Fluchtversuch

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Ich humpelte so weit es ging zu dem weinenden Kind hin. „Hey, kleiner...geht es dir gut?” Der Junge schniefte ein paar mal und drehte sich dann zu mir um. Ich konnte jetzt auch sein Gesicht erkennen. Er war völlig dreckig und seine Augen waren, dadurch, dass er so viel geweint hatte, sehr gerötet. Er sah mich so traurig an, das mir auch fast die Tränen gekommen wären. Sein kleines, zierliches Bein war an einer schweren Kette angebunden.„Ich...i-ch...bin Oliv...er...”, schniefte er unter Tränen, „...der Sohn...von...von Tony...” Ich erstarrte für einen kurzen Moment: Das war der kleine Werwolf, der Tony immer hinterher gelaufen war?! „Du bist Tony's Sohn?” fragte ich zur Sicherheit noch mal. Er nickte schwach. Oh Gott, dachte ich, der arme Junge...was machen wir denn jetzt?! Ich musste ihm helfen! Er war doch noch ein Kind! Ich griff mir einen fetten Stein und schlug mit all meiner Wolfskraft auf meine Beinkette ein. Nichts. Ich war zu schwach! Ich setzte mich und grübelte. Plötzlich kam mir eine Idee: Ich musste mich einfach verwandeln, denn um mein Wolfsbein passt die Kette bestimmt nicht. Ich konzentrierte mich auf meinen Wolfsköper, aber ich konnte es nicht, vermutlich weil ich kaum noch Kraft hatte. Ich konnte mich nicht verwandeln. Aber Oliver...ich sah das Kind auffordernd an: „Hey...“, fragte ich vorsichtig, ”wenn du dich verwandelst, passt die Kette nicht mehr um dein Bein...” Oliver richtete sich auf. Er sah mich mit seinen glänzenden Kinderaugen an, da er die Idee offensichtlich gut fand. Dann schloss er seine Augen, da er vermutlich sich so besser Konzentrieren konnte. Doch nach einer Weile öffnete er seinen Augen wieder:„Es geht nicht...” schluchzte er. Ich seufzte. Wieso funktionierte das Verwandeln nicht? Ich bin verwundet und schwach, aber warum kann Oliver sich nicht verwandeln? Aufeinmal senkte Oliver seinen Kopf und schluchzte leise und kaum hörbar:„Werde ich...werde ich meine Mama wiedersehen?” fragte er und hob sein Kopf wieder leicht, sodass er mir traurig in meine Augen sah. Diese Frage riss mich nun völlig aus meine Gedanken. Schnell antwortete ich: „Natürlich! Du wirst Tony wiedersehen! Ich verspreche dir, das du sie wieder siehst!” versicherte ich ihm mit einer festen Stimme. Plötzlich spürte ich ein stechenden Schmerz in meinem Bein und ein leises:„Ahh!” entfuhr mir. Oliver sah mich immer noch ziemlich traurig an, sagte dann aber:„Du kannst mich Olli nennen!” ein leichtes lächeln huschte über sein Gesicht und ich fing jetzt auch, trotz meiner Schmerzen, an zu lächeln. Dieser Junge war wirklich süß!

Die weiße WölfinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt