zu nervös dazu. Und nur das kleinste Geräusch würde mich verraten.
Also hieß es, sich so leise wie möglich nach oben zu schleichen. Der Vorteil war, dass ich immer noch desillusioniert war. Also musste ich nur vorsichtig sein, damit ich nicht einen Ton von mir gab...
Auf Zehenspitzen schleichend bahnte ich mir einen Weg durch die Küche. Die rettende Treppe ging vom Wohnzimmer aus nach oben, aber genau von dort konnte ich zwei flüsternde Stimmen hören. Verdammt, mein Weg war versperrt! Langsam ging ich auf den Durchgang zu und warf einen Blick hinein. Da, fünf Meter zu meiner Linken, war die Treppe, doch um zu ihr zu gelangen, musste ich an Mr Weasley vorbei, der in seinem Ohrensessel saß und sich mit jemandem unterhielt, der mir im Moment den Rücken zu wandte. Doch diesen fettigen Haaransatz hätte ich überall erkannt. Es war Severus.
„Sie sind in Sirius' Haus", sagte Mr Weasley gerade. „Ich konnte ihnen einmal meinen Patronus schicken, als ich meinen Anhang losgeworden war. Aber sie wollten mir nicht verraten, welchen Auftrag Dumbledore Harry erteilt hat. Weißt Du es, Severus? Hat Dumbledore Dir irgendetwas darüber gesagt? Du hattest immerhin den besten Draht zu ihm."
„Er hat sich darüber nicht geäußert, nein."
„Es ist nur so, dass Remus und ich den dreien gerne helfen würden. Es ist doch unverantwortlich von Dumbledore, drei gerade mal volljährige Zauberer einfach so loszuschicken ohne ihnen irgendwelche Anhaltspunkte zu geben. Sie sind ja noch nicht einmal mit der Schule fertig. Was ihnen da alles passieren kann. Daran möchte ich gar nicht erst denken!"
„Dumbledore wusste schon, was er tat. Es sagte nur, es muss Potter sein, der es tut. Und seien wir mal ehrlich, wenn einer einen geheimen Auftrag ausführen kann, dann ist es er. Er windet sich immer aus allem raus."
„Severus, jetzt lass Deine Antipathie gegen ihn endlich einmal ruhen. Er kann doch nichts dafür, dass er damals überlebt hat und sie nicht. Das ist einzig und allein Du-weißt schon-wens Schuld."
„Ich weiß doch, Arthur, aber Potter ist einfach wie sein Vater. Arrogant, faul, verweichlicht (Ähm, Moment mal, reden wir gerade von Harry Potter? Den kenne ich aber ganz anders...). Worauf ich aber eigentlich hinaus wollte, ist, dass Potter genau weiß, wie er sich zu verbergen hat. Nur er allein hat Anweisungen von Dumbledore erhalten. Außerdem hat er die Granger dabei, die zieht ihn schon aus der Scheiße, wenn es sein muss. Und in der Schule wäre es eh viel zu gefährlich für ihn."
„Stimmen denn die Gerüchte, Severus?"
„Ja, sie sind wahr. Mir blieb leider nichts anderes übrig. Hätte ich mich geweigert, wäre ich..."
„Schon klar, Severus. Aber was ist mit Ginny und Kate? Ist es für sie nicht auch gefährlich in Hogwarts?"
Oha, jetzt wurde es aber interessant. Wieso sollte es für uns gefährlich werden? Was genau wusste Mr. Weasley?
„Pscht, Arthur, nicht so laut. Wir wissen nicht, ob außer uns vielleicht nicht noch jemand zuhört."
Er drehte sich auf dem Sofa um und schaute genau in meine Richtung. Aber wie? Ach Du heilige Scheiße. Snape konnte ja Gedanken lesen. Alarmstufe rot, Alarmstufe rot, mayday, mayday. Spitzfindige Fledermaus auf 12 Uhr!!! Severus' Augen verengten sich zu Schlitzen. Oh oh!!!
„Was hast Du, Severus?"
Oh nein, was sollte ich denn jetzt tun? Wenn Severus mich jetzt verrät, ist alles aus. Deswegen versuchte ich ihn mit meinen Gedanken zu beeinflussen. Bitte sag nichts, dass ich hier stehe. Die wissen nicht, dass ich weg war. Ich bin abgehauen, um mich mit Draco zu treffen. Bitte, Severus, ich flehe Dich an. Ich tue auch alles, was Du willst, aber bitte, häng mich nicht hin. Wenn jetzt herauskommt, dass ich nicht friedlich oben schlafe, dann kann ich gleich meine Sachen packen und zu meinen Eltern zurück gehen. Tu mir das nicht an. Ich wollte doch nur eine Nacht mit ihm verbringen. Bitteeeee!
Hilflos musste ich mit ansehen, wie Severus zu einer Antwort ansetzte.
„Nichts, Arthur", sagte Snape leise. „Ich dachte nur, ich hätte etwas gehört. Aber ich habe mich getäuscht. Da ist niemand. Wahrscheinlich bin ich einfach nur übermüdet. Ich habe seit Wochen nicht mehr als drei Stunden in der Nacht geschlafen."
„Dann geh und leg Dich noch ein wenig hin, bevor Du wieder für IHN unterwegs bist. Es ist eh besser, wenn Molly Dich nicht hier sieht. Du weißt schon, wegen der Sache mit Dumbledore."
„Ja, ich weiß. Wärst Du bitte so nett und würdest mich noch mit nach draußen begleiten?"
„Aber natürlich, gern. Und danke nochmal, dass Du so offen zu mir warst."
Dann erhoben sie sich und kamen auf mich zu. Ich drückte mich so nahe an die Wand, wie es mir möglich war, damit ich nicht doch noch von Mr Weasley entdeckt wurde. Doch er ging einfach an mir vorbei. Aber Severus blieb auf meiner Höhe stehen und tat so, als würde er noch einmal überprüfen, dass er auch ja alle seine sieben Sachen bei sich hatte.
„Dafür bist Du mir einen Gefallen schuldig, Katherine", flüsterte er aus dem Mundwinkel und ließ mich dann einfach stehen.
Oh, oh, das klang nicht gut. Einem Severus Snape sollte man nie etwas schulden. Wer weiß, was er von mir wollte.
Doch ich hatte jetzt keine Zeit, mir darüber großartig Gedanken zu machen. So leise wie möglich schlich ich nach oben in Ginnys Zimmer. Sie lag friedlich schlafend und sabbernd in ihrem Bett und schlief den Schlaf der Gerechten. Schnell hob ich den Desillusionierungszauber auf und legte mich dann schließlich selbst schlafen.

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