Muggelkunde

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Und wieder hieß es rennen. Aber dieses Mal war es nicht die Eile, sondern die Vorfreude, die mich antrieb. Ich konnte es kaum erwarten, endlich Dracos Brief zu lesen und das, obwohl ich eigentlich beschlossen hatte, sauer auf ihn zu sein. Wobei, wenn ich es mir so recht überlege, war das eigentlich total kindisch von mir. Er konnte ja schließlich nichts dafür. Was hatte Severus gesagt? Ihm ging es körperlich gut, aber seelisch sah es gar nicht so rosig aus? Da konnte ich ihm jetzt nicht auch noch Stress machen.
„VORSICHT", riss mich ein lauter Schrei aus meinen Gedanken und ich kam schlitternd zum Stehen.
Was ist denn jetzt schon wieder los? Ich will doch nur nach oben und diesen blöden Brief lesen. Ist das denn zu viel verlangt? Irgendwie erinnerte mich diese Situation doch stark an den Sommer, genauer gesagt an den Abend der Hochzeit. Da war es genauso gewesen. Konnte man denn nicht einmal fünf Minuten seine Ruhe haben? Das ist ja furchtbar.
„Miss Miller, wo kommen Sie denn her", meinte McGonagall. Anscheinend hatte ich sie fast umgerannt. UPS! „Haben Sie schon einmal auf die Uhr geschaut? Es ist halb 11. Sie sollten eigentlich seit 8 Uhr in ihrem Gemeinschaftsraum sein. Oder haben Sie unserem Schulleiter bei seiner Jahresantrittsrede etwa nicht zugehört?"
„Ja doch, schon, Professor", antwortete ich ihr keuchend. Ich musste dringend etwas für meine Kondition tun. „Aber apropos Schulleiter, von dem komme ich gerade."
„Sie waren so lange dort? Was hatten Sie denn so vieles zu besprechen?"
„Ach, so dies und das. Ich hatte einige Fragen bezüglich des Schulsprecheramtes. Aber, Professor, jetzt würde ich gerne in den Gryffindorturm, wenn das für sie in Ordnung ist. Nicht dass ich am Ende noch von jemand anders erwischt werde."
„Sollte dies der Fall sein, Miss Miller, dann schicken Sie denjenigen bitte zu mir."
„Klar, Professor, mach ich!"
„Na, dann laufen Sie schon weiter. Sie scheinen es ja mächtig eilig zu haben."
„Professor, Sie ahnen ja gar nicht, wie eilig. Gute Nacht!"
Dann ließ ich sie einfach stehen und rannte weiter. Mich konnte so schnell nichts mehr aufhalten, vor allem kein fettes Todesserpaar.

„Felix Felicis", schrie ich der fetten Dame schon entgegen, kaum dass ich um die Ecke gebogen war.
Doch sie reagierte nicht, denn sie schlief tief und fest. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein! Heute schien wirklich nicht mein Tag zu sein. Es war zum verrückt werden. Doch halt, da öffnete sich das Porträtloch ein kleines Stück und ich gab noch einmal Gas. Das einzige, was ich sah, war etwas großes, dunkelhaariges.
Da ich aber immer noch im vollen Lauf den Gang entlang sprintete, rief ich nur „Aus der Bahn", denn bremsen konnte ich jetzt eh nicht mehr. Doch mit was ich nicht gerechnet hatte, war die kleine Stufe am Eingang und über die stolperte ich jetzt natürlich, so dass ich in hohem Bogen gegen die Person fiel, die das Porträt für mich zur Seite geschoben hatte. Gemeinsam schlugen wir auf dem harten Steinboden auf.
„Aua! Ich habe Dich ja auch vermisst, Kate, aber das ist noch lange kein Grund, mich gleich umzurennen!"
Zu meinem großen Erstaunen lag Neville halb unter mir.
„Neville, entschuldige, ich hatte einfach zu viel Tempo drauf", beeilte ich mich zu sagen und sprang schnell auf. „Aber sag mal, was wolltest Du denn draußen? Du weißt schon, dass um 8 Uhr Zapfenstreich ist, oder?"
Ich streckte ihm meine Hand entgegen und half ihm auf. Hmm, er überragte mich tatsächlich um gut einen Kopf und ich war 1,70 Meter.
„Klar, weiß ich das. Ich wollte doch nur nach Dir suchen, Kate. Ginny und ich haben uns schon Sorgen gemacht und da ich Ginny wegen Du-weißt-schon-was nicht mehr rauslassen wollte, habe ich gesagt, ich schaue nach Dir. Wo warst Du denn so lange?"
„Ich war bei Snape. Irgendwelches Zeug besprechen, weil ich doch jetzt Schulsprecherin bin. Danke Neville, dass Du auf Ginny aufgepasst und sie nicht gehen gelassen hast."
„Kein Thema, Kate. Weißt Du, auch wenn ihr mir nicht alles erzählt, so kann ich mir doch einiges zusammen reimen."
„Ich weiß und glaub mir, irgendwann einmal werde ich Dir so viel erzählen wie möglich. Aber nicht jetzt, denn jetzt muss ich dringend... ins Bett!"
Ich wünschte ihm noch eine gute Nacht und ließ ihn am Porträtloch stehen. Doch da kam Ginny auf mich zu. Nicht die auch noch. Ich heule jetzt gleich. Habe ich es nicht gesagt?! Keine fünf Minuten!
„Wo zur Hölle...", setzte sie mit hochrotem Gesicht an, doch ich schnitt ihr gleich das Wort ab. Um nichts in der Welt würde ich mich jetzt davon abbringen lassen, diesen verdammten Brief zu lesen.
„Ginny, ich war bei Snape und das hat eben ein klitzekleines bisschen länger gedauert als geplant. Außerdem war ich ein wenig spät dran. Ich erzähle Dir morgen alles, versprochen. Nur bitte, bitte, bitte, lass mich jetzt nach oben gehen."
Da schien es bei ihr Klick zu machen.
„Du hast eine Nachricht bekommen?"
Ich nickte ihr einmal kurz zu. Meine Füße brannten schon darauf, erneut loszulegen.
„Na dann, ab mit Dir!"
Sie gab mir einen kleinen Klaps auf den Hintern und ich stürmte los.

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