Was die Zukunft bringt

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„KATHERINE JANE MILLER! BIST DU DENN KOMPLETT WAHNSINNIG GEWORDEN?"

Oje, was hatte ich denn jetzt schon wieder angestellt? Gut, es war vielleicht nicht unbedingt die brillanteste Idee von mir gewesen, den schweren Umzugskarton alleine nach oben zu tragen, aber irgendetwas musste ich doch tun. Ich konnte mich doch nicht einfach so faul auf die Couch legen und den anderen dabei zuschauen, wie sie die ganze Arbeit alleine machten. Das war einfach nicht mein Stil. Außerdem würde ich so noch mehr zunehmen, als ich es so oder so schon getan hatte. Die böse erste Zahl auf der Waage zeigte schon eine sieben vorne an und näherte sich langsam aber sicher bedrohlich der acht. Auch wenn ich hochschwanger mit meinen Zwillingen war, war das doch eine Tatsache, die mir ganz und gar nicht gefiel. Ich war ein Walross.
Langsam drehte ich mich auf der Treppe um, noch immer den schweren Karton mit den Büchern in den Händen. Unten an der Eingangstür stand Draco und funkelte mich böse an. Oh weia, dieser Blick sagte auch schon alles. Wenn Blicke hätten töten können, dann wäre ich jetzt nicht nur einmal sondern mindestens hundert Mal gestorben. Mensch, Draco, entspann Dich, verdammt nochmal! Ich bin weder schwer behindert noch todkrank, sondern ICH BIN SCHWANGER!
„Hallo, Schatz" sagte ich mit einem bezaubernden Lächeln auf den Lippen. „Вist Du denn schon wieder da? Das ging aber schnell!"
Nur kein schlechtes Gewissen vortäuschen, das konnte Draco gar nicht leiden. Einfach einen auf Friede, Freude, Eierkuchen machen und die Sache war geritzt.
Draco war mit seinem Vater in Malfoy Manor gewesen und hatte noch mehr Umzugskartons hierher nach Outwood gebracht. In den letzten Monaten hatten wir nicht nur unsere UTZ-Prüfungen gemacht, die ich wirklich glorreich bestanden hatte, sondern wir hatten gleichzeitig das Haus meiner Eltern renoviert, in das wir jetzt eingezogen waren. Wir hatten nämlich gemeinsam beschlossen, dass es hier einfach viel schöner ist zu leben. In meiner Wohnung in London wohnten jetzt Hermine und Ron, die vor zwei Monaten geheiratet hatten. Harry wiederum hatte das Haus seines Onkels von Grund auf sanieren lassen und wohnte jetzt am Grimmauld Place in London. Die drei machten zusammen ihre Ausbildung zu Auroren im Ministerium, wo Draco in der Abteilung für magische Strafverfolgung arbeitete. Ginny ging jetzt in die siebte Klasse in Hogwarts, würde nächstes Jahr zu Harry ziehen und die beiden würden heiraten. Einen Antrag hatte er ihr schon gemacht. Ich dagegen rollte im Moment durch die Gegend, denn es waren ja nur noch zwei Tage bis zum errechneten Geburtstermin meiner Zwillinge. Wir hatten keine Ahnung, ob wir Jungen oder Mädchen bekommen würden, denn wir wollten uns überraschen lassen. Heiler Anderson war der einzige, der wusste, was meine beiden Süßen für ein Geschlecht hatten.
Auch für meine berufliche Laufbahn war jetzt schon gesorgt. Ich würde im nächsten Schuljahr meine Stelle als Lehrerin für Verwandlung in Hogwarts antreten, das in diesem Schuljahr noch von Professor McGonagall unterrichtet wurde, obwohl sie ja zeitgleich ihren Pflichten als neue Schulleiterin von Hogwarts nachgehen musste. Für mich galten natürlich einige Sonderregelungen, die Professor McGonagall mir aber mit Freuden durchgehen ließ. Ich musste nicht in der Schule schlafen, sondern konnte morgens von zuhause apparieren und abends wieder nach Hause reisen. Meine Leidenschaft für das Unterrichten hatte ich ja entdeckt, als ich die DA geleitet hatte und somit hatte ich nicht eine Sekunde lang gezögert, als McGonagall - oder Minerva, wie ich sie jetzt nennen sollte - mir die Stelle angeboten hatte. Über das Unterrichtsfach war ich auch sehr glücklich, denn Verwandlung hatte ich ja schon immer gemocht und ich hatte meine UTZ -Prüfung dort mit Auszeichnung bestanden. Draco war alles andere als glücklich darüber gewesen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte ich mich den ganzen Tag auf die faule Haut gelegt, denn „Wir haben schließlich genug Geld". Aber der Typ dazu war ich einfach nicht. Und was meine zwei Kinder angeht (Dracos zweites Argument): die würden noch ein Jahr lang bei ihrer Oma Narzissa bleiben und dann in einen speziellen Kindergarten für magische Kinder gehen. Falls sie denn keine Squibs waren, aber das glaubte ich nicht, um ehrlich zu sein. Mein Verhältnis zu meiner Schwiegermutter war besser denn je, wir waren nicht nur sehr gute Freundinnen, sondern Narzissa behandelte mich wirklich wie eine eigene Tochter. Auch mit Lucius verstand ich mich mehr oder weniger gut, auch wenn er immer noch ein arroganter Arsch war. Aber was soll's, man kann Menschen nun mal nicht ändern.
„Allerdings", riss mich die Stimme meines Mannes aus meinen Gedanken. „Wir waren schneller als gedacht."
„Das freut mich" antwortete ich ihm. „Aber darf ich Dich höflichst darauf hinweisen, dass Du mich beim falschen Namen genannt hast?"
„WAS?"
„Mein Name ist Katherine Jane MALFOY und nicht Miller. Hast Du das etwa vergessen? Wir sind seit genau 8 Monaten und 25 Tagen miteinander verheiratet."
„Das ist mir im Moment so was von scheißegal. WAS, IN GOTTES NAMEN, TUST DU DA?"
Ich seufzte. Mit so einem Wutausbruch hatte ich gerechnet. Aber musste Draco denn gleich so schreien? Da klingelten mir ja gleich die Ohren. Man(n) konnte es auch wirklich übertreiben.
„Ich räume die Umzugskartons aus. Ich kann doch nicht die ganze Zeit auf dem Sofa liegen und nichts tun. Ich sterbe sonst vor Langeweile."
„Das ist ja alles schön und gut, Katherine, aber musst Du denn den Umzugskarton unbedingt nach oben tragen? Du bist eine Hexe, verdammt noch mal. Du kannst zaubern und somit die Kartons nach oben schweben lassen!"
„Jaah doch, aber ich hatte meinen Zauberstab oben vergessen und war zu bequem um wieder nach oben zu laufen."
„BIST DU DENN DES WAHNSINNS? DU HAST DOCH GENAU GEHÖRT, WAS HEILER ANDERSON LETZTE WOCHE GESAGT HAT! DU SOLLST NICHT SCHWER HEBEN UND DICH NICHT ÜBERANSTRENGEN!!!"
„Draco, jetzt mach aber mal halblang. Ich bin kein kleines Baby mehr, dem Du noch den Hintern abwischen musst. Mir und den Kleinen geht es bestens. Und so schwer ist die Schachtel auch wieder nicht. Die wiegt höchstens 15 Kilo. Das ist doch ein Klacks. Ich habe in meinem Leben schon viel schwerere..."
„15 KILO??? KATHERINE, DU..."
„ES REICHT!!!"
Jetzt war ich diejenige, die schrie. Ich war scheißwütend. Auch etwas, was ich laut meinem Arzt vermeiden sollte. Super, Mister Malfoy, das haben sie ja ganz toll hingekriegt. Dabei weiß er doch ganz genau, was passiert, wenn ich sauer werde, gerade in meinem Zustand. Dann bin eine tickende Zeitbombe. Oder musste ich ihn daran erinnern, dass ich ihn bei unserem letzten Streit in einen Dildo verwandelt und drei Stunden lang nicht zurück gehext hatte? Ich glaube, das zu erwähnen war überflüssig.
„Draco, hör endlich auf so übervorsichtig zu sein. Du treibst mich damit noch in den Wahnsinn! Ich bin schwanger und nicht halb am verrecken!"
„Eben, Katherine, Du kannst nicht mehr nur an Dich selbst denken. Da sind noch zwei..."
„Ach, ich bin also selbstsüchtig, ja? Fein, das kannst Du haben!"
Ich drehte mich leicht nach links, schwang den Karton nach vorne und ließ los. Er flog genau auf Draco zu, der ihn aber mit einem Schlenker seines Zauberstabs gekonnt ablenkte. Sonst hätte die Kiste wohl seine Nase gebrochen. Wie schade eigentlich. So ein bisschen Schmerzen hätte mein Liebster ruhig haben dürfen.
„Merk Dir eines, Draco Malfoy", schrie ich ihn an. „Wenn ich eines nicht bin, dann selbstsüchtig. Ich habe schon genug für Dich und andere getan. Nur noch einmal zum Mitschreiben, falls das nicht in Deinen Schädel will. Das waren, verdammt noch mal, Deine Scheißdrecks-Rechtsbücher, die ich nach oben schleppen wollte. Aber bitte, da Du so einen Aufstand wegen so einer lächerlichen Kleinigkeit machst... Dann zeig ich Dir einfach mal, wie es ist, wenn ich wirklich egoistisch bin."
Ich polterte, so gut wie es mit meiner riesen Kugel eben ging, die Treppe nach unten. Gott sei Dank hatte ich schon meine Turnschuhe an. Meine geliebten Highheels konnte ich in meinem Zustand im Moment vergessen. Das fand ich sehr schade, denn mit solchen hätte ich Draco jetzt gerne einen Arschtritt verpasst, der ihn bis zum Mond befördern würde. Dass er sich um mich sorgte, war schön und gut, aber irgendwo hörte der Spaß auch mal auf. Und anschreien ließ ich mich von ihm schon dreimal nicht.
Ich schnappte mir die Autoschlüssel meines Spaßautos, drängte mich an Draco vorbei (dazu war die Kugel wirklich klasse) und riss die Haustür auf. Apparieren durfte ich in meinem Zustand nicht mehr und ich hatte in den paar Monaten, die ich jetzt zuhause war meinen Führerschein gemacht. Auch das hatte dem feinen Mister Malfoy nicht gepasst, da Auto fahren 1. Männersache und 2. viel zu gefährlich war. Seht ihr, was ich meine? Er behandelte mich wirklich wie ein zweijähriges Kleinkind.
Doch so einfach wollte mich mein Mann nicht gehen lassen. Er packte mich am Ellenbogen und versuchte, mich zurück ins Haus zu ziehen.
„Wo willst Du hin, Katherine", fragte er besorgt, aber er klang immer noch zornig.
Toll, aber was er konnte, konnte ich schon dreimal.
„Weg", giftete ich ihn an.
„Wohin?"
„Einfach nur weg. Und jetzt lass mich gefälligst los!"
„Ich lasse Dich nicht gehen. Hast Du schon mal raus geschaut? Es schneit und es ist schweinekalt."
„Das ist mir jetzt so was von scheißegal. Lass mich los!"
„NEIN!"
Grrrr, das konnte doch jetzt echt nicht wahr sein. Der Kerl machte mich echt noch wahnsinnig. Ich wollte doch nichts anderes als hier für ein, zwei Stunden raus und er führte sich schon wieder auf wie der große Pascha. Aber nicht mit mir! Das konnte er sich sonst wo hinschieben. Meinetwegen in seinen knackigen Allerwertesten, aber ich verlasse jetzt dieses Haus.
„Lass mich gehen, Du Arsch!"
„Du bleibst hier!"
Das hätte er jetzt lieber nicht sagen sollen, denn jetzt reichte es mir endgültig. Ich ballte meine rechte Hand zur Faust, holte aus und schlug ihm kräftig ins Gesicht. Das kannten wir ja schon. Das erinnerte mich an den Abend des Weihnachtsballs, als ich ihm in der Schultoilette voll ins Gesicht und somit die Nase gebrochen hatte. Ich hoffte, das hatte ich jetzt auch wieder geschafft.
Draco stöhnte auf und fasste sich ins Gesicht. Das war meine Gelegenheit, mich los zu reißen und nach draußen zu stürmen. Das Garagentor war Gott sei Dank noch offen, das ersparte mir die Zeit, das schwere Tor selbst auf zu wuchten. Ich ging zu meinem nagelneuen, schwarzen Aston Martin DB9 Cabrio (Man muss sich ab und zu auch mal was gönnen können) und schmiss mich auf den dunkelroten Ledersitz. Ich steckte schnell den Schlüssel ins Zündschloss und drückte auf den Startknopf. Sofort begann der Motor zu schnurren. Ach, ich liebe mein neues Auto einfach. Es war so schnittig und... schnell! Und der Auspuff erst. Der brüllte so richtig schön auf, wenn man auf das Gas drückte und die 517 PS zum Leben erwachten.
Ich legte den Rückwärtsgang ein und brauste aus der Garage, im gleichen Moment wie Draco aus der Haustür gestürmt kam.
„KATHERINE, WARTE", schrie er laut.
Er kam zum Wagen gerannt, als ich gerade wendete. Er griff nach der Beifahrertür, doch ich hatte sie wohlweislich verriegelt. Dann gab ich Gas und der Motor jaulte auf.
„KATHERINE!"
Ich brauste davon. Im Rückspiegel sah ich, wie Draco auf der Straße hinter mir her rannte. Doch gegen meinen Wagen hatte er einfach keine Chance. Und ich wollte einfach nur weg.

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