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Eingekuschelt in zwei starke Arme schlug ich die Augen auf und starrte auf eine nackte, muskulöse Brust. Mein Herz tat einen Satz, bevor es fröhlich weiter hüpfte. Er war...hier. Der Gedanke zog sich wie Kaugummi und drang nur langsam durch die dicke Mauern, die ich um mich herum errichtet hatte.

Vielleicht lag es an meinem komischen Traum von gestern, als die Stelle neben mir plötzlich leer und kalt geworden ist, aber ich hatte fest damit gerechnet heute alleine aufzuwachen. Eine wohlige Gänsehaut bedeckte meinen ganzen Körper und ich wagte es, mich ein wenig an ihn zu kuscheln. Sofort schlossen sich die Arme stärker um mich und Ethan vergrub seinen Kopf an meinem Hals. Ich musste kichern, da sein Atem mich kitzelte.

Sofort schoss sein Kopf nach oben und mit einem Satz hatte er uns umgedreht, so dass er über mich aufragte und mir die Sicht auf alles andere nahm. In seinen Augen spielte ein verrückter Funke, den ich so noch nie gesehen hatte. Beinahe verspielt.

"Du hast ein wunderschönes Lachen", sagte er, nach dem er mich ungefähr eine halbe Ewigkeit einfach nur angesehen hatte. Ich seufzte gespielt und überstielte damit, wie glücklich mich das Kompliment eigentlich machte. "Ich wünschte ich könnte das Kompliment erwidern, aber... kannst du überhaupt lachen?" Ich musterte ihn skeptisch. Nicht mal ein Zucken. "Diese Lippen sind wohl doch nur zum Küssen geeignet."

Ich strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht und einmal in Kontakt mit seiner wunderbar straffen Haut, konnte ich nicht mehr aufhören. Was roch er auch so gut! 

Plötzlich richtete er sich auf und zog mich mit sich aus dem Bett. "Zieh dich an, ich möchte dir etwas zeigen." Ich zog eine Augenbraue hoch, aber in seinem Gesicht war weder die Düsterheit noch die Sadistische Ader zu erkennen, die er so gerne zu Schau trug. Näher an eine Bitte würde ich bei ihm wohl nicht kommen. 

"Spielverderber." Schulter zuckend trat ich, nur in einer seiner Boxershorts und einem BH, einen Schritt zur Seite, aber sofort packte er mich bei der Hand, zog mich an ihn und küsste mich Leidenschaftlich. "Später", flüsterte er ein wenig atemlos, seine Lippen schwebten immer noch über meinen, "Später zeige ich dir, wer ein Spielverderber ist."  

Er zog mich mit sich zu einem separaten kleinen Raum, in der seine Kleidung untergebracht war, und zog das erst beste Hemd von der Stange, was er mir anschließend aufordernd unter die Nase hielt. "Zieh das an!" Ein Befehl.

"Warum?", fragte ich, mehr neugierig als trotzig. Ethan öffnete den Mund...schloss ihn aber gleich wieder und schien ernsthaft über meine Frage nachzudenken.

"Weil ich es mir wunderbar vorstelle, dich in meinem Sachen zu sehen." Sein hungriger Blick glitt über mich bis zu seinen Boxershorts. "Besonders da."

Ich grinste. Ich hatte solange nicht mehr richtig gelächelt, dass es beinahe schon weh tat. Ich konnte die Male, die ich wirklich gelächelt hatte, an einer Hand abzählen.

Ohne ein weiteres Wort schnappte ich mir das schwarze Hemd und streifte es mir über. Es hing lose an mir herab und war so groß, dass ich vollkommen darin unterging. Aber Ethan sah mich an, als würde ich heiße Dessous oder ein atemberaubend schönes Kleid anhaben. Er sah mich an, als wäre ich das begehrenswerteste Objekt der Welt.

Etwas in mir zog sich zusammen, aber ich zwang mich zu einem Lächeln. "Sieh mich noch ein bisschen länger so an und ich könnte auf die Idee kommen, dass du dich unsterblich in mich verliebt hast."

Und einfach so, kippte die gute Stimmung.
Seine Miene wurde ernst und seine Augen fokussierter. Er streckte eine Hand aus und schob sie besitzergreifend in mein Haar. Bei solchen Intimengesten verzog sich sein Gesicht normalerweise verwirrt, als könne er nicht sagen, warum er tat, was er tat.

Nach meiner Hand greifen, zum Beispiel. Oder einmal hatte er mir Essensreste vom Mund weggewischt. Er war anschließend so verwirrt über sich selbst gewesen, dass er gar nicht mitbekommen hatte, wie ich kurzzeitig aus meiner leeren Hülle hervorgekrochen war und ihn gleichzeitig verachtend und ängstlich taxiert hatte.

Jetzt jedoch sah ich nur Entschlossenheit in ihm. "Ich brauche Emotionen wie Liebe nicht, denn du bist Mein."
Er sagte das so selbstverständlich, als würde er über das Wetter reden. Oder die nächste Waffenlieferung.

Es mag komisch, ja sogar verrückt klingen, aber sein Wutausbruch schien irgendeinen Schalter in ihm umgelegt zu haben, denn jetzt fühlte sich die Stimmung wesentlich leichter an, als noch vor... Gestern eigentlich.

Und doch, wie kam es, dass mir jede seiner Entwicklungen mehr Angst einjagte, als sein Ich Davor.

Weil du dich davor fürchtest, ihm so nicht mehr entkommen zu können, flüsterte eine Stimme in mir, die gewiss nichts mit meinem gesunden Menschenverstand zu tun hatte.

"Was ist mit dir", fragte ich aus heiterem Himmel, "wen gehörst du?"

Mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet. Ich auch nicht, um ehrlich zu sein. Doch einmal draußen, schrie alles in mir, dass er mit "dir" antwortete.

Aber er war nun mal Ethan Lockheart. Und bei ihm, war niemals etwas einfach oder, Gott bewahre, Unkompliziert.

Er trat einen Schritt zurück. "Ich gehöre mir. Würde ich nicht mir gehören, so würde mein Königreich zusammenfallen." Er sagte das so ernst, als wäre er wirklich ein König aus dem Mittelalter. Ein skrupelloser und Machthungriger Herscher.

"Was willst du von mir Ethan? Was willst du wirklich von mir."

Auf diese Frage, breitete sich ein wunderschönes Lächeln auf seinem Gesicht aus, welches mein Herz beinahe zum Stillstand brachte. "Neugieriges kleines Kätzchen, dass habe ich dir doch schon gesagt."

Verwirrt blinzelte ich ihn an. Spielte er auf den Ring an, der ihm die Ressourcen der weißen Seite übergeben würde. Irgendwie hatte ich dieses mal das Gefühl, damit nicht richtig zu liegen.

Ein krankes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus. Seine Augen hatten auf einmal einen eindringlichen, ja fast schon fanatisch Ausdruck. Er ging vor in die Knie, erfasste meine Hände und flüsterte: "Ich werde dich zu meiner Königin machen."

Und wie all unseren schönen Momente, endete dieser Morgen schneller als er angefangen hatte.

Denn ich wusste, diese Worte konnten nichts gutes bedeuten.

Schachmatt #2 ~der letzte Zug des Königs~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt