Auf nach London

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Und wieder hieß es, warten. Was auch sonst? Ich hatte ja schließlich sechs Wochen lang nichts anderes getan.
Aber wenigstens wurde mir dieses Mal nicht ganz so langweilig, denn ich hatte immer jemanden um mich. Sei es Ginny, Mrs Weasley, Fred, George, es war immer jemand da. Außerdem nutzten meine Freundin und ich die Zeit und übten fleißig Flüche, Gegenflüche, Gifte, Tarnung und vieles mehr. Natürlich konnte Ginny nicht zaubern, da sie einfach noch 16 war und die Spur auf sich hatte und wir wollte ja keinen Rauswurf aus Hogwarts riskieren. Obwohl das Ginny wahrscheinlich mehr als nur recht gewesen wäre.
Eine Woche, nachdem ich an Severus geschrieben hatte, bekam ich doch tatsächlich eine Antwort von ihm. Allerdings ohne einen Anhang von meinem Schatz.

Sehr geehrte Miss Miller, liebe KJ,
vielen Dank für Ihr Schreiben. Gemäß Ihrem Wunsch, habe ich den beigefügten Aufsatz, an den verantwortlichen Sachbearbeiter weiter geleitet.
Ich soll Ihnen viele Grüße von ihm ausrichten. Doch leider ist es ihm im Moment nicht möglich, persönlich mit Ihnen in Kontakt zu treten.
Allerdings freut es mich, Ihnen mitteilen zu können, dass ansonsten alles auf dem aktuellen Stand der Dinge bleibt.
Für weitere Fragen stehe ich Ihnen weiterhin zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Severus Snape
Leiter der Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei

„Häää", meinte Ginny, als ich ihr den Brief zum Lesen gab. „Wer soll denn da bitte durchblicken? Was für ein Sachbearbeiter denn? Hat Hogwarts so etwas überhaupt? Und was für ein aktueller Stand bitte?"
Ich seufzte leicht genervt.
„Der Sachbearbeiter ist ein Synonym für Draco und mit dem aktuellen Stand der Dinge meint Snape, dass es bei dem Treffen zwischen mir und Draco bleibt."
„Das checkt doch nie jemand!"
„Ginny, das ist ja auch der Sinn der ganzen Sache. Dass es keiner blickt, falls die Eule doch abgefangen werden sollte."
„Ach so. Ja dann... Aber sag mal, Kate, findest Du es nicht komisch, mit Snape zu schreiben? Also, ich meine er ist immerhin der neue Schulleiter. Und ein Todesser und Mörder noch dazu."
„Ja schon, aber was bleibt mir denn anderes übrig?"
Das war die große Frage. Sicherlich fand ich es seltsam, mit Severus zu schreiben, aber wenn ich so darüber nachdachte, hatte ich wirklich keine andere Wahl, wenn ich mit Draco in Kontakt bleiben wollte. Und ich griff nach jedem einzelnem Grashalm, der sich mir darbot.

Endlich waren die zwei Wochen beinahe rum. Es war der 12. August und wir saßen gerade beim Frühstück als zwei Schleiereulen durch das offene Küchenfenster herein geflogen kamen. Die eine ließ einen ziemlich dicken Umschlag in Ginnys Rührei fallen. Sie würde neben der üblichen Bücherliste auch noch ihre ZAG - Ergebnisse erhalten. Ich brachte mein Marmeladentoast gerade noch in Sicherheit, bevor auch vor mir ein Umschlag landete.
Meine Freundin begann am ganzen Körper zu zittern. Verständlich, ich war letztes Jahr genauso aufgeregt gewesen. Wobei, wenn ich es mir so recht überlegte, waren die Briefe dieses Jahr verdammt früh gekommen. Ich hatte meine Ergebnisse erst zwei oder drei Tage vor Ferienende erhalten. Das war ja wieder mal typisch. Die blöde Miller kann ja warten und dabei halb sterben!!! Wobei, wenn ich es so sehe, dann war es mir dieses Jahr ganz recht so. Das war die perfekte Ausrede. Ob Severus da seine Finger im Spiel hatte?
„Na komm schon, Ginny, mach ihn schon auf", forderte Mrs Weasley ihre Tochter auf. „So schlimm kann es schon nicht sein."
„Stimmt, es wird schon nicht so dramatisch werden wie bei Fred und mir", meinte George.
„Hey, immerhin haben wir sechs ZAGs bekommen", warf der daraufhin ein.
„Ja, zusammen", war mein Kommentar daraufhin. Das hatte mir Ron erzählt.
„Stimmt genau, Miller", sagte George grinsend und klatschte sich dann mit seinem Bruder ab.
Doch Gin war immer noch kreidebleich und machte nicht einmal Anstalten, das Kuvert zu öffnen.
„Sei kein Flubberwurm", rief ich deshalb und beugte mich zu ihr hinüber. „Soll ich es für Dich aufmachen?"
„Untersteh Dich", fauchte sie und nahm dann doch endlich den Brief an sich.
Ich beobachtete sie aufmerksam beim Lesen und konnte deutlich sehen, wie sie sich entspannte. Dann grinste sie.
„Nur in Zaubereigeschichte durchgerasselt. Ansonsten hab' ich alles bestanden."
„Na also, dann herzlichen Glückwunsch", gratulierte ich ihr. „Zeig mal her!"
Ich riss ihr das Blatt aus der Hand. In den meisten Fächern hatte sie ein Erwartungen übertroffen. Außer in Muggelkunde und Astronomie, da hatte sie jeweils ein Annehmbar. Und in Pflege magischer Geschöpfe sogar ein Ohnegleichen.
„Ginny, das ist wirklich ganz hervorragend", meinte Mrs Weasley, stand vom Tisch auf und umarmte dann ihre einzige Tochter. „Wenn wir nächste Woche in die Winkelgasse gehen, dann kannst Du Dir etwas aussuchen, ja?"
„Weißt Du, Mum, ich habe eigentlich keinen großen Wunsch. Ich habe ja schon meinen Minimuff und auch einen recht passablen Besen. Von daher braucht ihr mir nichts kaufen."
Das war sehr nett von Ginny, denn sie wusste genau, dass ihre Eltern nicht so viel Geld hatten. Deswegen verzichtete sie freiwillig auf ein schönes Geschenk. Das musste ich ihr hoch anrechnen. Ich hatte so etwas nie erfahren müssen, denn bei mir arbeiteten beide Elternteile und ich war das einzige Kind. Deswegen hatte ich eigentlich immer das bekommen, was ich wollte. Sogar jetzt noch bekam ich so viel Taschengeld, dass ich es gar nicht alles ausgeben konnte. Wenn sie mich ließe, würde ich mein Geld gerne mit Ginny teilen, aber das war ihr natürlich peinlich. Deswegen schenkte ich ihr meistens etwas teures zu ihrem Geburtstag und zu Weihnachten.
„Sei nicht albern, Ginny, Du musst doch etwas brauchen", unterbrach Mrs Weasley meine Gedanken. „Deine Geschwister haben auch alle etwas bekommen, nun bist Du dran."
„Na schön, Mum, ich überlege mir etwas, okay?"
„In Ordnung."
Dann verließ sie gemeinsam mit ihren Söhnen die Küche.
Ich steckte mir mein letztes Stück Toast in den Mund und machte mich dann daran, meinen Brief zu öffnen. Ich würde eh wieder nur eine Bücherliste bekommen. Aber das Öffnen des Briefes gehörte zu Teil 1 meines Plans „Wie komme ich übermorgen alleine in die Winkelgasse".
Ich zog das Blatt aus dem Kuvert. Dann sah ich mir die Liste genauer an um genau zu kalkulieren, was mich der ganze Spaß kosten würde und ob ich mir nicht ein paar neue Klamotten würde leisten können. Moment mal, da lag sicher ein Fehler vor.

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