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Dir Zeit blieb stehen. Eine einzelne Sekunde fühlte sich plötzlich wie ein ganzes Leben an. Mein Herz donnerte gegen meinen Brustkorb, das Blut rauschte mir in den Ohren und trotzdem verzog ich keine Miene.

Ich musste mich hier durch setzten, koste es, was es wolle.

"Nein", sagte Ethan kühl.

"Doch", erwiderte ich in dem gleichen Ton.

"Du vergisst wohl, wer hier zurzeit die Oberhand hat."

"Alles was ich von dir verlange, ist ein Treffen mit Hades."

"Und ich sage dir, dass das unmöglich ist", knurrte Ethan, drehte sich um und Schritt an mir vorbei zu seinem Schreibtisch. Wobei er diesmal so viel Abstand wie möglich zwischen uns ließ.

"Was sollte denn schon Schlimmes aus einem Treffen resultieren, Oh großer allmächtiger Herrscher?!", fauchte ich.

"Vorsicht Mia, kenne deinen Platz."

"Mein Platz ist dank deiner Wenigkeit an deiner Seite!" Ups. Vielleicht hatte ich das nicht ganz so formulieren wollen. Es klang irgendwie schrecklich vertraulich.

Ethans Kopf war bei den Worten hoch geschossen und sein Blick war so intensiv wie eh und je. "An... meiner Seite. So so." Ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht. Es war allerdings so schnell, dass ich es mir auch nur eingebildet haben könnte.

Achselzuckend ließ ich mich auf einen der schwarzen Sofas nieder. Ethans Büro war groß und ähnelte ein bisschen dem versteckten in Vegas. Dunkle Töne dominierten den Raum, von den schwarzen Leder Sofas, zu den Regalen aus dunklen Holz und dem dunkel verglasten Schreibtisch. Einzig die großen Fenster, die sich hinter Ethan auftürmten und einen wunderbaren Blick auf London Freigaben, spendeten Licht.

"Mia?" Ethan sah mich immer noch durchdringend an.

"Ehefrau und Ehemann sind dich so etwas wie Partner.... selbst wenn ein Part mehr oder weniger dazu gezwungen wurde." Nun war es an mir ihm wissentliche Blicke von der Seite zu zu werfen. Der Gedanke schien ihn nicht einmal zu stören, selbst wenn er wieder diese Poker Face Maske aufgesetzt hatte, wirkten seine Züge entspannter.

"Woher der plötzliche Sinneswandel?"

Ich schnaubte verächtlich und lehnte mich in die Polster zurück. "Du meinst, weshalb ich es aufgegeben habe, wie eine Leiche durch den Tag zu wandern?"

Finster sah ich ihn an. Seine Emotionen verschlossen wie eh und je. "Ich habe nie gebeten, in das ganze hier gezerrt zu werden. Ich hatte nur helfen wollen. Verzeih, dass ich vor diesem Leben nicht schon miterlebt hatte, wie Leute in Käfige gesperrt und vor einem erschossen, erdolcht oder geköpft werden. Dass zerrt schon mal ein den Nerven einer Person."

Ich machte keinen Hehl daraus, dass ich für die Leichen, die sich nun wortwörtlich in meinem Keller lagerten, ihn verantwortlich machte. "Aber auch ich habe meinen Stolz. Hades hat mir das Leben gerettet, als deine Seite mich in die Luft jagen wollte. Was willst du Überhaupt, wieso kannst du uns nicht einfach in Ruhe lassen!?" Gut, zum Schluss bin ich vielleicht etwas hysterisch geworden, aber in Anbetracht der Tatsachen war das durchaus angemessen.

"Die Weltherrschaft."

Mir klappte die Kinnlade bei dieser Dreistigkeit runter. Er sagte es ohne eine Miene zu verziehen.

"Das kann nicht dein Ernst sein!"

"Es ist mein voller Ernst", sagte Ethan völlig Ernst.

"Was bist Du? Eine Art Superschurke?"

Ich stieß ein lautes, unechtes Lachen aus.

"Nenne es wie du willst. Ich verfolge lediglich meine eigenen Ziele und dabei steht mir die weiße Seite nun mal in Weg."

"Oh, tut mir schrecklich leid, dass wir uns nicht vor dir auf die Knie werden, während du dabei bist, dir alles unter den Nagel zu reißen!" Ich musste wohl nicht extra erwähnen, dass meine Stimme vor Sarkasmus nur so triefte.

"Dann stell es dir doch einfach mal vor!" Ethan stand auf und kam um seinen Schreibtisch herum. "Die ganze Welt besitzt nur einen einzigen Herrscher. Keine Kriege, keine Unstimmigkeiten mehr, denn jede schwerwiegende Entscheidung wird von ihm abhängig gemacht."

"Niemand sollte so viel Macht haben", fiel ich ihn ins Wort. "Sie würde ihm zu Kopf steigen." Was sie offensichtlich bereits tat.

"Außerdem war das nicht schon mal Plan des Britishen Empire gewesen? Ich hoffe du weißt noch, wie das ausgegangen ist."

Ethan schnaubte. "Der damalige schwarze König war eine absolute Schande für die Familien gewesen."

"Und du meinst, du wirst es besser machen?" Absolut nicht überzeugt verschenkte ich die Arme vor der Brust. "Der Großteil der Nationen befindet sich doch bereits unter meiner Kontrolle. Sie alle haben ihr Geld bis auf den letzten Cent, Penny und was weiß ich noch an mich verloren."

Ein Mysterium dem ich mich auch noch annehmen wollte. Wie konnte jemand einen  so großen Börsencrash in Gang bringen. Allein das machte Ethan schon zum wahrscheinlich gefährlichsten Mann der Welt. Und mich zur dümmsten, da ich es schrecklich heiß fand.

Da fiel mir etwas an Ethans Wortwahl auf und einige Puzzleteile schienen plötzlich zu passen. "Die Meisten, aber nicht alle."

Der Unzufrieden Ausdruck in seinen Augen verriet mir mehr, als er zugeben wollte.

"Es existieren immer noch einige Nationen, die Widerstand leisten, da du an sie nicht heran gekommen bist. Wegen dem hier." Ich hielt meine Hand mit dem Beweis des Weißen Königs hoch. "Ohne diesen Schlüssel wirst du niemals an die restlichen Schätze heran kommen. Und da ich die Einzige bin, die ihn benutzen kann, bekommt die Bedeutung niemals wohl ganz neue Dimensionen."

Ethan und ich lieferten uns ein regelrechtes Starrduell, bis ein träges Lächeln auf seinen Lippen erschien. "Es gibt immer Mittel und Wege, Mia." Wieso hatte ich das Gefühl, dass dem Mistkerl das ganze auch noch Spaß machte.

"Lass mich Hades sehen."

Mit leicht geneigtem Kopf musterte er mich von oben bis unten. "Komm mit mir nach Abu Dhabi."

"Bitte was?"

"Komm mit mir nach Abu Dhabi. Eine Woche lang. Es ist immerhin mein Hochzeitsgeschenk an dich. Dann werde ich dich zu Hades lassen."

Das Hochzeitsgeschenk hatte ich ja total vergessen. Was wollte er jetzt damit? Aber wenn es mich zu Hades lassen würde...

"Einen Tag", sagte ich, in dem Wissen, nicht einfach so nachgeben zu wollen.

"Fünf Tage."

"Zwei Tage."

Ethan verengte die Augen. Er sah irgendwie nicht mehr so entspannt aus. "Du bist meine Frau! Vier Tage, mein letztes Angebot."

Weiter runter würde er wohl nicht mehr gehen. Meine Kiefer mahlten. "Einverstanden."

Mir war klar, dass das nicht nur ein einfacher Kurzurlaub werden würde. Ethan hatte immer Hintergedanken. Immer einen Plan B. Keine Ahnung was mich in Abu Dhabi erwarten würde, aber ich sollte mich auf alles gefasst machen.

Ich hatte soeben einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.

Wort.Wörtlich.

Schachmatt #2 ~der letzte Zug des Königs~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt