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Der blutrote Stoff schmiegte sich wie eine zweite Haut an mich und ließ nichts der Fantasie übrig. Meine sonst so üppigen Rundungen bekamen auf einmal sanftere und gleichzeitig verführerische Züge.

Zwei dünne, mit Diamanten besetzten Stränge führten um meinen Hals und hielten das ganze an Ort und Stelle.

Das Herzstück des ganzen jedoch, war der Rückenausschnitt, welcher nur ein Stück über meinem Po endete.
Er war dreieckig und lief nach unten hin spitz zu. Schlicht, elegant und Sexy. Verdammt sexy. Und so fühlte ich mich auch. Ein langsames, echtes Grinsen legte sich auf meine Lippen. Es fühlte sich ungewohnt an und meine Gesichtsmuskeln waren viel zu verspannt. Aber es war ein Anfang.

Schritt für Schritt streifte ich mein zerfallenes und verängstigtes Ich ab. Ich sehnte mich seit meiner Kindheit verzweifelt nach Nähe und Liebe und diese eine Nacht mit Ethan... sie war anders gewesen. Er war anders gewesen. Sie hat mir eine verletztlichere und menschlichere Seite an ihm gezeigt. Ich hatte ich ihn immer für Perfekt gehalten. Ein verrücktes, perfektes Monster, welches mich durch seine Taten, die ich keinem menschlichen Wesen je wirklich zugetraut hatte, zutiefst verstört hatte.

Aber letzendlich, war er doch auch nur ein Mensch. Und wenn eine scheinbar perfekte, kontrollierte (wenn auch komplett Durchgeknallte) Person seine Makel und Fehler, dann... dann war ich vielleicht nicht ganz so sehr verloren, wie ich angenommen hatte. Auch wenn ich viele Menschen enttäuscht und verletzt hatte, und ich eine Menge Fehler begangen hatte, war Ich bereit, mich meinen Taten zu stellen. "Besser Spät als nie", sagte ich mit fester Stimme zu meinem Spiegelbild. Aufmunternd nickte ich mir zu, griff dann nach einem kleinen Beutel und kippte das ganze Male up auf den Boden aus.

Meine Haut wirkte noch immer fahl und eingefallen, durch die Tage des nichts tun und vor mich hin vegetieren. Ich überlegte kurz und trug mir anschließend nur eine dünne Schicht an Grundierung und Puder auf. Ich hatte das schwere Gefühl von richtigen Make Up noch nie leiden können, schon gar nicht nach den letzten Wochen, wo mich die Dienstmädchen vor jedem Anlass damit gerade zu voll tapeziert haben.

Ein bisschen Rouge, Tusche und ein dunkles Rot für meine Lippen, die damit viel voller wirkten.
Meine Haare fassten ich zu einem hohen Knoten zusammen, damit mein Rücken auch ja schön im Fokus lag.

Zum Schluss schlüpfte ich in schwarze Riemchensandalen und schlang einen weißen Pelz um meine Schultern. Mein Outfit war komplett. Und ich... fühlte mich schön. Selbstbewusst. Vielleicht würde ich es ja schaffen, mich auch ohne die ganze Aufmachung wieder mehr wie mich selbst zu fühlen.

Hoch erhobenen Hauptes marschierte ich aus dem Zimmer und auf den Fahrstuhl zu. Ich drückte auf den Knopf für die Lobby und summte während der Fahrt nach unten leise vor mich hin. Es war eine Melodie, welche Mom immer vor sich hin gesummt hatte. Außerdem war es das erste Stück gewesen, welches ich hatte auf dem Klavier spielen können. Ein verschwommenes Bild eines prachtvollen Flügels schob sich vor mich, wurde aber durch die sich öffnenden Fahrstuhltüren wieder zerstört.

Entschlossenen Schrittes ging ich auf die große Rezeption zu, hinter der gut und gerne 10 Personen gepasst hätten, statt nur zwei. Ich ignorierte die wartende Schlange und die leicht überfordert aussehende Frau und trat zu dem älteren Herren, dessen Haar bereits grau meliert war. Hinter ihm prangte ein großes VIP Schild.

Kerzen gerade sah ich ihn an. Öffnete den Mund und wurde von einer schneidenden Stimme unterbrochen.

"Also, was erlauben sie sich!?" Ein rundlicher, in weiße Tücher gehüllter
Mann mit tief brauner Haut und einem mächtigen Bart funkelte mich bitter böse an. Erstaunt stellte ich fest, dass er Arabisch gesprochen und ich ihn trotzdem verstanden hatte. Meine rechte Hand prickelte und ich bemühte mich, nicht auf den weißen Ring zu starren. Was konnte dieses Ding denn noch alles?! Anscheinend konnte er mich nicht selbst die Sprache wechseln lassen, denn ich antwortete im gewohnten Englisch: "Wie Bitte!"

Schachmatt #2 ~der letzte Zug des Königs~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt